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Bundesländer wollen an das Geld auf herrenlosen Konten

Bundesländer wollen an das Geld auf herrenlosen Konten

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1491E4004498BF12.jpg Foto: dpa
Wem gehören Bankkonten, auf die niemand Anspruch anmeldet? Aus den Bundesländern ist zu hören: den Banken selbst jedenfalls nicht.

Berlin. 

Die Bundesländer interessieren sich für das Geld, das bei Banken und Sparkassen auf herrenlosen Konten liegt. „Es kann nicht sein, dass Banken Geld bunkern, das ihnen nicht zusteht“, sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) unserer Redaktion. „Das Geld steht den Sparern und ihren Erben zu – und wenn es keine Erben gibt, der Allgemeinheit.“

Schätzungsweise verwahren die Institute Vermögen im Wert von einigen Millionen Euro, auf das niemand mehr Ansprüche anmeldet – meistens, weil die Eigentümer verstorben sind. Wie viele Konten es gibt, auf die nichts eingezahlt und von denen nichts abgehoben wird, ist unklar.

Der Staat als Erbe

Der NRW-Finanzminister hat eine Länderarbeitsgruppe zu dem Thema initiiert. Er würde gern ein zentrales Register für diese Konten einführen. Wenn Banken erfahren, dass Kunden verstorben sind, sollen sie ermitteln, ob es jemanden gibt, dem das verwaltete Guthaben zusteht. Walter-Borjans kündigte an, er werde „mit den anderen Ländern darauf pochen, dass die Sparer und ihre Erben zu ihrem Recht kommen“.

Ist niemand zu ermitteln, dem das Geld zusteht, erbt der Staat. Die Länder haben also ein Interesse, die „nachrichtenlosen Konten“ aufzulösen. Auch Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grünen) möchte, dass der Staat „auf Konten und das Geld Zugriffsmöglichkeiten hat, wenn es keine Besitzer mehr gibt“. Banken und Sparkassen wehren sich dagegen: „Das von den Länderfinanzministern beschriebene Pro­blem existiert nicht“, sagt Thorsten Höche, Chefjustiziar des Bankenverbands. „Wenn eine Bank den Kontakt zu ihrem Kunden verliert, dann stellt sie Nachforschungen an, um ihn zu finden. Scheitern diese Versuche, bleibt das Vermögen in jedem Fall erhalten“, so Höche.

Die Bank sei nicht Eigentümer eines nachrichtenlosen Kontos. Die Politik solle nicht den Eindruck erwecken, der Schutz von Vermögenswerten stehe „in ihrem Belieben“.

Der Verband Deutscher Erbenermittler hält Verbesserungen dagegen für nötig. Die meisten europäischen Länder hätten längst ein Meldesystem für nachrichtenlose Konten aufgebaut, sagt VDEE-Sprecher Albrecht Basse. Mit einem öffentlich zugänglichen Register könnten potenzielle Erben auch selbst nachforschen. Derzeit sei es Erbenermittlern oder Nachlasspflegern nicht möglich, gesicherte Informationen über den vollen Umfang von Vermögenswerten bei Banken zu erhalten.

Das Problem werde noch wachsen, sagt ein Experte

Und das Problem werde noch wachsen, glaubt Basse. „Früher ist man beim Haus-Ausräumen der verstorbenen Großeltern noch auf das alte Sparbuch gestoßen. Aber in Zeiten der zunehmenden Online-Konten fällt Kindern und Enkeln bald nicht mehr viel in die Hände.“ Und: „Mehr Transparenz im Bankenwesen“ werde auch zu hohen Mehreinnahmen für den Staat durch die Erbschaftssteuer führen. Das sei positiv.

Werden Erben ermittelt, können die Bundesländer über die Erbschaftsteuer mitprofitieren. Sind am Ende keine Erben aufspürbar, müsste das Geld laut Gesetz als „Fiskalerbschaft“ an die Länder gehen. Beim NRW-Vorstoß stehe ein Plus für die Staatskasse aber nicht im Mittelpunkt, unterstreicht Walter-Borjans. Seinem Ministerium zufolge ist es allerdings „Tatsache“, dass es dort der Allgemeinheit besser dienen könne als bei einer Bank. Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte jüngst gefordert, dass der Staat auf Konten und Guthaben Zugriffsmöglichkeiten bekommen solle, wenn es keine Besitzer mehr gebe. (mit dpa)