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Sorgen um die Zukunft des Stahlstandorts Duisburg

Sorgen um die Zukunft des Stahlstandorts Duisburg

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Foto: WAZ FotoPool
Unruhe bei Thyssen-Krupp: Äußerungen von Konzernchef Heinrich Hiesinger haben in der Belegschaft Sorgen um die Zukunft des Stahlstandorts Duisburg geschürt. Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath warnte vor einem möglichen Verkauf des traditionsreichen Geschäftsbereichs.

Duisburg. 

„Thyssen-Krupp wäre ohne Stahl wie ein Wohnzimmer ohne Sofa“, sagte Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath. Zuvor hatte Konzernchef Heinrich Hiesinger in einem Bloomberg-Interview einen Verkauf der europäischen Stahlsparte durchaus als Möglichkeit dargestellt. „Wir wollen unsere Sparte Steel Europa nicht verschenken“, sagte Hiesinger demnach. „Wenn wir als Vorstand glauben, dass es ein richtiger Schritt ist, sind wir nicht durch unser Erbe eingeschränkt.“ Gegenüber der SZ hatte Hiesinger betont: „Thyssen-Krupp ist kein Stahlkonzern mehr.“ Segerath zeigte sich irritiert und forderte ein Bekenntnis des Vorstands zum Stahlgeschäft. „Das bedarf einer Klarstellung“, sagte er. „Wir sind keine Erblast. Wir sind die Zukunft.“

Am Mittwoch soll es eine Protestaktion der Stahlarbeiter vor der Hauptverwaltung von Thyssen-Krupp in Duisburg geben.

Für die Stahlsparte wurde gerade erst eine Arbeitszeitverkürzung mit Einkommenseinbußen beschlossen. Außerdem sind Umstrukturierungen am Stahlstandort Duisburg geplant. Günter Back, der Betriebsratschef der Stahlsparte, sprach von einem „Grummeln“ unter den Beschäftigten. Die Belegschaft habe „mit der Faust in der Tasche finanzielle Einbußen hingenommen“ und erwarte nun Klarheit von der Unternehmensführung. „Was kommt auf uns zu? Was will man uns noch zumuten? Wir wollen vom Vorstand wissen, wie es mit dem Stahl weitergeht“, sagte Back.

Klares Bekenntnis zu Stahl und zu Duisburg

„Wir sind hochgradig sauer und fordern ein klares Bekenntnis zum Stahl“, mahnte auch Dieter Lieske, 1. Bevollmächtigter der Duisburger IG Metall mit ihren über 40.000 Mitgliedern. Er erwartet, dass der Vorstand am Mittwoch vor der versammelten Belegschaft Stellung bezieht.

„Ich kann und will mir Thyssen-Krupp nicht ohne starke Stahlsparte vorstellen“, sagte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link, der zugleich auf die jüngsten Investitionen des Konzerns in dreistelliger Millionenhöhe verwies: „Ich gehe davon aus, dass wir Thyssen-Krupp langfristig behalten.“ Thyssen-Krupp verwies auf Äußerungen Hiesingers, wonach es keine Pläne gebe, die Europa-Stahlsparte zu verkaufen.

Klares Wort vom Chef ist nötig – ein Kommentar von Willi Mohrs 

Nur acht Monate ist es her, dass Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger von Betriebsschließungen in der Stahlindustrie sprach. Nun schließt er die Trennung des Traditionsunternehmens von seinen Wurzeln, nämlich der Stahlsparte, nicht aus. Der erfahrene Manager ist nicht als voreiliges Plappermaul bekannt, und genau das schürt Sorgen in der Stahlbelegschaft von Thyssen-Krupp.

Einer Belegschaft, der es nicht an Selbstbewusstsein fehlt, aber auch nicht am Bewusstsein für Notwendigkeiten, wenn das eigene Unternehmen in Nöten ist. Vor wenigen Wochen erst haben Unternehmensleitung und IG Metall einen in der Belegschaft nicht unumstrittenen „Tarifvertrag Zukunft“ vereinbart, dessen wichtigste Auswirkung die Beschäftigten in diesen Tagen erstmals spüren: Sie haben spürbar weniger Geld im Portemonnaie, weil die Arbeitszeit auf 31 Wochenstunden reduziert wurde.


Dieses Opfer fürs Unternehmen war nicht selbstverständlich. Dass die Belegschaft nun zumindest ein klares Bekenntnis der Konzernspitze zum Stahl erwartet, ist nur zu verständlich.