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Wie ein Ex-Auto-Manager einer Wuppertaler Taschen-Manufaktur auf die Sprünge hilft

Ex-Ford-Manager gibt Know-how ehrenamtlich weiter

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Fotos aus der Taschenmanufaktur Oelberger in Wuppertal. Fotos aus der Werkstatt am Oelberg. Im Bild Silvia Werner, Designerin und Bernd Tuchen vom Senior Experten Service. Foto:Ralf Rottmann / WAZ FotoPool Foto: Ralf Rottmann / WAZ FotoPool
Bernhard Tuchen ist Senior-Experte für den SES (Senior Experten Service) der deutschen Wirtschaft. Früher war der 64-Jährige Ford-Manager und weltweit im Einsatz. Heute gibt er sein Know-how an die Modedesignerin Silvia Werner in Wuppertal weiter. Der wohlhabende Rentner hilft ehrenamtlich.

Wuppertal. 

Sie arbeitet viel, doch am Ende des Monats ist sie blank. Er hat auch viel gearbeitet, doch sein Konto ächzt wohlig vor Fülle. Als sich Silvia Werner (52) vor vielen Jahren für ein Kind entschied, entschied sie sich für das Hamsterrad. Als Bernhard Tuchen (64) auf die Karriere setzte, besiegelte er ein Leben im Wohlstand. Obwohl beider Leben so unterschiedlich verliefen, haben sie zueinander gefunden.

Silvia Werner, selbstständige Modedesignerin, hat den Rat des ehemaligen Ford-Managers eingekauft, um erfolgreicher zu werden. Bernhard Tuchen stellt sein Wissen im Auftrag des Senior Experten Service zur Verfügung. Statt in San Francisco Millionen zu bewegen, schaut er in Wuppertal-Elberfeld, dass am Ende des Monats schwarze Zahlen stehen.

Experte bleibt Experte – auch mit Rente

Der Senior Experten Service (SES) ist die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit und eine gemeinnützige Gesellschaft. Er bietet Menschen im Ruhestand die Möglichkeit, ihre Kenntnisse und ihr Wissen an andere im Ausland und in Deutschland weiterzugeben. Bernhard Tuchen leistet Hilfe zur Selbsthilfe – und damit einen wichtigen Beitrag, ein Stück Zukunft zu sichern. In diesem Fall die Zukunft Silvia Werners. „Ich bin der Impulsgeber und das mache ich gerne. Für mich ist ein Ehrenamt selbstverständlich“, sagt der 64-Jährige.

Früher hat er für den Automobilkonzern Ford das große Rad gedreht und war in der ganzen Welt unterwegs. Tuchen wurde fürstlich entlohnt. Daher konnte er mit 60 Rentner werden. Heute arbeitet er ehrenamtlich und stellt seine Kenntnisse unter anderem Silvia Werner zur Verfügung.

Als Bernhard Tuchen an diesem Morgen das Geschäft der Designerin betritt, streifen seine Augen das Sortiment und er fragt sich, ob seine Strategie wohl aufgehen wird. Sein Aktionsplan „Zehn Gründe für den Welterfolg“ soll Silvia Werners Taschenmanufaktur nach vorne bringen. Ziel der beiden ist es, die Marke bekannt zu machen und den Verkauf anzukurbeln.

„Einen Unternehmensberater hätte ich mir nicht leisten können“

Ein neuer Internetauftritt samt Online-Shop trägt erste Früchte. Silvia Werner ist zufrieden. Seitdem sie den externen Rat befolgt, läuft es besser. Fragen Männer wie Frauen nach Taschen, die aus alten Reifen, Sicherheitsgurten, Feuerwehrschläuchen oder Zeltplanen genäht werden. „Einen Unternehmensberater hätte ich mir nicht leisten können“, sagt sie. Tuchen helfe mit Augenmaß und habe das Machbare im Blick. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt die 52-Jährige.

EhrenamtAls sie anfing Modedesign zu studieren, hätte sie im Leben nicht daran gedacht, dass sie mal putzen gehen müsste, um sich über Wasser zu halten. Aber so kam es. Trotz ihrer Arbeit bei Betty Barclay und René Lezard änderte die Mutterschaft und ihre Allein-Verdiener-Rolle alles. „Die Jahre waren hart. Aber wenn man ein Kind hat, hat man keine Wahl.“

Geld spielt keine Rolle

Die Oelberger Taschenmanufaktur in Wuppertal mit einem eigenen Ladenlokal ist ein Fortschritt. Aber klar, die Füße wird sie nie hochlegen können. „Das wusste ich auch vorher. Ich werde arbeiten, bis ich umfalle“, sagt sie. Sie sagt auch, dass sie dann wahrscheinlich auf staatliche Leistungen angewiesen sein wird.

Bernhard Tuchen könnte längst die Füße hochlegen, will aber helfen. Der 64-Jährige kommt aus einfachen Verhältnissen. Der Vater war Polizist, die Mutter Hausfrau. Er ist geerdet. „Ich habe alles und ich kann mir jeden Spontaneinkauf leisten“, sagt der Mann. Seine Cartier-Uhr, die dezent sein linkes Handgelenk ziert, sein Duffle-Coat und die handgenähten Schuhe bestätigen das. Er spricht nicht gerne übers Geld („Nach 39 Berufsjahren habe ich eine sehr gute Rente, plus Betriebsrente, plus Auto“). „Aber, ich weiß, dass es vielen Menschen nicht so gut geht. Ich helfe, wo ich kann.“

Und das fühlt sich gut an. Für beide Seiten.