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Hochtief-Chef beklagt fehlende Hilfe aus der Politik

Hochtief-Chef beklagt fehlende politische Hilfe

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Der spanische ACS-Konzern hält über 30 Prozent am größten deutschen Bauunternehmen Hochtief und kann nun die Mehrheit der Aktien kaufen. Im Gespräch mit DerWesten nimmt Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter Stellung zur Zukunft des Konzerns.

Essen. 

Herr Lütkestratkötter, wie geht es Ihnen am Tag nach dem verlorenen Kampf?

Herbert Lütkestratkötter: Ach wissen Sie, verlorener Kampf — das ist eine Schlagzeile, die jetzt wohl sein muss. Ich arbeite hart für Hochtief und die Mannschaft, und wir blicken nach vorne. Die letzten Monate waren nicht leicht für mich und die Mitarbeiter im Unternehmen. Wir haben nicht darauf gewartet, dass diese Sonderaufgabe neben unserem normalen Geschäft auf uns zukommt. Die Belastung ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen.

Haben Sie schon Kontakt mit ACS-Chef Florentino Perez aufgenommen?

Lütkestratkötter: Wir werden uns in Kürze treffen.

Wann haben Sie ihn zuletzt getroffen?

Lütkestratkötter: Das liegt einige Zeit zurück. Wir haben allerdings regelmäßig Kontakt zu ACS. Im Aufsichtsrat von Hochtief sitzen schließlich zwei Vertreter des Unternehmens.

Jetzt streben Sie mit ACS eine Investorenvereinbarung an. Was soll da drin stehen?

Lütkestratkötter: Ich werde Ihnen jetzt keine Details verraten. Es geht mir darum, dass wir unsere erfolgreiche Strategie fortsetzen können, und zwar unabhängig. Und es geht mir um die Menschen im Unternehmen.

Also eine Arbeitsplatzgarantie für die Mitarbeiter?

Lütkestratkötter: Wir setzen uns für die Mitarbeiter ein, das haben wir immer gemacht. Hochtief hatte selbst in der Krise eine mustergültige Sozialpartnerschaft mit den Beschäftigten.

Sie schließen eine Kapitalerhöhung nicht aus, planen den Verkauf der Flughafen-Sparte Concessions. Wie wollen Sie bei einer solchen Drohkulisse vernünftige Gespräche mit ACS führen?

Lütkestratkötter: Das ist doch Kokolores. Alles, was seit der Übernahme-Ankündigung von ACS am 16. September geschehen ist, steht in den Medien unter der Überschrift „Verteidigung“ oder „Krieg“. . .

. . . Sie wollten die Übernahme ja auch nicht,

Lütkestratkötter: Es ist unsere Pflicht, ein Übernahmeangebot zu bewerten und unseren Aktionären eine Empfehlung zu geben. Wir haben abgeraten, weil wir das Angebot für nicht angemessen halten. Der Einstieg von Katar hat nichts mit Abwehr zu tun, sondern ist strategisch und ein Jahr lang intensiv vorbereitet worden. Und wir haben immer gesagt, dass wir den 2009 abgesagten Börsengang von Concessions nachholen, wenn die Lage am Kapitalmarkt besser ist.

Und das ist mit den ACS-Vertretern abgestimmt?

Lütkestratkötter: Natürlich haben wir alles im Aufsichtsrat besprochen.

Sind Sie enttäuscht, dass Ihnen die Politik nicht mit einer Überarbeitung des sehr liberalen Übernahmegesetzes geholfen hat?

Lütkestratkötter: Ja, doch. Viele haben sich passiv verhalten. Eine Reihe von Politikern hat mir in Vier-Augen-Gesprächen ihr großes Bedauern über die Situation ausgedrückt und sich für ihre Haltung entschuldigt. Geändert hat sich nichts. Das Beharrungsvermögen im System ist groß.

Und jetzt wird Hochtief nach fast 140 Jahren spanisch?

Lütkestratkötter: Es war immer eine bewusste Entscheidung von Hochtief, in Deutschland zu bleiben, obwohl wir 90 Prozent unseres Geschäfts im Ausland machen. Das ist ein klares Bekenntnis zu unseren Wurzeln und zum Ruhrgebiet. Wenn wir ins Ausland gegangen wären, hätte uns das dortige Übernahmerecht besser geschützt – das ist nun ein seltsames Dankeschön für unsere Standorttreue.

Sie haben sich auch geärgert über die Kritik an den Verträgen, die Ihnen für den Fall eines Eigentümerwechsels eine Abfindung von vier Millionen Euro garantiert.

Lütkestratkötter: Ich ärgere mich sehr über eine solche Unfairness. Der Aufsichtsrat hat den Vorständen diese Verträge im Einklang mit den Gesetzen und den Richtlinien zur ordentlichen Unternehmensführung gegeben. Die Verträge sind seit Jahren bekannt, stehen im Geschäftsbericht und im Internet. Und nun plötzlich gibt es eine Riesendebatte, ob das denn ethisch sei.

Eine solche Klausel sichert Sie auch ab, wenn Sie es nicht schaffen, den Unternehmenswert so zu steigern, dass eine Übernahme unmöglich wird.

Lütkestratkötter: In der Finanzkrise 2009 stand die Hochtief-Aktie bei 20 Euro. Ihr Kurs lag 2010 – auch schon vor dem Übernahmeangebot – bei über 65 Euro. Wenn ich für eine Verdreifachung des Aktienkurses kritisiert werde, dann tut mir das nicht weh. Ich arbeite im Interesse aller Aktionäre. Die Klausel dient dazu, den Vorstand unempfänglich zu machen für etwaige Versuche der Einflussnahme von innen wie außen und ihn auf die Unternehmensinteressen zu konzentrieren. Und genau das hat dieser Vorstand gemacht.

Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Lütkestratkötter: Ich stehe voll im Geschirr bei Hochtief. Die Frage nach der Zukunft hängt von zwei Parteien ab — dem Aufsichtsrat und mir. Und für mich gibt es eine wesentliche Bedingung: Ich muss weiterhin unabhängig die Strategie des Unternehmens umsetzen können. Das ist ein Schlüssel zum Erfolg gewesen. Und nur das ist der Schlüssel für weiteren Erfolg.

Woher kommt Ihr Spitzname „Dr. Lü“?

Lütkestratkötter: (lacht) Das war 1981. Ich war in Abu Dhabi. Die Araber konnten meinen Namen nicht aussprechen. Also sagte einer: „Wir nennen Sie Dr. Lü“. Ich sagte: „Das wird schwierig. Dann glauben die Leute, ich bin Chinese“. Er sagte: „Warten wir’s ab.“ Der Name ist geblieben.