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„Große Bären“ – Tierschützerin hat ein Herz für Neufundländer

„Große Bären“ – Tierschützerin hat Herz für Neufundländer

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Foto: IKZ

Die Tierschützerin Bianca Kowalski hat über 60 Neufundländern in Not wieder ein lebenswertes Leben ermöglicht.

Ochtendung/Koblenz. 

„Bärenfarm“ heißt es auf einem Schild, das über einer Grundstückseinfahrt im kleinen Ochtendung im Wind hin- und herschwingt. Was mag das bedeuten, wird sich so mancher fragen, der zufällig am Zuhause von Bianca Kowalski vorbeikommt. Dann öffnet sich das Tor, und die 44-Jährige begrüßt die Besucher mit einem strahlenden Lächeln, das von Herzen kommt, das aber nicht von den dunklen Augenrändern ablenken kann. „Ja, es war anstrengend in den vergangenen Wochen“, sagt Bianca Kowalski. An ihrer Seite drei schwarze Neufundländer – Duke, Paul und Tayma. Drei Hunde mit einer schlimmen Vergangenheit, denen Bianca Kowalski in ihrer Pflegestelle – damals noch vom Verein „Neufundländer in Not“ – ein echtes Zuhause gegeben hat. Die 44-Jährige ist Tierschützerin und hat Neufundländer – unter Hundefreunden wegen ihrer stattlichen Größe auch Bären genannt – im In- und Ausland gerettet. Die Hunde wurden gequält, misshandelt und von ihren Besitzern vernachlässigt. „Diese Bilder werden mich nie mehr loslassen“, sagt die Tierschützerin, um gleich darauf mit einem Blick auf die Uhr zu sagen: „Die Kleinen brauchen ihr Futter!“

Die Kleinen – damit sind die Welpen der traumatisierten Hündin Tayma gemeint, es sind sechs an der Zahl. Eigentlich waren es zehn, vier haben den Schritt ins Leben nicht geschafft. „Die Mutter ist selbst noch ein Kind. Tayma wurde freigekauft, weil der Züchter fertig mit ihr war.“ Und die Hündin ist in der Tat sehr verstört, weiß nicht, was sie mit ihren Welpen anfangen soll. Was folgt, ist ein Kampf. Für Tier und Mensch. Mit Freundinnen, die im Wechsel aus allen Teilen Deutschlands anreisen, geht es wochenlang nur darum, die Flaschenaufzucht zu meistern. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung für sechs Welpen, die es ohne ihre Mutter schaffen müssen. Für die Tierschützerin ist es eine Premiere – eine, die zwar viel Freude, aber auch viele Entbehrungen mit schlaflosen Nächten mit sich bringt. Für ihre Helfer öffnet die Tierschützerin ihr komplettes Haus und richtet sich selbst ein Lager neben der Welpenstube ein. Von Privatsphäre keine Spur mehr, arbeiten zu gehen ist für die selbstständige Bianca Kowalski nicht mehr möglich. Der Verein übernimmt lediglich Tierarzt-, Material- und Futterkosten.

Robert Grolimund und sein Sammy sind ein echtes Dreamteam. Der Hund ist der ständige Begleiter des Schweizers.
Robert Grolimund und sein Sammy sind ein echtes Dreamteam. Der Hund ist der ständige Begleiter des Schweizers.
Foto: IKZ

„Das ist ein Fulltime-Job“, sagt Bianca, und mehr als nur einmal laufen die Tränen. Füttern, putzen, Welpenzimmer und Außengehege säubern, die kleinen Hinterlassenschaften entfernen, neues Welpenfutter ansetzen, die „Großen“ versorgen, Tierarztbesuche – alles immer verbunden mit der Sorge, dass die „Mini-Bären“ es nicht schaffen. Ruhige Momente sind selten, bis morgens um 4 Uhr halten die Welpen ihre „Ersatzmama“ auf Trab.

