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Claudia Michelsen spielt stets die tapfere Heldin des Alltags

Claudia Michelsen spielt stets die tapfere Alltagsheldin

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Claudia Michelsen bei der Wiedereröffnung vom Boulevard der Stars am 04 09 2014 in Berlin Wiedereroe Foto: imago
Sie ist inzwischen eine der meist gefragten Schauspielerinnen des deutschen Fernsehens. Kein Wunder, denn Claudia Michelsen spielt meistens Frauen um die 40, in denen sich viele Zuschauerinnen wiedererkennen. Die tapfere Heldin des Alltags.

Berlin. 

Klingt alles so vertraut: Mitte 40, alleinerziehend, ungeregelte Arbeitszeiten. Claudia Michelsen lebt ein Frauenleben, wie es viele tun in ihrer Generation. Einerseits. Andererseits ist die Mutter zweier Töchter eine der meistgefragten Schauspielerinnen im Fernsehen. Weil sie genau das so gut kann: Frauen spielen, die einem sofort vertraut sind. Gestresste, tapfere Heldinnen des Alltags.

Als Treffpunkt hat Michelsen ein französisches Café in ihrem Charlottenburger Kiez vorgeschlagen. Seit sie sich von Schauspielkollege Anatole Taubman getrennt hat, lebt sie hier allein mit ihren Mädchen. Die sind gerade in der Schule, also hat sie Zeit, um über Frauen und Männer zu reden – und warum das Ganze so oft schief geht, wie in der ARD-Komödie „Seitensprung“ (Freitag, 20.15 Uhr), in der die betrogene Ehegattin die Familie mit den Waffen einer erfolgreichen PR-Frau wieder in die Spur bringen will. Botschaft: Ein Seitensprung hat genau die Bedeutung, die man ihm zumisst. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Paraderolle für Michelsen: Eine erwachsene Frau, die keine Lust hat, das Opfer zu spielen.

Kaffee lässt ihre Augen strahlen

„Erfolgreich ist die Frau, die sich ein solides Fundament baut aus den Ziegelsteinen, die andere ihr an den Kopf werfen“, heißt es im Film über die betrogene Fiona. Sie könnte eine Schwester sein von Doreen Brasch, Michelsens Schimanski-artiger Polizeiruf-Kommissarin oder auch von Ann Gittel, Flemmings Partnerin in der leider abgesetzten Erfolgsserie mit Samuel Finzi. Alles Frauen, die mit offenem Visier kämpfen und auch mal lachen, wenn es keiner erwartet. Die aber auch furchtbar erschöpft sein können – und das nicht verbergen wollen.

Auch Michelsen sieht müde aus an diesem Morgen. Die grünen Augen, die sonst wie Scheinwerfer leuchten, brauchen erst mal einen Kaffee, um ihre Strahlkraft zu entfalten. Bis tief in die Nacht hat sie gedreht. Eine Geschichte über das Coming-Out eines 18-Jährigen. Sie spielt die Mutter. War ja klar: Frauen um die 40, mitten im Leben, mitten in der Krise – das kann sie. Wie kaum eine andere zur Zeit.

MDRZur Wende war sie am Theater

In Dresden geboren, zur Wendezeit am Theater, später preisgekrönte Fernsehrollen: „Ich habe Lust, Geschichten zu erzählen, bei denen ich den Leuten am Schluss etwas an die Hand geben kann, das sie nachdenken lässt“, sagt Michelsen. Wie in der Komödie „Seitensprung“: „Wenn die Liebe noch da ist, warum sollte man nicht versuchen, den Seitensprung nur als Sprung zu sehen anstatt gleich als Ende der Beziehung?“

Guter Gedanke, aber schafft sie das selbst? „Man darf ja verletzt sein. Das ist ja in Ordnung. Und die Wut muss auch raus. Aber es ist nicht richtig, deswegen gleich alles über den Haufen zu schmeißen.“ In keinem Fall? „Na ja, wenn die Liebe nicht mehr da ist, sollte man nicht bloß wegen der Kinder zusammenbleiben. Kinder brauchen glückliche Eltern.“ Zwei Töchter, zwei Väter, zwei Trennungen – sie weiß, wovon sie redet.

Gute Stimmung beginnt im Kopf

Im Film läuft Fiona im Hamsterrad. Aufreibender Job, zwei Kinder im schwierigen Alter und eine Partnerschaft in der Krise. Michelsens Töchter sind elf und 17, und auch der Rest ist ihr nicht fremd. „Ja, es ist viel. Aber ich weiß ja, worauf ich mich eingelassen habe. Und jammern bringt gar nichts außer schlechter Energie.“ Ihr Credo: „Es ist viel, aber es ist großartig.“ Gute Stimmung fängt im Kopf an. „Ich entscheide jeden Tag, was ich an mich ranlasse und was ich fernhalte. Was ich umarmen kann und womit ich mich nicht mehr aufhalten möchte.“

Sehr früh hat ihr eine Kollegin den Tipp gegeben: So rasch wie möglich ins Mutterfach wechseln. Warum? „Weil der Bonus, den hübsche junge Frauen haben, schnell vorbei ist.“ Der Rat war gut. „Obwohl ich ja nie der niedliche Typ war.“ Stimmt. Doch jetzt taucht für sie eine neue Frage am Horizont auf: „Wie kann man in diesem Beruf würdevoll altern?“ Michelsen ist zuversichtlich: „Ich glaube, die Leute wollen Menschen sehen – egal welchen Alters. Menschen, deren Gesichter Geschichten erzählen können.“ Die grünen Augen sind jetzt hellwach. Koffein kann Wunder wirken, gute Gedanken können es noch mehr.