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Essen wie in der Steinzeit – Neuer Ernährungstrend Paleo

Essen wie in der Steinzeit – Neuer Ernährungstrend Paleo

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Im Gegensatz zu Vegetariern setzten Anhänger der Paleo-Bewegung auf Fleisch, allerdings möglichst unverarbeitet. Bratwurst und Salami stehen eher nicht auf dem Speiseplan. Foto: Getty Images
Fleisch ja, Brot nein. Der neuste Ernährungstrend heißt Paleo und setzt auf Steinzeit-Kost. Die Anhänger wollen essen wie Jäger und Sammler.

Essen. 

Die Bar liegt am Dortmunder Hafen. Gartentische und ein paar Klappstühle stehen im Außenbereich, dazu ein DJ-Pult aus alten Kisten. Doch die Gäste kommen in die „Tyde Studios“ nicht nur wegen der Musik und der interessanten Lage. Was Köchin Maria hier auf die Teller zaubert, ist anders als in anderen Bars und Restaurants. Die Dänin serviert Gemüse-Röllchen, Zucchini-Lasagne und Paleo-Brot. Paleo-Brot? Chris Gutbier, Inhaber der „Tyde Studios“ lacht. „Das ist Brot aus Avocados. Ohne Getreide.“

Theorie: Der Körper funktioniert noch genau so wie in der Altsteinzeit

Genau deshalb wissen Leute wie Eva Wenig Bars wie diese zu schätzen. Die 27-Jährige ernährt sich nämlich seit rund fünf Jahren paleo. Sie isst weder Getreide noch Milchprodukte, keinen raffinierten Zucker und keine Hülsenfrüchte. „Die Paleo-Bewegung orientiert sich an der Ernährungsweise der Menschen in der Steinzeit“, erklärt Oekotrophologin Anne Hauerstein vom Institut für Ernährung, Sport- und Gesundheitsmanagement in Essen.

Alles, was unsere Vorfahren der Altsteinzeit, also vor mehr als 20.000 Jahren, hätten essen können, ist erlaubt. Paläontologen können die möglichen Nahrungsmittel anhand von Zahn- und Knochenuntersuchungen von Steinzeit-Skeletten bestimmen. „Die Theorie hinter Paleo geht davon aus, dass der Körper noch immer so funktioniert wie damals und gar nicht für die heute ’normale‘ Ernährung ausgelegt ist“, so Hauerstein.

Jäger und Sammler im Google-Zeitalter

Sind wir also Jäger und Sammler im Google-Zeitalter? Die Paleo-Anhänger gehen davon aus. Sie führen anhaltende Schlappheit, etliche Krankheiten und Übergewicht auf die falsche Ernährung zurück. Die Beweggründe, sich paleo zu ernähren, sind also ganz verschieden.

Eva Wenig verzichtet beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen auf einige Lebensmittel. Sie verträgt weder Gluten noch Casein, ein Milchprotein, das nicht in die Molke gelangt und zu Käse weiterverarbeitet wird. Einige Zeit hatte sie sich schon „so ähnlich wie paleo“ ernährt, dann durch Freunde von dem neuen Konzept erfahren. „Am Anfang habe ich mich hauptsächlich gefreut, dass ich jetzt ein ‚trendy Google-Stichwort‘ hatte, um passende Rezepte für meine gluten- und caseinfreie Ernährung zu finden. Mittlerweile steht für mich aber der Gesundheitsaspekt im Vordergrund“, erzählt die Statistikstudentin, die bereits verschiedene Ernährungskonzepte wie Low-Carb oder die vegetarische Küche ausprobiert hat. Als „Biohacking-Experiment“ bezeichnet die Bochumerin den Versuch, über die Ernährung das Optimum aus ihrem Körper herauszuholen.

[kein Linktext vorhanden]In diese Kerbe schlagen auch viele Sportler, die sich der Paleo-Ernährung verschrieben haben. Besonders in der Cross-Fit-Szene, einer Fitnessmethode, die aus Gewichtheben, Sprinten, Eigengewichtsübungen und Turnen besteht, wird vermehrt auf das Steinzeit-Essen gesetzt, um den Körper noch leistungsfähiger zu machen.

Aber ist die Steinzeit-Kost auch gesund? „Wer nur abnehmen und dabei nicht allzu viel Getreide essen will, sollte sich lieber an die Logi-Methode halten. Dort gibt es keine strikten Verbote, und Lebensmittelgruppen werden nicht komplett gestrichen, sondern anders gewichtet“, rät Ernährungsberaterin Hauerstein. Menschen mit Unverträglichkeiten will sie Paleo aber auch nicht ausreden.

Essen im Restaurant ist nicht leicht

Für Paleo-Esserin Eva Wenig ist es jedenfalls der ideale Weg, um gesund zu leben. Dabei achtet sie auch sehr darauf, woher ihre Lebensmittel kommen – und darauf, dass das, was sie isst, nicht verarbeitet wurde. „Einfach ist es am Anfang nicht“, gibt Wenig zu. Drei Mahlzeiten pro Tag mit frischen Lebensmitteln selbst zuzubereiten, würde nicht nur einiges an Zeit, sondern auch ordentlich Geld kosten.

„Wenn man wirklich darauf achtet, ausschließlich Bio oder aus nachhaltiger Produktion und artgerechter Tierhaltung zu kaufen, kann das sehr schnell ins Geld gehen.“ Dass sich Steinzeit und Neuzeit nicht immer so einfach vertragen, merkt sie auch, wenn sie spontan mit Freunden ins Restaurant essen gehen will. „Mehr als ein Mitleidsteller ist oft nicht drin. Fast in allen Gerichten ist Getreide oder Milch dabei.“

Umso glücklicher ist sie über Bars und Restaurants wie die „Tyde Studios“, die Brot aus Avocados anbieten, eben ganz paleo.