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Bayern feiert seinen Märchenkönig König Ludwig II.

Bayern feiert seinen Märchenkönig

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Ludwig II., der „Märchenkönig“, gehört zu Bayern wie das Oktoberfest. In diesem Jahr begeht das südliche Bundesland den 125. Todestag des „Kini“ und stellt mit Blick auf dessen Lebens- und Wirkungsstätten fest: „Wir sind König“.

München. 

„Wir sind König“, heißt es in diesem Jahr in Bayern. Die Landschaft, eingerahmt von der Bergwelt der Alpen, ist ohnehin schon schön. Die Schlösser König Ludwigs II. (1845-86) aber sind das Tüpfelchen auf dem I. Wer im Lieblingsgelände des „Kini“, wie ihn die Einheimischen nennen, unterwegs ist, begegnet dessen Lebens- und Wirkungsstätten und findet bestätigt: Der „Märchenkönig“ gehört zu Bayern wie das Oktoberfest, die Maß Bier und der Fußballclub Bayern München.

Nicht nur im Jahr seines 125. Todestages, in dem er mit vielen Veranstaltungen gefeiert wird, sind Ludwigs Schlossbauten wie das prächtige Neuschwanstein im Ostallgäu Glanzlichter jedes Bayernurlaubs. Es scheint, als würden die Touristen in die Märchenwelt Ludwigs II. eintauchen, um wie er der politischen Wirklichkeit zu entfliehen. Denn die Prunkbauten waren so etwas wie Schmollwinkel für den König von Bayern, der es nie verwunden hat, dass er seine Souveränität zugunsten des neuen Deutschen Kaiserreichs aufgeben musste. Dabei blieb gerade die bayerische Ursprünglichkeit bis heute erhalten.

Königlich speisen

Der zunehmend menschenscheue König, der selbst rastlos zwischen seinen Schlössern hin und her jagte, als sei er unentwegt auf der Flucht, schlief am Tage. Oftmals ließ er dann – zum Leidwesen seiner Dienerschaft – nachts die goldene Kutsche anspannen, und sei es nur, um eine seiner Jagdhütten zu besuchen. „Wenn ein König Ausflüge macht, dann ist das schon etwas anderes, als wenn unsereins in die Berge zieht“, schrieb Hofkoch Theodor Hierneis in seinen Memoiren. Schon mit 14 war er als Küchenjunge in den Diensten des Königs und wusste, dass dieser – obwohl Naturmensch – überall königlich speisen wollte.

Ein wahrhaft königliches Mahl lässt sich heute in der Schlosswirtschaft zur Schwaige in Nymphenburg genießen. Da wird nicht nur das „König-Ludwig-Menü“ nach Rezepten aus seiner Epoche serviert, das mit einer Falschen Schildkrötensuppe beginnt. Zwischen den Gängen berichtet Wilma Stiftinger von den „MundArtlern“, einem Erzählkünstler-Duo, hinter vorgehaltener Hand auch von so mancher Anekdote über „Seine exzentrische Majestät“ und den gesamten Hofstaat. So soll Ludwig eines Tages zu seinem Kammerdiener gesagt haben: „Mayr, was ist er hässlich! Trage er eine Maske.“ Fortan musste der arme Mann ihn mit Maske bedienen. Vielleicht war der „Kini“ ein bisschen schrullig, räumt Wilma ein, aber nicht verrückt. Wenngleich er sogar ein „Deppensiegel“ erfand, das jene auf die Stirn gedrückt bekamen, die Fehler machten.

Mit Mythen gewürzt

Pikant würzt sie das Menü mit den Mythen, die sich um Ludwigs Geburt auf Schloss Nymphenburg – damals noch vor den Toren Münchens – ranken und die Erbfolge der Wittelsbacher infrage stellen. Aber diese Rätsel werden vermutlich ebenso wenig aufgeklärt wie die Umstände seines Todes, an den ein hölzernes Kreuz im Starnberger See und die Votivkirche im Schlosspark Berg erinnern. Schließlich machen gerade die Legenden seine anhaltende Faszination aus.

