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Kein Schadenersatz für teuersten Teppich der Welt

Kein Schadenersatz für teuersten Teppich der Welt

Im Rechtsstreit um die Versteigerung des teuersten Teppichs der Welt musste die Klägerin vor dem Landgericht Augsburg eine Niederlage einstecken. Sie wollte vom Auktionator 350.000 Euro Schadenersatz.

Wiesbaden. 

Der Rechtsstreit um den teuersten Teppich der Welt wird vermutlich vor dem Oberlandesgericht weitergehen. „Wir werden höchstwahrscheinlich in Berufung gehen“, sagte Hannes Hartung, der Anwalt der einstigen Teppich-Besitzerin am Freitag. Zuvor hatte das Landgericht Augsburg die Schadenersatzklage der Frau gegen einen Auktionator abgewiesen. Die Frau wollte von dem Auktionator 350.000 Euro Schadenersatz, weil er den später für 7,4 Millionen Euro versteigerten Perserteppich aus dem 17. Jahrhundert auf einen Wert von 900 Euro geschätzt hatte.

Warten auf schriftliche Begründung

Hartung sagte, das Gericht habe einen wesentlichen Punkt in der mündlichen Urteilsbegründung nicht bedacht. „Der Auktionator hätte seine Mandantin darüber aufklären müssen, dass er sich mit diesem Teppich gar nicht auskennt.“ Wenn dazu in der schriftlichen Begründung keine schlüssigen Ausführungen gemacht würden, sei die Berufung unumgänglich.

Der Augsburger Auktionator, der wegen des sogenannten teuersten Teppichs der Welt auf Schadenersatz verklagt wird, hatte nach Ansicht des Teppichexperten Detlef Maltzahn keine Chance, den Wert des antiken Stücks zu erkennen. Allenfalls ausgewiesene Fachleute seien in der Lage, Teppiche korrekt zu bewerten, sagte Maltzahn, Geschäftsführer des Wiesbadener Auktionshaus Rippon, Boswell & Co., das auf antike Teppiche und Textilien spezialisiert ist.

Für Nachknüpfung gehalten

Er selbst habe den Perserteppich aus dem 17. Jahrhundert zunächst nur auf dem Katalogtitelbild des Auktionshauses Christie’s gesehen und beim ersten Augenschein wegen der geringen Komplexität des Musters für eine Arbeit der Persischen Teppich-Gesellschaft (PETAG) gehalten, eines 1911 gegründeten Unternehmens, das Nachknüpfungen traditioneller Perserteppiche fertigte. „Dass es sich um ein bedeutungsvolles Stück handelte, hätte auch ich erst dann gemerkt, wenn ich den Teppich in der Hand gehalten hätte“, sagte der IHK-bestellte Teppichsachverständige.

Dem Auktionator könne allenfalls vorgeworfen werden, bei der Taxierung keine Experten hinzugezogen zu haben. Das gelte jedoch auch für die frühere Eigentümerin, die den Auktionator wegen seiner Fehleinschätzung und des ihr entgangenen Millionengewinns verklagt.

„Der Mann konnte das Buch gar nicht kennen“

Auch den Vorwurf, der Teppich sei im Standardwerk „Survey of Persian Art“ abgebildet, und der Auktionator hätte ihn deshalb erkennen müssen, weist Maltzahn zurück. Es handele sich um ein rein wissenschaftliches, in kleiner Auflage erschienenes und deshalb schwer erhältliches Werk. „Der Mann konnte das Buch gar nicht kennen.“

Der Auktionator hatte den Vasenteppich auf 900 Euro taxiert, versteigert wurde er zunächst für 19.000 Euro. Bei einer späteren Versteigerung bei Christie’s in London erzielte er die Rekordsumme von umgerechnet 7,2 Millionen Euro.

Dieser Erlös ist nach Einschätzung Maltzahns „völlig übertrieben“ und könne kein Maßstab sein. „Der Preis war bei Christie’s viel zu hoch, bei dem Augsburger Auktionator viel zu niedrig.“ Erklären könne er sich den in einem Bietergefecht erzielten Preis nicht. „Möglicherweise kannten die Bieter sich, und es bestand ohnehin eine Konkurrenz zwischen ihnen.“ (dapd/afp)