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Sparkasse droht mit Strafzins

Sparkasse droht mit Strafzins

Essen/Oberhausen. 

Auf der Bank oder Sparkasse liegt das Geld nicht nur sicherer als unterm Kopfkissen – anders als daheim vermehrt es sich dort sogar. Dieser jahrzehntelang gültige Allgemeinplatz steht durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vor der Zwangsräumung. Institutio­nelle Anleger und die Banken selbst müssen bereits Strafzinsen zahlen, wenn sie ihr Geld auswärts bunkern. Für Privatkunden galt die Vorstellung, der Bank noch Geld dafür geben zu müssen, dass sie ­Erspartes verwahrt, bisher als ­Tabu. Die Sparkasse Oberhausen bereitet sich aber genau darauf vor.

„Wir können Negativzinsen in Zukunft auch für Privatkunden nicht mehr ausschließen“, sagte Sparkassenchef Bernhard Uppenkamp gestern. Sein Vorstands­kollege Oliver Mebus betonte, „Lieschen Müller“ treffe das nicht. Über neue Großkunden mit Millionenbeträgen sei man aber nicht ­begeistert. Man werde sie nicht ­abweisen, aber Verträge abschließen, die Strafzinsen erlauben.

Auch höhere Gebühren möglich

Das Institut in Oberhausen könnte damit zum Bannbrecher werden. Marktbeobachter spekulieren seit Monaten darüber, dass nur ein Institut vorangehen müsse, um alle ­anderen folgen zu lassen. Schließlich leiden alle Banken und Sparkassen unter der von der EZB vorgegebenen Dauer-Zinsflaute.

Niemand will der Erste sei, aber es gibt wenig Zweifel daran, dass viele Institute Probleme damit ­hätten, einem allgemeinen Trend zu Negativzinsen zu folgen. Dabei gilt es nach wie vor als ausgeschlossen, dass auch kleine Sparer draufzahlen müssen. Doch bei größeren Summen könnte sich durchsetzen, dass die Geldhäuser entweder ­dankend ablehnen oder eine ­Prämie fürs Verwahren verlangen.

Zugespitzt hat sich die Lage durch die jüngste Senkung des Leitzinses auf den Nullpunkt durch die Europäische Zentralbank (EZB). Gleichzeitig hat sie ihren Strafzins für Institute, die selbst Geld bei der EZB parken wollen, von 0,3 auf 0,4 Prozent erhöht. Dieser Zins für Einlagen bei der EZB ist seit zwei Jahren negativ. An institutionelle Großanleger wie etwa Pensionsfonds geben mehrere Häuser, etwa die Commerzbank und die WGZ Bank, diesen ­Strafzins bereits seit längerem weiter, wenn diese kurzfristig große ­Summen parken wollen.

Um dem EZB-Strafzins zu ent­gehen, entstaubt der weltgrößte Rückversicherer nun sogar einen längst vergessen geglaubten Rückzugsraum – und parkt eine zweistellige Millionensumme im firmeneigenen Tresor. „Wir testen das jetzt mal“, sagte Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard gestern.

Die EZB will mit ihrer Zinspolitik die Wirtschaft vor allem in Südeuropa ankurbeln. Der Strafzins soll Banken zwingen, das Geld weiter zu verleihen statt es zu bunkern. In Deutschland wäre das aufgrund der guten Wirtschaftslage nicht nötig, hier überwiegt der Wertverlust der Ersparnisse. Von „einer Enteignung unserer Sparer“ spricht daher neben anderen Instituten auch die Sparkasse Oberhausen.

Viele Sparkassen, auch im Ruhrgebiet, fahren daher seit geraumer zeit einen Sparkurs, schließen ­Filialen, bauen Stellen ab. Bundesweit wurden dem Dachverband ­zufolge allein 2015 fast 6500 frei ­gewordene Stellen nicht wiederbesetzt. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon kündigte zudem ­höhere Gebühren an, etwa für die Kontoführung. „Wir werden Leistungen bepreisen müssen“, sagte er. Alle Marktteilnehmer müssten wegen der EZB-Zinspolitik neue Ertragsquellen erschließen.

Der scheidende Munich-Re-Chef von Bomhard nannte es gestern „in höchstem Maße befremdlich“, dass die Bundesregierung sich „angesichts der verhängnisvollen Zinspolitik der EZB“ nicht einschalte. Die Umverteilung durch diese Zinspolitik treffe vor allem die Ärmeren. Auch Verbraucherschützer warnen, dass der Nullzins viele Menschen vom Sparen abhalte, die eigentlich fürs Alter vorsorgen müssten, weil ihre gesetzliche Rente nicht ausreichen wird.