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Commerzbank will „Platzhirschen“ Kunden abjagen

Commerzbank will „Platzhirschen“ Kunden abjagen

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Foto: Volker Hartmann
Die Commerzbank hat in Bochum die erste „Flagship“-Filiale eröffnet. Mit mehr Service und längerer Öffnungszeit will sie Wettbewerbern Kunden abjagen.

Bochum. 

In Bochum verhandelt die Sparkasse über einen Zusammenschluss mit der Schwester in Witten. Die Volksbank will sechs ihrer acht mit Personal besetzten Filialen schließen. In dieser Phase der Marktbereinigung eröffnete die Commerzbank nach dem Test in Berlin und Stuttgart am Donnerstag ihre erste „Flagship“-Filiale in der Bochumer Innenstadt und kündigte an, auch die vier Geschäftsstellen in den Stadtteilen Wattenscheid, Linden, Stiepel und Gerthe zu erhalten.

300 000 Euro hat die Commerzbank nach eigenen Angaben in die Vorzeigefiliale investiert. Es gibt keine Schalter mehr, dafür aber zwei Empfangsdamen, die den 15 000 Bochumer Privatkunden ihre Gesprächspartner vermitteln. Wie beim städtischen Bürgeramt gibt es Wartenummern. Filialleiterin Anja Rutkat hat ihr Team um zwei auf 61 Mitarbeiter vergrößert und die Öffnungszeiten um zehn auf 43 Stunden pro Woche ausgeweitet. Die Schließung über Mittag entfällt und montags bis donnerstags ist die Geschäftsstelle nun durchgängig bis 18 Uhr geöffnet.

300 000 Euro investiert

Von einer „neuen Dienstleistungskultur“ spricht Rutkat. „Die Kunden müssen nicht mehr in ei­ner langen Schlange warten“, sagt die Direktorin. Während der Pilotphase in Berlin und Stuttgart hatte die Commerzbank 40 000 Kunden nach ihren Bedürfnissen befragt. Als Konsequenz bleibt die Flagship-Filiale in Bochum bis 18 Uhr und freitags bis 16 Uhr geöffnet.

Nach Angaben von Bereichsvorstand Gustav Holtkemper kam bei der Marktforschung auch heraus, dass die Kunden sowohl das stationäre, aber auch das Online-Angebot nutzen wollen. „Wir investieren in Wachstum. Und Filialschließungen sind für uns keine Wachstumsstrategie“, sagt Holtkemper. Obwohl die Commerzbank gerade mit dem Betriebsrat über den Abbau von mehr als 9000 Stellen, davon nach Verdi-Angaben jede dritte in den Filialen, verhandelt, will sie in den nächsten Jahren 1,1 Milliarden Euro in Onlinebanking und Infrastruktur investieren. Dazu gehören die geplanten 80 bis 100 Flagship-Filialen in den Metropolen, aber auch die City-Filialen, deren Konzept gerade in Frankfurt getestet wird. Dort sollen die Kunden ein eingeschränktes Beratungs- und Dienstleistungsangebot vorfinden.

Fünf Millionen wechseln jährlich die Bank

Experten rechnen damit, dass bis zum Jahr 2025 gut 40 Prozent der zuletzt 34 000 Bankfilialen in Deutschland geschlossen werden. Die Commerzbank, betont Bereichsvorstand Holtkemper, will sich von diesem Trend abkoppeln: „Neukunden gewinnen wir zu zwei Dritteln in der Filiale, zu einem Drittel online. Auch deshalb wäre es ein großer Fehler, Standorte aufzugeben“, sagt er.

„Jährlich wechseln fünf Millionen Bankkunden ihre Kontoverbindung. Aus diesem Kuchen wollen wir uns ein großes Stück herausschneiden und bis zum Jahr 2020 zwei Millionen neue Kunden gewinnen“, formuliert Holtkemper das Ziel der zweitgrößten deutschen Bank. Er sagt auch, wem die Angriffslust gilt: „Wir wollen vor allem den regionalen Platzhirschen Kunden abnehmen.“