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Mitglieder werfen „Kleiderkreisel“ Kommerzialisierung vor

Nutzer werfen „Kleiderkreisel“ Kommerzialisierung vor

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Mädelskram Foto: Archiv/WAZ FotoPool
Die Kleider-Tauschbörse „Kleiderkreisel“ hat ein neues Bezahlsystem angekündigt. Wie bei Ebay fallen dann für verkaufte Artikel Gebühren an. Im Internet formiert sich Widerstand: Eine Online-Petition wurde innerhalb von vier Tagen von mehr als 7000 Menschen unterzeichnet.

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Gegen das neue Bezahlsystem der Online-Tauschbörse „Kleiderkreisel“ formiert sich Widerstand. Auf Facebook und Twitter beschweren sich die Kleiderkreisel-Mitglieder über die Pläne der Secondhand-Plattform. Die möchte Ende November ein neues Bezahlmodell einführen und Verkäufer zur Kasse bitten.

Bisher funktionierte Kleiderkreisel kostenlos. Die Mitglieder konnten gebrauchte Klamotten untereinander tauschen, verschenken oder verkaufen. Wer Interesse an einem Kleidungsstück hatte, musste nur den anderen Kleiderkreisler kontaktieren. Der Verkauf wurde privat geregelt.

Diese Möglichkeit solle auch weiterhin bestehen, verspricht Kleiderkreisel. Allerdings kann sich bei dem neuen Modell der Verkäufer nicht aussuchen, welches Bezahlmodell er nutzen möchte. Denn klickt der Käufer auf den neuen Kauf-Button, ist der Verkäufer an diese Entscheidung gebunden. Private Transaktionen über die Nachrichtenfunktion können nachträglich nicht ausgehandelt werden.

Verkäufer sollen bei „Kleiderkreisel“ zahlen

Kleiderkreisel möchte in Zukunft die Kaufaktion überwachen. Übernehmen soll das Mangopay. Die Firma sitzt in Luxemburg und soll das Geld ähnlich wie Paypal verwalten. Der Käufer überweist also das Geld für einen gekauften Artikel. Der Betrag wird geparkt und erst an den Verkäufer weitergegeben, wenn das bestellte Paket beim Käufer angekommen ist.

Mangopay verlangt für diese Verwaltung eine Verkaufsprovision von 1,8 Prozent zuzüglich 18 Cent pro Aktion von Kleiderkreisel. Die Secondhand-Plattform kassiert bei den Verkäufern aber mehr ab. So sollen die zehn Prozent des Artikelpreises und 50 Cent für die Transaktion zahlen. Somit macht das Unternehmen einen Gewinn von 8,2 Prozent und 32 Cent pro Transaktion.

Laut Kleiderkreisel basiere die Gebühr auf sorgfältigen Berechnungen. „Sie wird uns helfen, Kosten, die mit dem Bezahlsystem anfallen, abzudecken und gleichzeitig haben wir Wert darauf gelegt, dass die Gebühr tragbar für die Mitglieder ist.“

Vorwurf der Kommerzialisierung

Zehn Prozent des Artikelpreises und 50 Cent Transaktionsgebühr? „Das ist hoch“, sagt Markus Feck von der Verbraucherzentrale NRW. Eigentlich habe Kleiderkreisel einen sozialen und keinen gewerblichen Hintergrund. „Das ist eine Geschäftsentscheidung. Kleiderkreisel läuft aber Gefahr, dass sich die Leute abwenden.“ Den Vorwurf der Kommerzialisierung müsse sich das Team gefallen lassen.

Denn genau das werfen die Mitglieder Kleiderkreisel vor. Im Internet haben sie die Petition „Kleiderkreisel: Bei den Wurzeln bleiben – gegen die Kommerzialisierung“ gestartet. Kleiderkreisel solle so bleiben wie es ist. Nur vier Tage nach der Veröffentlichung der Petition haben mehr als 7500 Menschen die Petition unterzeichnet. Auch ein Warnstreik wurde initiiert, bei dem sich die Protestierenden für zehn Stunden nicht bei „Kleiderkreisel“ einloggten.

Auch auf Twitter wird die Entscheidung von Kleiderkreisel kritisiert. @MissXtravaganz meint: „Hui… die neue Kleiderkreisel Regelung wird ja Bombe: 10% + 50Cent pro Artikel als Verkäufer bezahlen? Dann lieber Altkleidersammlung…“ Twitter-Nutzer @_tillwe_ ergänzt: „Wenn die Mail, die ich gerade bekommen habe, stimmt, ist „Kleiderkreisel“ das nächste Beispiel für Economy statt Share …“ Und @mimpfii schreibt: „#kleiderkreisel verlangt Gebühren? Nicht mit uns- Wir wechseln zu #kleiderkorb!“

Diskussionen im „Kleiderkreisel“-Forum

Im Kleiderkreisel-Forum macht sich die Enttäuschung über die Veränderungen breit: Aaber ehrlich gesagt, ich bin trotzdem enttäuscht. Denn diese Änderung widerspricht vollkommen dem, für was Kleiderkreisel mal gestanden hat.“ Andere Mitglieder kündigen an, den Tauschmarkt zu verlassen und sich bei neuen Portalen anzumelden: „Ich habe mich gestern auf Kleiderkorb angemeldet und sobald der Server wieder funktioniert, lade ich dort meine Sachen hoch. War eine schöne Zeit hier, ehrlich! Aber sowas geht gar nicht!“

Kleiderkreisel verteidigt sich. Das Bezahlsystem sei schon auf den Schwesternseiten in den USA und Großbritannien getestet worden. „Basierend auf der Erfahrung aus anderen Ländern wussten wir, dass ein Teil der Mitglieder negativ auf diese große Veränderung reagieren wird. Aber wir sind uns sicher, dass wir im Laufe der kommenden Tage und Wochen alle Bedenken aus der Welt schaffen können.“

Das neue System sei einfach in der Nutzung. 90 Prozent aller Transaktionen würden inzwischen auf den Schwesternseiten über das Bezahlsystem abgeschlossen. Und Kleiderkreisel ist überzeugt, dass das Bezahlsystem „zweifellos ein großer Vorteil für alle Mitglieder sein wird“. Im Kleiderkreisel-Forum klärt das Team über das geplante Modell auf und liefert Antworten auf mögliche Fragen.

Neues Bezahlmodell soll vor Missbrauch schützen

Doch warum führt Kleiderkreisel ein neues Bezahlmodell ein? Im Forum der Plattform heißt es dazu: „Betrug, Schwindel und das Gefühl, keine Sicherheit beim Kauf zu haben. Das sind die größten Herausforderungen, denen sich die Kreisel-Community in den letzten Jahren stellen musste. Zum jetzigen Zeitpunkt haben ein Drittel aller Käufer Probleme bei Transaktionen.“ Auch die Verbraucherzentrale NRW kritisierte das Bezahl- und Bewertungsystem. Bewertungen würden inzwischen wie eine Art Ware gehandelt und seien nicht vertrauenswürdig. In Zukunft können diese erst nach einer Transaktion abgegeben werden.

Überzeugt sind die Kleiderkreisler nicht. Auf der Kleiderkreisel-Facebookseite kommentiert eine Userin: Ich bin dann weg – gibt es Alternativen? Wenn nicht, ich hoffe es wird schnell jemand eine auf die Beine stellen, die auch weiterhin kostenlos ist…“ Eine Alternative haben Kleiderkreisler bereits gefunden – die Klamottentauschbörse Kleiderkorb.