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Jugendstraftäter bleibt trotz Haft-Ende hinter Gittern

Jugendstraftäter bleibt trotz Haft-Ende hinter Gittern

"Ich hatte das gehofft": Karl Ruhstorfer (re.), Vater der getöteten Joggerin zum Urteil der Regensburger Richter. Neben ihm Sohn Karl Jr. (Foto: ddp)
"Ich hatte das gehofft": Karl Ruhstorfer (re.), Vater der getöteten Joggerin zum Urteil der Regensburger Richter. Neben ihm Sohn Karl Jr. (Foto: ddp) Foto: Foto: ddp

Regensburg. Erstmals in Deutschland ist gegen einen nach Jugendstrafrecht verurteilten Verbrecher eine nachträgliche Sicherungsverwahrung verhängt worden. Das Landgericht Regensburg entschied, dass der Sexualmörder Daniel I. nach dem Ende seiner zehnjährigen Haftstrafe weiter ins Gefängnis muss.

Erstmals in Deutschland ist gegen einen nach Jugendstrafrecht verurteilten Verbrecher eine nachträgliche Sicherungsverwahrung verhängt worden. Das Landgericht Regensburg entschied am Montag, dass der Sexualmörder Daniel I. auch nach dem Ende seiner zehnjährigen Haftstrafe weiter im Gefängnis bleiben muss.

Richter sieht Gefahr neuer Straftaten

Von Daniel I. gehe eine «erhebliche Gefährlichkeit» aus und es bestehe die Gefahr neuer Straftaten, sagte der Vorsitzende Richter Johann Piendl. Maßnahmen unterhalb einer Sicherungsverwahrung seien in «keinster Weise ausreichend». Die Gesetzesergänzung, die eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für Jugendliche ermöglicht, war erst im vergangenen Sommer in Kraft getreten.

1997 hatte Daniel I. im Kelheimer Forst einer Joggerin aufgelauert, diese erdrosselt und sich dann an der Getöteten sexuell vergangen. Auf die Spur des damals 19-Jährigen kamen die Ermittler aufgrund der DNA-Spuren und eines Zeugen, der einen schwarzen Wagen am Tatort beobachtet hatte. Das Landratsamt Regensburg berief daraufhin alle Fahrer eines solchen Autos zu einem DNA-Test. Im Oktober 1999 wurde Daniel I. wegen Mordes zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, aufgrund seiner verzögerten Reife kam das Jugendstrafrecht zur Anwendung.

Richterspruch zwei Tage nach Gesetzes-Novelle

Kurz vor seiner Haftentlassung am 17. Juli 2008 brachte der Freistaat Bayern einen Gesetzentwurf auf den Weg, der die nachträgliche Sicherungsverwahrung auch für Straftäter ermöglicht, die zum Zeitpunkt der Tat noch Jugendliche oder Heranwachsende waren. Grundlage hierfür ist, dass zwei Gutachter die Gefährlichkeit des Täters mit großer Wahrscheinlichkeit für die Zukunft annehmen und die ausgesprochene Freiheitsstrafe mindestens sieben Jahre betrug. Das Gesetz trat am 12. Juli in Kraft, zwei Tage später ordnete ein Regensburger Gericht die Unterbringung von Daniel I. an. Das Bundesverfassungsgericht wies im Dezember 2008 einen Eilantrag auf Entlassung des Angeklagten ab.

Die Verteidigung hatte am Montag argumentiert, dass die notwendigen Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung nicht erfüllt seien. Die vom Gesetz geforderte «hohe Gefährlichkeit» liege bei Daniel I. nicht vor, betonte Rechtsanwalt Adam Ahmed. Er plädierte darauf, von der nachträglichen Sicherungsverwahrung abzusehen, die die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Oberstaatsanwältin Elfriede Schütz hatte zur Begründung des Antrags auf Sicherungsverwahrung unter anderem eine Sexual- und Persönlichkeitsstörung von Daniel I. genannt.

Erste Bewährungsprobe für neue Regelung

Die Kammer schloss sich der Argumentation der Staatsanwaltschaft an. Neben der psychischen Erkrankung hätten auch weitere Stressfaktoren, wie beispielsweise die Dominanz der Mutter oder der Stress bei der Arbeit zu dem Mord an der Joggerin geführt, sagte Piendl. Im Falle einer Freilassung würden diese Umweltfaktoren wieder auftreten, betonte er. Da der Gefangene nicht ausreichend therapiert sei und in kein vorbereitetes Leben zurückkehre, sei er für sich und die Allgemeinheit eine Gefahr, sagte Piendl weiter.

Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk (beide CSU) begrüßten das Urteil. Mit dem Regensburger Urteil habe die Regelung ihre erste Bewährungsprobe bestanden, sagte Merk. Die Sicherheit der Menschen müsse Vorrang haben, deshalb brauche man die Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung von gefährlichen Jugendstraftätern.

Die Familie des Opfers Margit R. zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. «Ich hatte das gehofft», sagte der Bruder der Getöteten nach der Verkündung des Urteils. Vor dem Verfahren gegen Daniel I. hatte im Januar 2009 das Landgericht Berlin erstmals über die nachträgliche Sicherungsverwahrung für einen zur Tatzeit Minderjährigen verhandelt. Der Antrag wurde damals abgewiesen. (ddp)