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Wirtschaftsminister Gabriel sichert dem Revier Hilfe zu

Wirtschaftsminister Gabriel sichert dem Revier Hilfe zu

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Foto: FUNKE Foto Services
Der SPD-Chef und Wirtschaftsminister besucht das Ruhrgebiet und besichtigt seine Baustellen – von der Energiewende bis zu Kaiser’s Tengelmann.

Oberhausen. 

In Oberhausen geht es für Sigmar Gabriel zunächst einmal abwärts. 36 Meter unter der Erde will er sich ein Bild von den kilometerlangen Kanalarbeiten der Emschergenossenschaft machen. Ein Baustellenaufzug bringt Gabriel dorthin, wo in einigen Jahren das Abwasser aus dem Ruhrgebiet fließen soll. Der SPD-Chef im Amt des Wirtschaftsministers hat sich gelbe Gummistiefel und eine grelle Warnweste angezogen. Das Gefälle unter Tage ist groß. In Dortmund befindet sich der Kanal noch auf acht Metern Tiefe, in Oberhausen sind es irgendwann 40 Meter. Am tiefsten Punkt des Emscherkanals ist Gabriel also nicht.

„Hier kann man sehen, wie’s funktioniert“, schwärmt der SPD-Chef. Sind die Kanalarbeiten beendet, soll die Emscher oben an der Erdoberfläche ab 2021 sauber sein. Gabriel nennt es die „erfolgreichste und unbekannteste Großbaustelle der Republik“. Der Emscher-Umbau ist ein Projekt, für das sich Gabriel bei seinem zweitägigen Besuch im Ruhrgebiet viel Zeit nimmt. Es passt in sein Konzept, erfolgreiche Vorhaben des Strukturwandels hervorzuheben.

Gabriel verspricht Rückhalt für die Energiekonzerne

In Witten besucht der Wirtschaftsminister den Maschinenbauer Neuhaus, der früher abhängig vom Bergbau war und heute neue Wege geht. In Essen steht die Digitalschmiede des Haniel-Konzerns auf dem Programm – eine Ansiedlung auf dem Gelände von Zeche Zollverein. In Gelsenkirchen stellt sich Gabriel den Fragen von Bürgern.

Mitte Mai 2017 sind Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, im Herbst darauf folgt die Bundestagswahl. Auch deshalb steht Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland im Fokus. Im vergangenen Jahr war NRW das einzige Bundesland ohne Wirtschaftswachstum: Während die deutsche Wirtschaft um 1,7 Prozent gewachsen ist, verzeichnete die von Rot-Grün regierte Region Stagnation und war mit einem Wert von 0,0 Prozent Schlusslicht im Ländervergleich.

„Das Land hat den Wandel der Energiewende zu bewältigen“, sagt Gabriel dazu. Wenn man den Energiesektor herausrechne, entwickle sich NRW wie der Rest der Republik. Strom wird an Rhein und Ruhr vorwiegend in Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt. Vom Ökostrom-Boom profitierten eher die nördlichen Bundesländern mit ihrem hohen Windkraftanteil.

Es gehe nun auch darum, die beiden großen nordrhein-westfälischen Energieversorger Eon und RWE „nicht zu überfordern“, betonte Gabriel in Oberhausen. Etwa bei der Frage der Kernenergie-Rückstellungen gehe es darum, dass die Konzerne die Belastungen bewältigen können. „Jedenfalls habe ich mir das zur Aufgabe gesetzt“, sagte Gabriel.

„Gut reden, das kann er“, sagt einer der Bauarbeiter

Im Streit um die Ministererlaubnis für die Supermarktfusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann zeigte sich der Minister kämpferisch. Das Oberlandesgericht wirft Gabriel Befangenheit vor und will seine Entscheidung kippen. Gabriel erklärte, er hoffe auf eine „schnelle Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs, damit die Beschäftigten Klarheit bekommen.

Um den Strukturwandel zu bewältigen, benötige das Revier noch stärker die Hilfe des Bundes, sagte Gabriel auch mit Blick auf die Diskussion um die finanzielle Unterstützung der ostdeutschen Länder.

Bürgernah gab sich Gabriel nach seiner Baustellentour: Statt im Schatten auf einer Currywurst zu kauen, stellte er sich bildschwer in der Sonne zwischen VW-Golf und schmutzigem Pickup zu drei Bauarbeitern. Über ihren Lohn sprachen die Männer mit Gabriel, über ihre Sorgen in der Flüchtlingskrise und warum einer von ihnen nicht mehr die SPD wählt. Maschinenmeister Georg Steiner und Elektromeister Anton Hermann sagen später über den Minister, gut reden, das könne er.