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Kunstgenuss, kinderleicht

Kunstgenuss, kinderleicht

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Foto: Lars Heidrich
Das Düsseldorfer Museum Kunstpalast bietet spezielle Führungen für Eltern mit Babys an. Die Nachfrage ist riesig

Düsseldorf. 

Klee, Heckel, Marc – das sind große Namen der expressionistischen Kunst. Ihre Bilder haben (Kunst-)Geschichte geschrieben, sie sind in den bedeutendsten Museen der Welt zu sehen. Paulina beeindruckt das überhaupt nicht. Sie rollt lieber auf dem Boden herum, kitzelt sich an den Füßen, grapscht nach einem Spielzeug. Paulina ist zu klein für große Kunst. Sie ist erst sechs Monate alt – und trotzdem hat sie an diesem Vormittag ganz großen Spaß im Museum. Denn sie kann (fast alles) machen, was sie will, während ihre Mutter eine Menge über expressionistische Graphik erfährt.

Kooperation mit dem Freundeskreis

Eltern und Babys zusammen bei einer Kunstführung? Das geht neuerdings im Düsseldorfer Museum Kunstpalast. Seit Oktober bietet das Haus in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis des Museums einmal im Monat eine Führung für Eltern mit Kindern bis zu einem Jahr an – und hat damit offenbar eine Nische entdeckt. Die Resonanz jedenfalls ist riesig. Maximal zwölf Mütter oder Väter mit Kind können teilnehmen. Bislang war jede Führung ausgebucht, das Museum hat schon Zusatztermine im Angebot.

An diesem Vormittag gibt Dr. Miriam von Gehren, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums Kunstpalast und selbst Mutter von drei Kindern, Einblicke in die Ausstellung „Klee, Marc, Nolde. Expressionistische Graphik der Sammlung Lühdorf“, und sie gibt den Rahmen dieser speziellen Führung vor: Kinderwagen können mitgenommen werden, Tragetücher werden gerne gestellt, im Ausstellungsraum ist eine große Krabbeldecke ausgebreitet, natürlich gibt es Wickeltische (auch in der Herrentoilette), in der Ausstellung darf gestillt und die Flasche gegeben werden. Nur vom Brei geben sollte man zwischen den Noldes und Klees doch freundlicherweise Abstand nehmen und lieber ins Foyer gehen: „Ich weiß selbst zu gut, wie weit so ein Möhrchenbrei reichen kann“, sagt von Gehren.

Während die Mütter und ein Vater lauschen, wie Hans Lühdorf seine Liebe zum Expressionismus entdeckte, wie er in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus Papierarbeiten verbotener Künstler sammelte, wie aufwendig und anspruchsvoll der kleinste Holzschnitt ist, hat sich der Nachwuchs die Krabbeldecke erobert.

Karoline macht ein kleines Nickerchen, Gloria freundet sich mit Mascha an, Konstantin hängt bei der Mama ab. In den heiligen Hallen der Kunst wird gekrabbelt, gewuselt und gebrabbelt, dass es eine Freude ist. Doch Kunst scheint nicht auf nur Erwachsene, sondern auch auf Kinder eine magische Wirkung zu haben: kein Schreihals weit und breit. Ob alle kunstinteressierten Eltern so entspannte und ausgeglichene Babys haben?

Die Idee zur Kunstführung mit Baby hat Dr. Carola Werhahn, freie Mitarbeiterin am Museum Kunstpalast und zweifache Mutter, aus Köln mitgebracht. In Düsseldorf stieß sie auf offene Ohren, der Freundeskreis erklärte sich sofort zur Unterstützung bereit.

Treffen mit Gleichgesinnten

„Toll, dass es so was gibt“, lobt Paulinas Mutter Beate Edlefsen, die zum zweiten Mal dabei ist. Natürlich könne man mit Kind auch zu einer normalen Führung gehen. „Aber man tut es meist nicht, weil man sich doch gehemmt fühlt“, so die 33-jährige Betriebswirtin. Hier sei man unter Gleichgesinnten, man lerne andere Mütter und Väter kennen, es gebe einen gesetzten Termin. „Am liebsten würde ich mich schon jetzt für alle Führungen im nächsten Jahr anmelden.“

Simon Adrian ist mit Tochter Gloria gekommen. „Ich dachte erst, der Fokus der Führung liege auf den Babys. Aber dann stellte ich fest: Es geht hier um die Eltern. Und das finde ich gut.“

Kunsthistorikerin Miriam von Gehren hat diesmal auch ein Bild speziell für junge Eltern im Programm. Es ist das Porträt einer sehr erschöpft wirkenden Frau aus dem Jahr 1913 von Erich Heckel und hat den Titel „Müde“. „Ein Zustand, den wir alle kennen. Man fühlt sich so, wie die Frau auf dem Holzschnitt aussieht,“ sagt von Gehren. Alle Erwachsenen nicken. Die Kinder quietschen fröhlich vor sich hin.

Die Führungen „Kunst mit Baby“ finden in der Regel immer am ersten Donnerstag im Monat von 11.15 bis 12 Uhr im Museum Kunstpalast in Düsseldorf (Ehrenhof) statt. Anschließend können sich die Eltern bei einem Kaffee austauschen. Die Themenschwerpunkte sind sehr unterschiedlich und reichen von Rubens bis Nam June Paik.

Die nächsten Termine: 7. Januar: Giovanni Bellini „Sacra Conversazione“; 11. Februar: Gert H. Wollheim „Abschied aus Düsseldorf“; 3. März: „Spot on: Eat art“. Gebühr: 5 Euro zzgl. ermäßigtem Eintritt.


Anmeldung und nähere Infos unter 0211/56642504 oder freunde@smkp.de