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Post-Mitarbeiter müssen häufiger für Arbeitsunfälle zahlen

Post-Mitarbeiter müssen häufiger für Arbeitsunfälle zahlen

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Fotogeschichte Paket von der Aufgabe bis zum Empfänger Foto: Stefan Scherer
Sie transportieren Tausende Pakete und legen dabei etliche Kilometer zurück. Dass dabei mal etwas zu Bruch geht, ist nachvollziehbar. Doch solche Arbeitsunfälle werden für Post-Mitarbeiter zunehmend zum Problem. Denn das Unternehmen nimmt sie laut einem Verdi-Papier immer häufiger in Regress.

Bonn. 

Die Post lässt ihre Mitarbeiter laut einer Verdi-Untersuchung immer häufiger für Arbeitsunfälle zahlen. Ob Verkehrsunfälle, Falschauslieferungen oder Fehlbeträge in der Kasse: Die Zahl der Fälle, in denen Mitarbeiter Schadenersatz an das Unternehmen leisten mussten, ist nach Gewerkschaftsangaben in den vergangenen zwei Jahren um rund 40 Prozent gestiegen. Waren es 2011 noch 5000 Fälle, sollen es 2013 bereits fast 7000 gewesen sein. Insgesamt habe das Unternehmen allein 2013 eine Million Euro aus Regressforderungen gegen Mitarbeiter eingenommen, heißt es weiter.

Für die Untersuchung hat Verdi bundesweit Betriebsräte befragt. Die Post wollte sich zu den genannten Zahlen nicht äußern. Ein Post-Sprecher bezeichnete die Diskussion als „absurd“. Man könne nicht von „Einnahmen“ sprechen, da es sich lediglich um einen Ausgleich für entstandene Schäden handle.

Der Umgang mit Regressfällen erfolge auf gesetzlicher und tarifvertraglicher Grundlage, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Dabei könne es zu einer Regressforderung mit Gehaltszahlungen kommen. Jeder Fall würde einzeln von der jeweiligen Niederlassung vor Ort geprüft. Ein Regressverfahren gegen Mitarbeiter würde nur dann eingeleitet, wenn es Hinweise auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gebe.

Arbeitgeber muss Fahrlässigkeit nachweisen

Der zwischen Post und Gewerkschaft ausgehandelte Manteltarifvertrag schließt eine Regressnahme bei Fällen leichter oder mittlerer Fahrlässigkeit aus und schreibt eine Einzelfallprüfung vor. Selbst bei grober Fahrlässigkeit muss der Betroffene maximal drei Bruttomonatsgehälter bezahlen. In jedem Fall ist das Unternehmen in der Pflicht, dem Mitarbeiter sein Verschulden nachzuweisen.

Außerdem muss das Unternehmen Schadenersatzforderungen binnen sechs Monaten schriftlich geltend machen. Bei ehemaligen Mitarbeitern müssen Forderungen spätestens drei Monate nach Ausscheiden aus dem Betrieb erklärt werden, sonst verfallen sie.

Schadenersatz für verlorengegangene Pakete und Verkehrsunfälle

Laut Verdi ist die Post allerdings sehr schnell dabei, Vorfälle als „grob fahrlässig“ einzustufen. So würden häufig sogar Paketboten für verlorengegangene Pakete in Regress genommen, wenn diese bei Nachbarn des Adressaten abgegeben worden seien.

Auch bei Verkehrsunfällen unterstelle die Post ihren Mitarbeitern häufig eine Mitschuld. Tägliche komme es in Deutschland zu 150 Verkehrsunfällen, an denen Post-Beschäftigte beteiligt seien. 2013 hätten sich 51.000 Unfälle ereignet – acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Verdi warnt Post-Mitarbeiter: nichts unterschreiben!

Verdi bezichtigt die Post, die eigenen Mitarbeiter zu einer Einnahmequelle zu machen. „Die Post hat völlig überzogene Gewinnerwartungen und holt sich das Geld jetzt bei den Beschäftigten“, sagte Rolf Bauermeister, Verdi-Vorstand für den Bereich Postdienste, gegenüber dem NDR, „denen gegenüber ist das eine Riesensauerei.“

Betroffenen Mitarbeitern rät die Gewerkschaft, sich im Schadenfall nicht bedrängen zu lassen und auf keinen Fall Formulare zu unterschreiben, mit denen sie eine grobe Fahrlässigkeit anerkennen. „Damit bestätigt man im schlimmsten Fall, dass man die Schuld an dem Unfall trägt und für den entstandenen Schaden aufkommt“, heißt es auf der Verdi-Website. Im Zweifelsfall sollten Mitarbeiter lieber erst einmal nur Angaben zur Person machen – und sich dann Hilfe beim Betriebsrat holen.