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Der GAU beschert Merkel ein Mega-Problem

Der GAU beschert Merkel ein Mega-Problem

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Foto: ddp/Michael Gottschalk
Der nukleare GAU in Fukushima beschert Angela Merkel und der CDU ein Mega-Problem zur absoluten Unzeit – kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen, bei denen die Union ohnehin auf der Kippe steht. Ein Kommentar von Frank Fligge.

Merkel unter Druck: Angesichts der apokalyptischen Bilder aus Japan lässt sich die Angst vor den noch immer nicht abschätzbaren Folgen von Unfällen in Atomkraftwerken nicht mehr ausblenden.

Es ist der blanke Horror, der seit Freitag in einer Endlosschleife läuft. Gewiss, man kann den Fernseher ausschalten, aber die Bilder von den apokalyptischen Zerstörungen in Japan, vom unfassbaren Leid der Menschen, lassen sich nicht mehr ausblenden. Ebenso wenig wie die grenzübergreifende Angst vor den noch immer nicht abschätzbaren Folgen der Reaktor-Katastrophen in den Atomkraftwerken.

Riesige Landstriche stehen unter Wasser, ganze Städte wurden von der urgewaltigen Wucht der Tsunami-Welle weggerissen. Die anfängliche Hoffnung, das Hochtechnologie-Land, das wie kein anderes auf Erdbeben eingerichtet ist und sich gut vorbereitet wähnte, könnte vergleichsweise glimpflich davongekommen sein, hat sich leider nicht erfüllt.

Am Ende wird die Zahl der Todesopfer deutlich fünfstellig sein. Japan befindet sich im Schockzustand. Die Welt trauert mit – und versucht zu helfen, so gut es geht. Hohen Respekt verdienen alle, die sich, den unkalkulierbaren Gefahren zum Trotz, jetzt auf den Weg in die Katastrophenregionen machen, um Leben zu retten und Leid zu lindern. So wie die vielen Freiwilligen vom Technischen Hilfswerk. Ihr Mut und ihr Engagement sind bewundernswert.

GAU kommt für Merkel und die CDU zur Unzeit

Angesichts der menschlichen Dramen, die sich in diesen Tagen in Fernost abspielen, wirken die bundespolitischen Ausläufer des Bebens profan. Aber: Der nukleare GAU in Fukushima beschert Angela Merkel und der CDU ein Mega-Problem zur absoluten Unzeit – kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen, bei denen die Union ohnehin auf der Kippe steht.

Nur wenige Monate, nachdem CDU/CSU und FDP gegenüber der Lobby der Energiekonzerne eingeknickt sind und einer Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen Atommeiler zugestimmt haben, schlägt das vermeintlich abgehakte Reizthema mit Brachialgewalt wieder auf. Das Mitleid erregende Gestammel der seinerzeit schon heftigst kritisierten Bundeskanzlerin am Wochenende offenbarte ihre ganze Hilflosigkeit. Die deutschen Atomkraftwerke seien sicher, erklärte Merkel erst. Man dürfe jetzt „sicher nicht einfach sagen, dass die Kraftwerke sicher“ seien, sagte sie dann. Um, wohl über sich selbst erschrocken, schnell hinzuzufügen. „Sie sind sicher.“ Ja, was denn nun?!

Sicher ist nur, dass Merkel den Protest der Atomkraftgegner so weiter befeuert. Schon am Samstag bildeten 60 000 Bürger eine Menschenkette um das als störanfällig geltende AKW Neckarwestheim in Baden-Württemberg. Dort, wie in Sachsen-Anhalt, wird in zwei Wochen ein neues Landesparlament gewählt. CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus, durch das umstrittene Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ ohnehin massiv unter Druck, ist ein erklärter Fan der Atomenergie. Vor Jahresfrist hatte er sogar seinen Parteifreund Norbert Röttgen zum Rücktritt vom Amt als Bundesumweltminister aufgefordert, weil der in Sachen Laufzeitverlängerung zickte. Mappus droht nun mehr denn je die Wahl im CDU-Stammland zu vergeigen.

Mal hü, mal hott: Röttgen spricht von „Auslaufmodell“

Röttgen wiederum, von der eigenen Partei bei den Laufzeiten vorgeführt, spricht nun wieder von der Atomkraft als „Auslaufmodell“. Mal hü, mal hott. Seine Glaubwürdigkeit hat er längst verspielt. Die liegt bei Grünen und SPD. Beide Parteien haben stets den schnellstmöglichen Ausstieg gefordert – und tun es jetzt vehementer denn je. Dass sie damit richtig liegen, dürfte allmählich auch der Kanzlerin dämmern. Nun droht ihr ein neuer Konflikt mit der starken Energielobby. Man darf gespannt sein, ob und wie sie ihn führen wird. Zu optimistisch sollte man allerdings nicht sein, dass die Katastrophe in Japan zu einer echten Zäsur in der internationalen Atomenergiepolitik führen wird. Die Menschheit ist leider selbstzerstörerisch genug, um nach der Schockphase weiter zu machen wie bisher.