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Chinesen übernehmen Schwing

Chinesen steigen beim Mittelständler Schwing ein

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Foto: Stefan Kuhn / press image
Es fehlt nur noch die Zustimmung der zuständigen Behörden: Der größte chinesische Produzent von Kranen und Straßenbaumaschinen steigt beim mittelstänischen Betonbaumaschinen-Hersteller Schwing aus Herne ein. Die deutschen Schwing-Standorte in Herne und Memmingen haben eine Bestandsgarantie.

Herne/Essen. 

Im Jahr 2000 stand Schwing vor einer Zerreißprobe. Der Verkauf des Unternehmens, geführt von Brüdern, war zum Thema geworden. Ein US-Konzern hatte dem kerngesunden Hersteller von Betonbaumaschinen ein Übernahmeangebot gemacht. Doch es kam anders: Gerhard Schwing erwarb die Anteile von Bruder und Neffe und hielt die 1934 in Wanne-Eickel gegründete Firma in Familienhand.

Zwölf Jahre und eine Wirtschaftskrise später steigt nun doch ein ausländisches Unternehmen bei Schwing ein. Die Xuzhou Construction Machinery Group (XCMG) aus China übernimmt die Mehrheit am zweitgrößten deutschen Betonpumpen-Hersteller. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Behörden müssten „die strategische Partnerschaft“ noch absegnen, teilten die Unternehmen gestern mit. Das Management um Gerhard Schwing bleibe unabhängig, das Unternehmen werde weiter von Herne aus geführt. Für die deutschen Standorte in Herne und Memmingen gibt es eine fünfjährige Bestandsgarantie.

„Der asiatische Markt bietet das global größte Wachstum“, kommentierte Gerhard Schwing die neue Partnerschaft. Sie biete gute Zukunftsperspektiven. Bei Marktabdeckung und Angebot ermögliche der Zusammenschluss eine „perfekte Ergänzung“, sagte XCMG-Chef Wang Min. Die Gruppe ist Chinas größter Produzent von Kranen und Straßenbaumaschinen.

Eine Perspektive braucht der Mittelständler aus Herne dringend. In der Wirtschaftskrise hatte er Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent auf 400 Millionen Euro erlitten. Er trennte sich von Leiharbeitern, setzte auf Kurzarbeit. 2010 entließ Schwing 120 von etwa 1000 Angestellten am Firmensitz in Herne. Vor ein paar Tagen mussten weitere 170 Beschäftigte gehen. 90 Prozent des Umsatzes macht Schwing im Ausland. 2009 hatte die Firma Vertretungen in über 100 Ländern, beschäftigte weltweit etwa 3700 Mitarbeiter. 2011 stieg der Umsatz der Gruppe wieder an.

„Der asiatische Markt bietet das global größte Wachstum“

Allein, sagen Branchenkenner, wäre es in Zukunft eng geworden für Schwing. Zumal auch der Konkurrent und deutsche Marktführer Putzmeister erst vor Wochen an einen chinesischen Konzern verkauft worden war: Sany. Mit Putzmeister, so kündigte Sany an, solle der Weltmarkt erobert werden – für Schwing eine Bedrohung.

Mit dem Einstieg von XCMG bei Schwing wird Wirklichkeit, was sich seit langem ankündigte. Die Chinesen investieren weiter in NRW, aber nicht mehr nur in Köln oder Düsseldorf, sondern auch im Revier. Nach der Übernahme des Elektronikproduzenten Medion aus Essen durch Lenovo und des Automobilzulieferers Kiekert aus Heiligenhaus durch Lingyun ist innerhalb kurzer Zeit das dritte Engagement chinesischer Konzerne bekannt geworden. Die landeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft NRW.Invest sieht darin Chancen statt Risiken. „Internationale Übernahmen stellen seit jeher einen normalen Weg für am Markt operierende Unternehmen dar, Wachstum zu organisieren. Für uns ist wichtig, dass dabei die Wertschöpfung in NRW bleibt und die Arbeitsplätze erhalten werden“, sagte Geschäftsführerin Petra Wassner.

Mehr als 750 chinesische Firmen haben sich laut NRW.Invest bereits in Nordrhein-Westfalen angesiedelt. Im vergangenen Jahr waren es 50. Das Handelsvolumen NRW – China betrug 2011 etwa 30 Milliarden Euro, davon Exporte im Wert von 10,1 Milliarden Euro.