Viel Erfahrung, großes Wissen und ein Riesenherz

Das schlaucht. In Ruhe zu duschen, wenn jemand anderes da ist, der ein Auge auf die Kleinen hat, in den ersten sechs Wochen echter Luxus. Die 44-Jährige braucht nicht lange zu überlegen, warum sie sich so engagiert für die Hunde einsetzt. „Die Hunde entscheiden sich einmal im Leben für dich, und das bedingungslos. Es sind die treuesten Begleiter, die es gibt“, sagt Bianca Kowalski, die sich in Tierschützerkreisen einen großen Namen geschaffen hat. Ihr Engagement wird angesehen, ihre Erfahrung und ihr Wissen geschätzt. Über 60 Neufundländer hat sie bereits auf der Pflegestelle versorgt, aufgepäppelt und an neue Besitzer vermittelt. Genau wird geprüft, ob die Interessenten in der Lage sind, einen so großen Hund wie einen Neufundländer zu halten.

Sammy wird zum Therapiehund ausgebildet

In einem völlig verwahrlostem Zustand, unterernährt und mit vielen Krankheiten wurde Sammy nach seiner Rettung auf die Bärenfarm gebracht.
In einem völlig verwahrlostem Zustand, unterernährt und mit vielen Krankheiten wurde Sammy nach seiner Rettung auf die Bärenfarm gebracht.
Foto: IKZ

„Viele Menschen haben komplett falsche Vorstellungen“, macht es die Tierschützerin oft wütend, wenn ein Hund schließlich die Unwissenheit seiner Besitzer ausbaden muss. Sammy zum Beispiel ist ein Neufundländer, der in völlig verwahrlostem Zustand auf der Bärenfarm ankam, vermittelt von der Staatsanwaltschaft. Unterernährt, viele Krankheiten, unterbemuskelt – so wurde Sammy nach Ochtendung gebracht. Es dauert vier Monate, dann ist das Tier soweit, dass es vermittelt werden kann. Es gibt viele Bewerbungen, und Sammy hat seinen Platz in der Schweiz gefunden. Dort ist der Rollstuhlfahrer Robert Grolimund zum damaligen Zeitpunkt sehr verzweifelt, weil er seinen langjährigen Weggefährten, den Neufundländer Jerry, über die Regenbogenbrücke gehen lassen musste.

Bianca Kowalski gibt alles, Sammy an einen Rollstuhl zu gewöhnen und ihn als Therapiehund auszubilden, übt mit einem benachbarten Kind, das ebenfalls im Rollstuhl sitzt. Den Augenblick, als Sammy zu Robert in die Schweiz gebracht wurde, wird keiner der Beteiligten je vergessen. „Sammy hat mich gesehen und mir sofort übers Gesicht geschleckt. Er wich nicht mehr von meiner Seite. Das ist auch heute noch so“, sagt der Schweizer, „Ich bin so glücklich mit Sammy, denn er hilft mir über mein Schicksal hinweg, und ich kann ihm das glückliche Neufi-Leben wieder geben, das er verdient.“ „Das sind echte Glückmomente und ich weiß, warum ich das mache“, sagt Bianca strahlend. Sie betreibt eine heilpädagogische Praxis mit dem Namen „Therapeuten auf vier Pfoten“. Zudem war Bianca Kowalski viele Jahre lang Leiterin einer Förderstelle für geistig und körperbehinderte Menschen in Koblenz.

Jetzt hat sie dem organisierten Tierschutz im Verein den Rücken gekehrt, zu groß sind die Enttäuschungen, die sie erleben musste. Warum auch immer – alle verfolgen dasselbe Ziel – Tieren in Not zu helfen. Oft gibt es Differenzen zwischen den Vereinsvorständen und denen, die die Arbeit an der Basis machen. So hat es zumindest die 44-Jährige erlebt. „Wenn der Kopf eines Vereins anfängt zu stinken, ist der Rest meist schon verfault. Vor allem dann sehr schade, wenn es um den Tierschutz geht“, sagt Bianca Kowalski niedergeschlagen.