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Plattenfirma Emi ist aus dem Takt geraten

Plattenfirma Emi ist aus dem Takt geraten

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Foto: afp / emi

Essen. 

Der Plattenfirma EMI droht die Pleite. Das britische Traditionslabel, das im letzten Jahr mit der Neuauflage von 14 Beatles-Alben einen Achtungserfolg verbuchen konnte, braucht dringend frisches Kapital, um fällige Kredite zu bedienen.

EMI hatte zuletzt mit dem Weggang namhafter Künstler und massiven Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Der Niedergang des Plattenverlags ist aber auch ein Beispiel für verpasste Chancen im Musikgeschäft.

Vier Milliarden Dollar machte der Finanzinvestor Terra Firma im Jahr 2007 locker, um EMI zu kaufen – und belastete das traditionsreiche Plattenlabel damit schwer. Der Einstieg stellt sich jetzt als Fehlinvestition heraus. Terra Firma muss die eigenen Geldgeber nun um eine zusätzliche Finanzspritze bitten. Es komme zu einer „wahrscheinlich bedeutenden Deckungslücke“, hieß es. Die Rede ist von 100 Millionen britischen Pfund (115 Millionen Euro). Ansonsten könne ein Kredit in Höhe von 950 Millionen Pfund (fast 1,1 Milliarden Euro) nicht mehr bedient werden. EMI soll mit neuem Ge-schäftsmodell gegensteuern.

Der Verlag muss sparen. Im Geschäftsjahr 2008/09 verbuchte EMI, wo Stars wie Robbie Williams, Depeche Mode und Herbert Grönemeyer unter Vertrag stehen, einen Verlust vor Steuern von 1,8 Milliarden Pfund (zwei Milliarden Euro). Hintergrund sind Abschreibungen auf den Wert des EMI-Musikkatalogs. Darüber hinaus leiden die Briten – wie andere Große im Geschäft – unter einem sich stark verändernden Markt.

Hauptumschlagplatz für Musik aus der Konserve ist nicht mehr der Plattenladen an der Ecke oder aber die CD-Abteilung des Elektronikriesen, sondern das Internet. Hier werden mittlerweile – legal und illegal – die meisten Alben und Singles abgesetzt. Hinzu kommt, dass namhafte Musiker dem in die Jahre gekommenen Künstler-Plattenfirma-Verhältnis entsagen. Anstatt ihre Scheiben von den Branchengrößen vertreiben zu lassen, setzen sie auf andere Wege, ihre Werke unter die Massen zu bringen.

Die Branche entdeckt nur zögerlich das Internet

Beispiel Madonna: Die Pop-Diva kündigte 2007 ihren Vertrag mit dem Plattenlabel Warner und unterschrieb einen Vertrag beim Konzertveranstalter Live Nation. Die Zusammenarbeit soll über zehn Jahre laufen und einen Wert von 120 Millionen Dollar haben. Laut Live Nation umfasst das Abkommen nicht nur die Rechte an Madonnas Musik, sondern alles, was in ihrem (wertvollen) Namen passiert – vom Konzert bis hin zum Internet-Auftritt.

Beispiel Radiohead: Nach einem Streit mit EMI entschlossen sich die britischen Rocker dazu, ihren Plattenvertrag nach Erscheinen ihres Albums „Hail to the Thief“ im Jahr 2003 auslaufen zu lassen. EMI hatte die CD-Version des Albums gegen den Willen der Band mit einem Kopierschutz versehen. Radiohead quittierte das mit bösen Kommentaren in Interviews und brachte das Folgewerk „In Rainbows“ im Eigenverlag heraus.

Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, entdeckte die Branche nur zögerlich das Internet für ihre Zwecke. Anstatt qualitativ hochwertige Angebote zum günstigen Preis auf den Markt zu bringen, verstiegen sich die Verleger über Jahre darin, illegale Tauschbörsen mit Klagen zu überziehen – bislang ohne nennenswerten Erfolg.

Das Fehlen einer Gesamtstrategie rächt sich. Obwohl das weltweite Geschäft mit digitaler Musik seit 2004 um 940 Prozent gestiegen ist, brachen die Umsätze um 30 Prozent ein. Allein im ersten Halbjahr 2009 verbuchten die Verleger einen Rückgang der Erlöse von zwölf Prozent. Für das gesamte Jahr werden Verluste von bis zu neun Prozent erwartet, erklärte John Kennedy, Chef des Weltverbandes der Phonoindustrie (IFPI), vergangene Woche. Er rief deshalb Regierungen auf, mehr gegen Musik-Piraterie zu tun. Nach Einsicht klingt das nicht.