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Was einen Chef zum Vorbild macht

Fünf Chefs erklären, was einen Chef zum Vorbild macht

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Die Frage klingt einfach, doch Antworten sind gar nicht so leicht. Was macht einen guten Chef eigentlich aus? Fünf Chefs aus Wirtschaft, Sport und Kirche haben darüber auf dem 27. WAZ-Wirtschaftsforum mit WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz und Thomas Wels, Leiter der Wirtschaftsredaktion, diskutiert. Sie sprachen über Mitarbeiter-Motivation, Ehrlichkeit und Spitzengehälter.

Essen. 

Was ist ein guter Chef? Die Frage klingt einfach, doch gute Antworten sind gar nicht so leicht. Denn letztlich geht es um mehr als nur eine Person, und es lässt sich trefflich darüber diskutieren, was Chefs von ihren Mitarbeiter erwarten dürfen – oder umgekehrt Mitarbeiter von ihren Chefs. Kurzum: Es ist ein vielschichtiges Thema, mit dem sich das 27. WAZ-Wirtschaftsforum am Montagabend auf dem Gelände des „Ideenparks“ in Essen befasst hat.

Also, was ist ein guter Chef? Die Teilnehmer der Diskussionsrunde haben verschiedene Antworten darauf.

  • Heinrich Hiesinger: „In jedem Fall muss ein guter Chef ein klares Ziel vor Augen haben und dieses den Mitarbeitern glaubhaft und überzeugend vermitteln können.“
  • Michael Vassiliadis: „Ein guter Chef schätzt seine Mitarbeiter – und zeigt es Ihnen auch.“
  • Nikolaus Schneider: „Es reicht nicht, dass man technisch einen Apparat führen kann, man muss auch von der Sache überzeugt sein.“
  • Horst Hrubesch: „Du kannst nur als Team bestehen.“
  • Maria del Mar Aguilar Sambricio: „Ein Chef muss Ziel und Richtung vorgeben und eigenverantwortliches Handeln ermöglichen.“

Vorbild auf dem Fußballplatz oder beim Kirchentag

Hiesinger, Vassiliadis, Schneider, Hrubesch und Frau Aguilar Sambricio sind allesamt Chefs, also gewissermaßen schon von Berufs wegen Experten für Führungsfragen. Doch die „Branchen“, mit denen sie sich befassen, sind ziemlich unterschiedlich. Hiesinger steht an der Spitze des Stahl- und Technologiekonzerns Thyssen-Krupp, Vassiliadis führt die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Präses Schneider ist Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hrubesch trainiert das U-19-Fußballnationalteam, und Frau Aguilar Sambricio ist Managerin in der Revisionsabteilung von Thyssen-Krupp.

Was es heißt, ein Vorbild zu sein – auf dem Fußballplatz oder der Vorstandsetage, beim Kirchentag oder einem Gewerkschaftstreffen – darüber diskutierten die Gäste auf dem „Ideenpark“ in Essen mit WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz und Thomas Wels, dem Leiter der WAZ-Wirtschaftsredaktion. Wie schon angedeutet: Die Frage nach dem guten Chef lässt sich kaum in einem Satz beantworten.

Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen

„Ein guter Chef ist kein Aktionist, er denkt strategisch, überlegt wie er das Unternehmen stetig verbessern kann und verliert sich nicht in Routineaufgaben“, sagt beispielsweise Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger. Mehr noch: „Er geht auf seine Mitarbeiter offen und ehrlich ein und lebt ihnen das vor, was er selbst von ihnen fordert. Nur so ist er authentisch und ein Vorbild. Nur so schafft er Vertrauen.“

Präses Schneider wird noch grundsätzlicher. Ein guter Chef habe ein „Hierarchie-Verständnis, das funktional orientiert ist“, sagte er. Gemeint ist: „Gute Chefs beanspruchen nicht, eine ausgesonderte Kategorie von Mensch zu sein. Sie behandeln die Mitarbeitenden als Menschen auf Augenhöhe, erwarten eigene Meinungen und akzeptieren begründeten Widerspruch.“

Warnung vor Spaltung der Gesellschaft

Wenn Fußballtrainer Hrubesch über sein Führungsprinzip spricht, fängt er mit einer wichtigen Tugend an: Ehrlichkeit. Aber er sagt auch: „Ein guter Trainer muss gewinnen.“ Natürlich geht es auch ums Geld. Millionengehälter für Fußballstars seien logisch, meint Hrubesch. „Der Markt gibt’s her.“ Doch die extremen Unterschiede bei der Bezahlung sind umstritten. „Gute Chefs wissen um die Grenzen der Spreizung der Verdienste“, sagt Präses Schneider.

Auch Michael Vassiliadis warnt eindringlich vor einer Spaltung der Gesellschaft. „Ein Stück weit sind die Maßstäbe verantwortlichen Handelns verloren gegangen – vor allem in den Jahren vor der Finanzkrise, als es hieß: Das Einzige, was zählt, ist der schnelle Profit, koste es, was es wolle.“ Mittlerweile sei allerdings eine größere Nachdenklichkeit feststellbar, „weil man erlebt hat, dass uns alle diese soziale und gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit fast in den Ruin getrieben hätte“.

Auch Hiesinger zeigt sich nachdenklich: „Mir würde es schwerfallen, zweistellige Millionenbeträge zu rechtfertigen.“ Präses Schneider sieht auch die Politik gefordert. „Ich habe wenig Verständnis dafür, dass die Gehälter durch die Decke gehen.“

Die Einkommenserwartungen von Top-Managern seien überzogen, sagt er auf dem WAZ-Wirtschaftsforum. „Hier werden wohl nur gesetzliche Maßnahmen helfen, denn die Instrumente der Selbstregulierung haben sich in den letzten Jahren als untauglich erwiesen.“