Veröffentlicht inPanorama

Meisterdieb narrt die Polizei

Meisterdieb narrt die Polizei

London. 

Robin Hood, die Rosaroter-Panther-Juwelenräuberbande, der Posträuber Ronald Biggs – und jetzt das Phantom, das Reiche bestiehlt. Der „Wimbledon Prowler“ führt die Polizei in Londons reichem Südwesten seit zehn Jahren an der Nase herum. Mehr als 200 Einbrüche gehen auf sein Konto – der Gesamtwert der Beute liegt bei zehn Millionen Pfund (zwölf Millionen Euro). Juwelen sind darunter, aber auch eine Rolex-Uhr für 500 000 Pfund. Die Liste der Bestohlenen ist schillernd: Tennislegende Boris Becker und Fußballstar Nicolas Anelka wurden Opfer.

Londons Meisterdieb hat sich ein Viertel der Stadt ausgesucht, das er zu seinem exklusiven Revier erklärt hat: Wimbledon, das Mekka des Tennissports, und der Wohnort von Reichen und Superreichen.

Der „Wimbledon Prowler“ wird er genannt, der „Schleicher von Wimbledon“, weil er katzengleich im Schutz der Nacht auf seine Beutezüge geht, leise, unerkannt und nicht zu fassen. 2006 begann die Einbruchsserie. Typischerweise besucht der Meisterdieb seine Zielobjekte mehrfach, späht Alarmsysteme aus und knackt Schlösser. Oft nimmt er zuerst nur kleine Sachen mit – hier einen Ring, dort etwas Bargeld, aber nicht alles. Spuren des Einbruchs gibt es nicht. Eine Familie verlor einen Safe, in dem sich eine halbe Million Pfund an Juwelen befunden haben soll. Der Mann plant seine Beutezüge methodisch, führt sie akribisch aus, und Glück hat er auch. In den zehn Jahren ist er ein Dutzend Mal überrascht, aber nie gefasst worden. Aufnahmen von ihm gibt es ebenfalls reichlich. In einem Video ist zu sehen, wie er einen Tresor aus dem Fenster wirft und danach auf die Terrasse tritt und den schweren Safe durch den Garten schleppt.

Villa zur Festung ausgebaut

Boris Becker, der deutsche Tennisstar, besitzt eine Villa in Wimbledon. Nachdem mehrmals bei ihnen eingebrochen wurde, klagte seine Ehefrau Lilly: „Es ist, als ob mir meine Freiheit genommen wäre. Ich kann mein Wohnzimmer nicht mehr genießen, weil es zum Garten hinausgeht, durch den er ein paar Mal gekommen ist.“ Die Beckers haben inzwischen neue Alarmanlagen eingebaut und ihr Zuhause in eine Festung verwandelt.

Das andere berühmte Opfer, der französische Fußballstar Nicolas Anelka, hatte den Einbrecher auf frischer Tat ertappt und ihn durch seinen Garten gejagt. Zu peinlich für den damaligen Premier-League-Fußballer, dass der Meisterdieb schneller war.

Und was tut die Polizei? Wohl ihr Möglichstes. 30 Beamte sind dem Täter auf der Spur. Bisher vergebens. Man hat Polizisten nächtens in Bäumen sitzen und in Gartenhütten lauern lassen, um ihm auf die Schliche zu kommen. Ein Villenbesitzer alarmierte die Polizei, dass der Dieb wohl regelmäßig über sein Grundstück gehe: „Wir hatten dann 14 Tage lang einen Polizisten in unserem Gästezimmer mit seinem Nachtsichtgerät und einer Thermoskanne Kaffee.“ Der Schleicher zeigte sich nicht. Kommissar Dan O’Sullivan, der die Taskforce leitet, hat die Öffentlichkeit um Mithilfe gebeten. „Jemand muss diesen Mann kennen. Er ist offensichtlich viele Stunden in der Nacht nicht zu Hause. Das kann doch von Familie und Freunden nicht unbemerkt bleiben.“