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Ist Windkraft ein schlechtes Geschäft?

Ist Windkraft ein schlechtes Geschäft?

Etliche Anleger führen Prozesse gegen Windpark-Geschäftsführer, um Schadensersatz für Verluste durchzusetzen. Zur Frage, ob Anleger systematisch hinters Licht geführt wurden, äußert sich im InterviewSylvia Pilarsky-Grosch, Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie.

Berlin. 

Windkraft ist ein sicheres Geschäft. Das dachten seit den 1990er Jahren viele Privatanleger – auch geködert durch die staatlich festgelegte Einspeiseprämie für Ökostrom. Inzwischen sind manche Träume geplatzt. Reihenweise führen Anleger Prozesse gegen Windpark-Geschäftsführer, um Schadensersatz für Verluste durchzusetzen. Sylvia Pilarsky-Grosch, Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie, äußert sich zur Frage, ob Anleger systematisch hinters Licht geführt wurden.

Von 175 deutschen Windparks erwirtschaftet nur die Hälfte einen Gewinn. Bei einem Drittel müssen die Geldgeber sogar befürchten, Verluste zu erleiden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die der Vorsitzende des Anlegerbeirates Ihres Verbandes vorgelegt hat. Ist Windkraft ein erstaunlich schlechtes Geschäft?

Pilarsky-Grosch: Keineswegs. 175 Parks sind nur ein kleiner Ausschnitt. Diese Untersuchung ist nicht repräsentativ. Die Anzahl der Anleger, die gutes Geld verdienen, ist viel größer als die Zahl der Geschädigten. Aber natürlich gibt es Parks, deren Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Die Untersuchung betrifft bis zu zehn Prozent der deutschen Windparks. Das ist eine ernstzunehmende Stichprobe. Man kann das Ergebnis so lesen, dass viele Besitzer dieser Ökokraftwerke systematisch benachteiligt wurden.

Pilarsky-Grosch: Nach unseren Zahlen sind es eher weniger als fünf Prozent. Und von diesen Parks hat der Untersuchung zufolge nur die Hälfte Probleme. Man soll die Schwierigkeiten nicht hochstilisieren, aber auch nicht kleinreden. Wenn die Ertragsgutachten in den Anfangsjahren häufig zu optimistisch ausfielen, dann stellt das keine Benachteiligung der Geldgeber dar, sondern eine Fehleinschätzung der gesamten Branche.

Oft überschätzten die Projektentwickler die Wind-Erträge und damit auch die Einnahmen der Parks.

Wie konnte es zu den verbreitet falschen Windprognosen kommen?

Pilarsky-Grosch: Wie wir heute wissen, gab es zu Beginn der 1990er Jahre einige außergewöhnlich windreiche Jahre. Diese wurden in den damaligen Rechenmodellen überproportional gewichtet. Deshalb glaubte man, den Anlegern höhere Erträge versprechen zu können.

Die Projektentwickler stützten sich auf einen so kleinen Zeitraum, obwohl die Wetterbeobachtung seit hundert Jahren Daten liefert?

Pilarsky-Grosch: Bei den Windprognosen sind einfach Fehler gemacht worden. Das will ich gar nicht bestreiten. Außerdem kalkulierte man bestimmte Faktoren, die den Wind behindern, nicht ausreichend ein: Wälder, kleine Hügel, örtliche Turbulenzen.

Heute ist man schlauer. Zweimal wurde der Windindex – die theoretische Basis für die Berechnung der Erträge – nach unten korrigiert. Mittlerweile ist es auch üblich geworden, praktische Windmessungen durchzuführen, bevor man Anlagen baut. Trotz aller Verbesserungen gibt es aber auch unter Projektierern Leute mit wenig Erfahrung und solche, die selbst viel Geld verdienen wollen.

Hat Ihr Verband den Fehler gemacht, die schwarzen Schafe zu lange gewähren zu lassen?

Pilarsky-Grosch: Was hätten wir tun sollen?

Früher ein klares Wort sprechen. Sie haben eine politische Verantwortung.

Pilarsky-Grosch: In unserer Zeitschrift „Neue Energie“ haben wir immer wieder Vergleiche gebracht zwischen ertragreichen und weniger tragfähigen Windparks. Wir haben auch Namen genannt. Wer die Information bekommen wollte, konnte sie sich holen. Manche Projektierer sind deshalb aus dem BWE ausgetreten.

Allerdings muss ich auch sagen: Zur Zeit der großen Gründungswelle bei Windparks Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre haben sich viele Investoren von der erhofften Steuerersparnis blenden lassen – ähnlich wie beim Kauf von Immobilien in Ostdeutschland. Die Leute sind mitunter leichtfertig ein unternehmerisches Risiko eingegangen. Windkraftanlagen sind etwas anderes als eine Lebensversicherung mit garantierter Verzinsung.

Gerichte haben Windparkbetreiber wegen falscher Angaben zu Schadensersatz verurteilt. Kann man daraus schließen, dass die Anleger systematisch hinters Licht geführt wurden?

Pilarsky-Grosch: In den Fällen, in denen Verurteilungen stattgefunden haben, war das offensichtlich so. In den Jahren der Euphorie um die Jahrtausendwende kamen kritikwürdige Geschäftspraktiken nicht selten vor. Aber in Bezug auf die etwa dreißigjährige Geschichte der kommerziellen Windkraft in Deutschland sind es doch Einzelfälle.

Ein zu Schadensersatz gegenüber Anlegern verurteilter Windpark-Geschäftsführer ist noch immer Vorstand eines Ihrer Regionalverbände. Wie passt das zusammen?

Pilarsky-Grosch: Unser Verband ist demokratisch organisiert. Die Mitglieder in der jeweiligen Region treffen ihre eigenen Entscheidungen.