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Dolph Lundgren: „Der klassische Actionheld stirbt aus“

Dolph Lundgren: „Der klassische Actionheld stirbt aus“

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Foto: Imago
Dolph Lundgren dreht seit 30 Jahren Action-Filme. In Interview spricht der 57-Jährige über Comic-Filme, harte Kerle und seine akademische Laufbahn.

Essen. 

Dolph Lundgren hat alles, was ein Action-Star in den 80ern brauchte. Die Größe (1,96 Meter), die Muskeln und einen ausländischen Akzent. Die Rolle als sowjetischer Boxer Ivan Drago in „Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts“ verhalf dem mittlerweile 57 Jahre alten Schweden 1985 zum Durchbruch. Anfang der 1990er Jahre folgte dann mit „Universial Soldier“ ein weiterer Erfolg. Dann wurde es eher ruhig um Lundgren.

Erst mit der Rolle als Gunnar Jensen in Sylvester Stallones nostalgischem Action-Hit „The Expendables“ machte der Schauspieler 2010 wieder von sich reden. In seinem neuen Film „War Pigs“ spielt Lundgren einen Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg, zusammen mit seiner Einheit, eine deutsche Wunderwaffe vernichten soll.

Der Charakter, den Sie in ihrem neuen Film „War Pigs“ spielen, heißt Hans. Das ist auch Ihr Geburtsname. Ein Zufall?

Dolph Lundgren: Ja, reiner Zufall. Aber vielleicht war es Schicksal. Als ich das Skript gelesen habe, dachte ich: Wow, das ist ein interessanter Typ. Bisher habe ich vor allem comichafte Figuren gespielt. Dieser Typ ist eine realere Person.

[kein Linktext vorhanden]Was ist so interessant an der Rolle?

Lundgren: Hans Picault kämpft als Soldat im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten und kommt aus Elsaß-Lothringen. Diese Region hat oft ihren Besitzer gewechselt, war mal deutsch, mal französisch. Hans ist hin und hergerissen zwischen seiner Herkunft und seiner Position im Krieg, als Soldat der Alliierten. Er ist ein harter Kerl, aber Hans hat auch eine interessante Geschichte zu erzählen. Das gefällt mir.

Ist „War Pigs“ überhaupt ein Kriegsfilm oder doch eher ein Actionfilm?

Lundgren: Es ist ein Film über Kameradschaft. Es geht um eine Gruppe amerikanischer Soldaten, die eine Mission haben. Und im Zweiten Weltkrieg war es eben nicht so, dass alle Soldaten Profis waren. Die wurden einfach in den Krieg geworfen und mussten das Beste draus machen. In den meisten modernen Filmen sind die Leute so verdammt professionell, die sind es nicht.

So wie Liam Neeson als Ex-Geheimagent in „96 Hours“? Gefallen Ihnen diese Helden?

Lundgren: Ich finde es immer gut, wenn Charaktere auch Schwächen haben – obwohl ich mich im Laufe meiner Karriere immer wieder dazu entschieden haben, selbst perfekte Charaktere zu spielen. Aber die besten Charaktere haben nun einmal Schwächen.

Die perfekten Charaktere von denen Sie sprechen, waren meist ziemliche Anti-Helden.

Lundgren: Das stimmt. Die Rollen in„Rocky IV“ oder „Universial Soldier“. Ich spiele aber lieber Rollen, die mir etwas näher sind. Rollen, die ein paar mehr Ebenen haben als das, was ich in der Vergangenheit gespielt habe.

Lassen Sie uns über den Status des Action-Films reden. Die Action-Stars unserer Zeit sind deutlich älter als früher, oft zwischen 50 und 60. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Lundgren: Das ist eine aussterbende Rasse. Die meisten jungen Schauspieler sind heute in den Comic-Verfilmungen von Marvel, aber die sieht man nicht als Action-Helden. Ich glaube aber, dass viele Leute von diesen ganzen Superhelden-Filmen ein wenig gelangweilt sind. Die schauen sich halt auch gerne mal einen Film mit jemandem an, der so aussieht, als ob er wirklich jemandem weh tun könnte – und das ohne Spezialeffekte. Da gehöre ich hin. Ich habe auch keine Wahl. Das sind einfach meine Rollen.

„Heute musst du als Action-Star nicht mehr kämpfen können“ 

Wie meinen Sie das?

Lundgren: Was den modernen Action-Film von klassischen unterscheidet, ist, dass man nicht mehr wissen muss, wie man kämpft. Du musst nicht mehr kämpfen können. Das übernehmen Technologien und Stunt-Doubles. Früher war das anders. Nehmen Sie mal Clint Eastwood. Der konnte reiten, mit einer Kanone schießen und kämpfen. Er sah einfach wie ein harter Kerl aus. So ist das heute nicht mehr. Aber ich glaube, dass es immer noch Zuschauer gibt, die so etwas sehen wollen. Es gibt also noch Hoffnung für Leute wie mich.

Aber es gibt doch eine Renaissance des Action-Kinos. Viele Stars der 80er sind wieder sehr erfolgreich.

Lundgren: Das stimmt. Vielleicht haben diese Leute einfach etwas mehr Tiefe. Die müssen nicht von Gebäude zu Gebäude springen um zu zeigen, dass sie harte Typen sind. Wenn man einen von denen sieht, denkt man direkt: Oh, da muss ich vorsichtig sein.

In „War Pigs“ spielt neben Ihnen ein weiterer Star der 80er-Jahre, Mickey Rourke. Er ist bekannt dafür, dass er seine Drehbücher nur sehr ungern liest. Haben Sie das auch beobachtet?

Lundgren: Wir haben uns eine Woche vor Drehbeginn zum Mittagessen getroffen und Mickey meinte (Lundgren imitiert Rourke): „Wir machen zusammen den Film. Das wird super.“ Aber da hatte er noch keine Ahnung vom Drehbuch und jemand meinte nur: „Hey Mickey, du solltest mal das Drehbuch lesen.“ Aber er ist großartig, ein toller Schauspieler. Und zum Drehbeginn konnte er alles.

Vor Ihrer Karriere als Schauspieler waren Sie ein ziemlich guter Chemie-Ingenieur. Sie hatten sogar ein Stipendium für das Studium am renommierte MIT. Haben Sie es jemals bereut, Schauspieler geworden zu sein?

Lundgren: Nicht wirklich. Es ging damals so schnell. Es ist wie man sagt: Du wählst nicht das Showbusiness, das Showbusiness wählt dich. Ich denke manchmal: Vielleicht wärst ich ein guter Chemie-Ingenieur gewesen, aber ich wäre sicher nicht glücklich gewesen.

Sie haben sogar das renommierte Fulbright-Stipendium bekommen und für Ihre Karriere als Schauspieler aufgegeben. Dabei haben Sie dafür sicherlich hart arbeiten müssen.

Lundgren: Sehr hart. Aber ich habe es geschmissen, weil ich nicht mit dem Herzen dabei war. Die Karriere als Chemie-Ingenieur habe ich für meinen Vater eingeschlagen. Das war nicht mein Leben. Und ich glaube, ich habe die richtige Wahl getroffen. Mein Leben war doch bisher recht interessant.