Veröffentlicht inPolitik

Revier-Rezepte gegen den Terror

Revier-Rezepte gegen den Terror

Berlin/Essen. 

Die Furcht vor möglichen Anschlägen durch islamistische Terroristen rüttelt die Politik wach. Viele Abgeordnete von CDU und SPD meinen: Gefährliche Zeiten erfordern extrem harte Maßnahmen gegen potenzielle Attentäter. Das geht aus einer Umfrage dieser Zeitung unter allen Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet hervor. Ihre Antworten sind überraschend klar und prägnant.

Viele der von uns befragten Politiker meinen: Die Polizei braucht schnell mehr Personal und Geld, um die Bürger schützen zu können. Und: Wir müssen uns mehr um Bildung und Erziehung von Benachteiligten kümmern, damit sie nicht in Extremistenkreise geraten.

Aber jenseits dieser Forderungen gehen die Meinungen weit auseinander. Die CDU-Abgeordneten setzen auf harte Gesetze und strenge Kontrollen. Die SPD ebenfalls, hat aber Bedenken gegen die Erleichterung der Vorratsdatenspeicherung. Grüne und Linke fürchten indes, dass bei der Terrorbekämpfung die Bürgerrechte unter die Räder kommen könnten.

Weniger Freiheit – Sieg des Terrors?

„Der Terrorismus richtet sich gegen Freiheit und Bürgerrechte. Wer beides einschränken will, verhilft wider Willen den Terroristen zum Erfolg“, sagte Kai Gehring, Grünen-Abgeordneter aus Essen.

Ralf Brauksiepe (CDU, Ennepe-Ruhr) plädiert für „Ausreiseverbote, die nur mit einem verübergehenden Entzug des Personalausweises wirksam durchsetzbar sind“. Vorratsdatenspeicherung und Fluggastdatenerfassung könnten helfen, Anschlagspläne aufzudecken, meint der Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Auch Hubert Hüppe (CDU, Unna) glaubt an die Wirkung von Personalausweis- und Passentzug. Der erleichterte Zugang zur doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland erschwere die Terrorbekämpfung. „Ich bin dafür, den Doppelstaatlern die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, sobald sie sich der IS-Miliz anschließen“, sagte Hüppe.

Aus der Union sind aber auch nachdenkliche Töne zu hören. Cemile Giousouf (CDU, Hagen) ist nicht nur für harte Maßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung, sondern plädiert dafür, mehr Islamexperten für Aussteigerprogramme zu gewinnen, „um ihnen zu vermitteln, dass Gewalt mit Islam, Christentum oder Judentum unvereinbar ist“.

Zusätzlich zu harten Maßnahmen wie den Entzug des Aufenthaltsrechts von Extremisten mahnen mehrere CDU-Abgeordnete an, sich intensiver um perspektivlose Jugendliche zu kümmern und diesen den Zugang zu besserer Bildung zu erleichtern. In diesem Sinne äußern sich zum Beispiel Jutta Eckenbach (Essen), Steffen Kanitz (Dortmund), Sylvia Jörrißen (Hamm) und Astrid Timmermann-Fechter (Mülheim).

Mit einer Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung sind viele Sozialdemokraten nicht einverstanden. Zumindest sollte dieser Schritt gründlichst geprüft werden.

SPD ist vorsichtiger als die CDU

Deutliche Vorbehalte gegen die Vorratsdatenspeicherung haben zum Beispiel Michael Groß (Recklinghausen), Axel Schäfer (Bochum), Sabine Poschmann, Marco Bülow (beide Dortmund), Michelle Müntefering (Herne), Bärbel Bas (Duisburg), René Röspel (Hagen), Dirk Vöpel (Oberhausen), Arno Klare (Mülheim) und Mahmut Özdemir (Duisburg). Michael Gerdes (Bottrop) sagt: „Jedes Gesetz muss daran gemessen werden, ob es tatsächlich mehr Sicherheit bringt oder Rechte unangemessen einschränkt.“

Die Grünen-Abgeordneten aus dem Revier sehen Freiheit und Bürgerrechte in Gefahr, wenn der Staat die Bürger intensiver überwachen sollte. Irene Mihalic (Gelsenkirchen) hält auch nichts vom Personalausweis-Entzug: „Die Regierungspläne zum Terroristen-Perso sind Symbolpolitik und zudem gefährlich. Fordert man Personen mit Terrorplänen zur Abgabe des Persos auf, werden diese eher animiert, sofort zur Tat zu schreiten.“

Niema Movassat (Linke, Oberhausen) sagte: „Terroristenausweise werden die Sicherheit nicht erhöhen, aber zu einer Radikalisierung islamistischer Kreise führen.“