Über rund 120 Kilometer führt der erste Fernwanderweg im Alpenvorland auf den Spuren des Märchenkönigs vom Starnberger See bis zum Schloss Neuschwanstein. Bevor man sich aber auf den mit einem gekrönten blauen „K“ gekennzeichneten Weg macht, sollte man sich einen kleinen Abstecher mit dem Fährboot zur Roseninsel gönnen. Im dortigen Sommerhaus inmitten des Starnberger Sees traf sich König Ludwig II. gern mit seiner seelenverwandten Cousine, der österreichischen Kaiserin „Sissi“. Die Anfänge der Insel-Besiedelung reichen wahrscheinlich bis 900 v. Chr. zurück, denn hier wurde der mit 13 Metern weltweit größte Einbaum aus dieser Zeit gefunden.

Landesausstellung

Mehr über den „Mondkönig“ und seine Zeit erfährt der interessierte Besucher auf Herrenchiemsee. Das Schloss war „sein Versailles“, verherrlichte er doch die absolutistische Herrschaft des „Sonnenkönigs“ als sein Vorbild und Ideal. Dabei fiel sein Spiegelsaal noch größer aus als der des französischen Königs Ludwig XIV. Der unvollendet gebliebene Nordflügel beherbergt im Jubiläumsjahr die Landesausstellung „Götterdämmerung. König Ludwig II.“ Aktive finden im 82 Quadratkilometer großen Chiemsee mit Herren- und Fraueninsel vor der Kampenwand zudem ein Segel- und Wassersport-Paradies. Um das „Bayerische Meer“ herum stimmt mit 200 Kilometern beschildertem Radwegenetz auch die Infrastruktur zum Radeln.

Ob der Besucher auf den Spuren Ludwigs II. durch die faszinierende Landschaft wandert oder radelt – immer wieder laden königliche Stationen zum Verweilen ein. Inmitten der Ammergauer Alpen steht sein kleinstes Schloss. Linderhof ist das einzige, das er vollendet und bewohnt hat, sagt Kastellan Christian Misniks. Der König habe nur für sich selbst gebaut und nicht gewollt, dass der Blick des Volkes seine Schlösser besudle. Auch hier belegt der Prunk, wie der König das heimische Kunsthandwerk förderte. Sogar die technischen Neuerungen des Industriezeitalters setzte er ein, um perfekte Illusionen zu schaffen, beispielsweise in der künstlichen Grotte, die er in buntes elektrisches Licht tauchte. Der Rundgang in Linderhof wird zum exotischen Ausflug, denn er führt zu einem Maurischen Kiosk und einem Marokkanischen Haus.

Prunkraum im orientalischen Stil

Auch im Königshaus am Schachen richtete Ludwig II. einen Prunkraum im orientalischen Stil, den „Türkischen Saal“, ein, um die Märchen aus 1001 Nacht zu zelebrieren. Mit 1866 Meter Höhe gilt das Königshaus als Deutschlands höchstgelegener königlicher Sommersitz. Nach der langen Winterpause im Hochgebirge hat seit Ende Mai nun auch dort wieder die Saison begonnen, weiß Misniks.

Was aber die wenigsten wissen, ist, dass sich der „Kini“ in der Münchner Residenz einen riesigen Wintergarten errichten ließ. Nicht nur wegen der Sonderausstellung zu diesem 1897 abgebrochenen Bauwerk lohnt ein Besuch des weitläufigen Komplexes im historischen Stadtkern. Er umschließt sechs Höfe und war über vier Jahrhunderte Wohn- und Regierungssitz der bayerischen Herzöge, Kurfürsten und Könige. Hier begann übrigens auch Ludwigs Beziehung zum Komponisten Richard Wagner, seinem späteren Günstling. (dapd)