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Karstadt-Chef Fanderl setzt defizitären Filialen eine Frist

Karstadt-Chef Fanderl setzt defizitären Filialen eine Frist

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Foto: Stefan Arend
Der neue Karstadt-Chef Stephan Fanderl setzt den defizitären Filialen der Warenhauskette eine Frist bis Mitte 2015. Die Gewerkschaft Verdi zeigt sich „überrascht“. Fanderl fordert auch mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten und „leistungsorientierte Gehaltsbestandteile“ für die Mitarbeiter.

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Der neue Karstadt-Chef Stephan Fanderl nennt erstmals einen Zeitplan für den Umbau des angeschlagenen Warenhauskonzerns: Bis Mitte 2015 soll demnach die Wende bei den defizitären Filialen geschafft sein – die Alternative seien „Lösungen für die Standorte“, an denen dies „nicht gelungen“ sei, schreibt Fanderl in einem Brief an die Mitarbeiter, der unserer Redaktion vorliegt. Neben den sechs Filialen, deren Schließung bereits feststeht, gebe es weitere verlustbringende Häuser, „bei denen wir hart daran arbeiten müssen, sie zu drehen“, betont Fanderl. „Aber bei allem, was wir tun – die Zeit ist knapp.“

Arno Peukes, der für die Gewerkschaft Verdi im Karstadt-Aufsichtsrat sitzt, zeigte sich „überrascht“ über Fanderls Zeitplan. „Alle Häuser sollten eine Chance bekommen, sich am Markt zu behaupten. Wenn das ernst gemeint ist, müsste das neue Konzept für die Filialen in den nächsten Wochen umgesetzt werden, sonst wäre es keine echte Chance“, sagte Peukes dieser Zeitung. Zweifel daran klingen allerdings durch, denn laut Peukes sei das Filialkonzept als „mittelfristig angelegtes Konzept“ vorgestellt worden.

20 Filialen schreiben Verluste

Gut 20 Filialen schreiben derzeit Verluste. In der Analyse, was in den Warenhäusern schief gelaufen sei, herrsche Einigkeit mit dem Management, betont Peukes. „Doch wenn das Konzept lautet, den Kunden wieder in den Vordergrund zu stellen, dann passt dazu weder ein massiver Personalabbau noch die kurzfristige Schließung weiterer Warenhäuser.“

Fanderl berichtet, die Ausgangslage sei „heute um ein Vielfaches schwieriger“ als im Jahr 2010. „Seitdem haben wir über eine halbe Milliarde Euro verloren.“ Und: „Über sieben Millionen Menschen kaufen heute nicht mehr bei uns ein.“ Vor vier Jahren hatte Nicolas Berggruen Karstadt aus der Insolvenz heraus übernommen. Nun gehört Karstadt der Signa-Gruppe von René Benko. Durch die Hilfe von Signa stehe Karstadt heute immerhin „stabiler da als noch vor einem Jahr“, sagt Fanderl.

„So viel wie möglich von Karstadt erhalten“

Er will Karstadt nun „auf der Kostenseite sanieren, um die Kraft für flächendeckende Investitionen“ zu haben. „Gelingt uns das, wird die Signa als Eigentümer auch weiter namhafte finanzielle Beträge für die Zukunft unseres Unternehmens leisten.“ Zunächst gebe es „schmerzhafte Entscheidungen“, Ziel sei es dabei, „dass wir so viel wie möglich von Karstadt erhalten können“.

Fanderl setzt auf zwei „Betriebstypen“: das „Kaufhaus des Lebens“ für den Erlebniskauf – und das „Kaufhaus der Stadt“ für die Nahversorgung. Als Top-Standorte der ersten Kategorie nennt Fanderl Frankfurt/Zeil, München/Bahnhof, Bremen und Gießen. Beispielhaft für das lokale Kaufhaus seien Bayreuth, Celle, Goslar und Hamburg-Wandsbek. Im Sommer 2015 sollen erste „Pilotmärkte“ umgebaut werden. Bis dahin wäre die Frist für die defizitären Filialen allerdings abgelaufen.

Neuer Chef fordert Bezahlung der Mitarbeiter auch nach Leistung

Von den 17 000 Mitarbeitern fordert Fanderl mehr Flexibilität: „Wir müssen Service dann anbieten, wenn unsere Kunden ihn nachfragen. Und wir werden über leistungsorientierte Gehaltsbestandteile nachdenken.“ Auch bei Preisen und Sortimenten soll es Veränderungen geben. Marken und Sortimente sollen besser den Bedürfnissen der Stammkunden entsprechen. Zudem will Fanderl weniger Rabatte. „Das ist überlebenswichtig für uns“, schreibt er. „Der erste Verkaufspreis muss für unsere Kunden stimmen und nicht der letzte!“ Heißt: Die Preise sollen auch ohne Rabatt Kunden locken.