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Private Unis nehmen „Eintrittsgeld“ – 300 Euro für Bewerbung

Private Unis nehmen „Eintrittsgeld“ – 300 Euro für Bewerbung

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Foto: WP
Wer Zahnmedizin an der Uni Witten/Herdecke studieren will, muss 300 Euro zahlen – nur für die Bewerbung. Ein verlockendes Modell auch für manche staatliche Uni.

Dortmund/Witten. 

Nicht nur die staatlichen Unis, auch private Hochschulen in NRW bemerken einen Ansturm von Studieninteressierten. Doch wer sich an einer der beliebten Privat-Unis einschreiben möchte, muss zunächst ein Bewerbungsverfahren durchlaufen. Das ist nicht nur aufwendig, sondern zuweilen auch teuer.

Shirin möchte Zahnmedizin studieren; sechs Universitäten in NRW bieten den Studiengang an. Viele Bewerber, wenige Plätze – da entscheidet vor allem eine gute Abiturnote, ob Shirin den Platz erhält. Die Uni Witten/Herdecke blickt aber nicht nur auf das Zeugnis, sondern achtet mehr auf die Persönlichkeit der Studienanwärter. Für die Bewerbung erhebt sie allerdings eine Gebühr. Auch die „International School of Management“ (ISM) in Dortmund verlangt Geld von Studienbewerbern. Beides sind private Hochschulen.

300 Euro für Zahnmedizin

An der ISM in Dortmund zahlen Studienbewerber für die eintägige Aufnahmeprüfung zwischen 90 und 110 Euro. ISM-Pressereferentin Simone Gebel begründet dies mit dem hohen Aufwand für das Verfahren: Lebenslauf, Motivation und die Spracheignung bei jedem zu prüfen, nehme viel Zeit in Anspruch. Die Kosten für die Aufnahmeprüfung an der ISM zahlt nur, wer wirklich daran teilnimmt.

Anders ist das bei der Uni Witten/Herdecke. Hier zahlt auch, wer sich zwar bewirbt, aber nicht zum Auswahlseminar eingeladen wird. Für Medizin sind das 250, für Zahnmedizin 300 Euro.

„Wir lassen nicht den Computer auswählen“

Ein Beispiel: 1000 Menschen bewerben sich pro Semester in Witten für Medizin – zum Auswahlgespräch werden aber nur 200 eingeladen. Die Übrigen haben der Uni durch ihre Bewerbung 200 000 Euro eingebracht. „Die Kosten sind darauf zurück zu führen, dass wir nicht den Computer auswählen lassen“, erklärt Uni-Sprecherin Gabriele Molitor. Stattdessen „gehen wir einen anderen Weg als staatliche Unis und betreiben einen beträchtlichen Aufwand für die Auswahl“.

Allein das Sichten der Bewerbungen koste 660 Arbeitsstunden. Für die anschließenden Gespräche und Gruppenaktivitäten benötige man pro Semester 14 Gutachter – und das fünf Tage lang. Molitor verweist darauf, dass Bewerber einen Antrag auf eine reduzierte Gebühr stellen können – dann müssten sie nur 100 Euro bezahlen. Das jedoch käme nur selten vor: Nur acht Anträge auf Kostenreduktion zählte die Uni im letzten Bewerbungsdurchgang.

„Ein genialer Trick“

„Das ist auf jeden Fall für die privaten Hochschule ein genialer Trick, wieder an zusätzliches Geld zu kommen“, sagt Achim Meyer auf der Heyde. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks spricht sich „gegen jegliche Gebühren“ für ein Studium aus. Wenn die Hochschulen Auswahlverfahren durchführten, „dann ist das ihre Sache, dann können sie keine Gebühren dafür nehmen“.

So verfährt beispielsweise die Universität Duisburg-Essen. Wer dort Medizin oder einen politikwissenschaftlichen Master studieren möchte, wird einerseits nach Note ausgewählt, doch auch ein Auswahlgespräch wird zu 40 Prozent gewichtet. Kosten? Keine. „Es lohnt sich, genau hinzuschauen, wer sich bei uns bewirbt und ob derjenige zu uns passt“, sagt Uni-Sprecherin Beate Kostka. Im Fach Medizin lädt man hier 350 Bewerber zum Gespräch ein, 225 Plätze werden am Ende vergeben.

Im kleineren Rahmen testen hingegen die politikwissenschaftlichen Masterstudiengängen: auf 25 Plätze kommen 75 Gespräche. Diese seien vor allem im Master wichtig, findet Volkswirtschaftler Wolfram Richter von der TU Dortmund. Er meint: „Wenn wir im Master nicht deutlich aussieben, riskieren wir das Ansehen der deutschen Hochschulen.“

Flächendeckende Gebühr gefordert

Seine Bedenken hat der Professor vor Wochen in einem Brief an NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) formuliert und fordert darin eine flächendeckende Bewerbungsgebühr für Masterstudiengänge. Die Hochschulen müssten die Bewerber zu einem persönlichen Gespräch einladen und deren Vorkenntnisse, Leistungsvermögen und Motivation prüfen, meint Richter. Mit „maximal 100 Euro“ pro Bewerbung würden sie außerdem „nicht länger den Aufwand einer sorgfältigen Auswahl von Studierenden scheuen“.

Was die Wissenschaftsministerin zu Richters Vorschlägen sagt? Das Schreiben hat sie bislang nicht beantwortet. Auf Anfrage unserer Redaktion teilte das Ministerium mit: „Es gibt keine rechtliche Grundlage, auf die die Hochschulen eine Gebühr stützen können.“