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Supermarkt-Fusion: Selbstständige haben den größten Erfolg

Supermarkt-Fusion: Selbstständige haben den größten Erfolg

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Foto: imago stock&people
Bei der Fusion Edeka/Kaiser’s Tengelmann sollen Privatisierungen die Ausnahme sein. Dabei gelten selbstständige Kaufleute als das Erfolgsmodell.

Essen. 

Die Diskussion über die Supermarkt-Fusion Edeka/Kaiser’s Tengelmann ebbt nicht ab. Nachdem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstag seine harten Auflagen formuliert hatte, muss Deutschlands größter Lebensmittelhändler liefern: Edeka muss nicht nur die 16.000 Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann mindestens fünf Jahre beschäftigten. Zudem darf der Handelsriese die 450 Supermärkte nur in Ausnahmefällen auf selbstständige Kaufleute übertragen.

Diese Auflage des Ministers passt nicht so recht zur Edeka-Philosophie. Ende 2014 gab es 6059 selbstständig geführte Supermärkte und nur 1265 im Regiebetrieb. In den letzten zehn Jahren, so eine Sprecherin, wurden im Schnitt „weniger als 100 Märkte pro Jahr“ privatisiert. 2014 habe die Zahl bei 29 gelegen. Ein Großteil der ausgegliederten Filialen sei an junge Existenzgründer gegangen.

Edeka selbst bezeichnet die Selbstständigen als „Wachstumsmotor“ mit einem Umsatzplus von 3,6 Prozent im Geschäftsjahr 2014. Wie auch beim Wettbewerber Rewe gelten die ausgegliederten Supermärkte als Zukunftskonzept, weil sie losgelöst von der Zentrale Sortimente anbieten können, die auf die lokale Kundschaft zugeschnitten sind. Selbst Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hat unlängst eingeräumt, dass er es versäumt habe, seine Supermärkte auf das Kaufmann-Prinzip umzustellen. Haub macht auch die zentrale Steuerung dafür verantwortlich, dass das Mülheimer Supermarkt-Geschäft so tief in die roten Zahlen rutschte.

Verdi: Weniger Gehalt und keine Betriebsräte

Michael Gerling, Geschäftsführer des EHI Retail Institute, spricht vom „größten Erfolgsmodell im Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahren. Gerade die selbstständigen Händler haben die meisten Arbeitsplätze in der Branche geschaffen.“ Gabriel zementiere nun mit seinen Auflagen das erfolglose Tengelmann-Modell.

Es gibt aber auch die Schattenseiten, die Gabriel bei seiner Entscheidung im Hinterkopf hatte. Verdi protestiert seit Jahren gegen die Privatisierung von Supermärkten insbesondere bei Edeka. Nach Informationen der Gewerkschaft „gibt es bundesweit in rund 99 Prozent der ausgegliederten Edeka-Märkte keine Betriebsräte“. Und: In den meisten dieser Filialen werde nicht nach Tarif gezahlt – im Gegensatz zu den Regie-Märkten, in denen es zu fast 100 Prozent Bezahlung nach Tarif und auch Betriebsräte gebe. Edeka dagegen betont, dass man sich an den „branchenüblichen Löhnen“ orientiere, auch wenn keine Tarifbindung vorliege. Das hänge unter anderem von der Betriebsgröße ab.

Mit Verdi wird Edeka-Chef Markus Mosa nun einen Tarifvertrag für die Kaiser’s Tengelmann-Mitarbeiter aushandeln und dafür um die Rückendeckung seiner Gremien, in denen nur selbstständige Kaufleute sitzen, bitten müssen.