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Aston Martin Rapide – ein Auto für alle, die sich billige Dinge nicht leisten wollen

Aston Martin Rapide – Extravaganz in ihrer schönsten Form

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Foto: WAZ FotoPool
Schon der Zündschlüssel kostet 1800 Euro; er ist in Glas eingefasst: Der Aston Martin Rapide ist nicht perfekt, aber einzigartig, schnell und teuer. Oscar Wilde als dem Großmeister des Snobismus hätte der Aston Martin gefallen.

Essen. 

„Billige Dinge kann ich mir nicht leisten“, konstatierte einst Oscar Wilde. Lebte der Großmeister des englischen Snobismus statt am Ende der Kutschenepoche heutzutage, er müsste den Aston Martin Rapide zumindest in Erwägung ziehen.

Allerdings geht es dem Snobisten zwar auch, aber nie nur um den Preis. 190.000 Euro kostet der viertürige Sportwagen mit dem 1800 Euro teuren, weil in Glas eingefassten Schlüssel, gleich 50 000 Euro mehr als das einzig ansatzweise vergleichbare Auto, der Porsche Panamera in der Turbo-Version in der 500-PS-Klasse.

Der Aston Martin Rapide ist ein verlängerter Sportwagen

Wobei der Vergleich auch bei Geschwindigkeiten um 300 km/h hinkt. Der Rapide ist ein etwas verlängerter und um zwei Hintertürchen bereicherter Sportwagen, keine auf Coupe getrimmte Limousine. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, objektive Kriterien für gute Gestaltung gibt es trotzdem. Der 1,36 Meter flache Luxus-Sportler erfüllt sie alle und provoziert in der Öffentlichkeit angemessene „Rapide Eye Movements“ – schnelle Augenbewegungen folgen dem aggressiv-eleganten Viertürer überall, anerkennende Kommentare ebenso. Davon kann der Panamera-Mann nur träumen.

So sportlich eng wie in einem Sportwagen und auf Dauer unbequem sitzt es sich hinten im Rapide auch. Mehr Platz als im Heck eines Porsche 911 zu finden ist, bietet der rund fünf Meter lange Aston auf den beiden hinteren Plätzen nicht, die noch dazu eine breite Mittelkonsole trennt. Der erträgliche Zugang durch die zusätzlichen Türen macht den Unterschied zum normalen Sportwagen aus, nicht das Raumangebot. Und über das nutzbare Volumen unter der gläsernen Heckklappe lässt sich nur beredt schweigen.

Ohne Gimmicks, aber mit dem Geruch von feinem Leder

Beim Ausstieg aus dem Fond hilft Jung und Alt ein feiner Lederriemen mit aus dem vollen Material modellierten Metallknebel zum Festhalten, der sich nach Gebrauch von selbst wieder magnetisch am Türpfosten fixiert. Das ist wahrer Snobismus: ungewöhnliche Details, ein geschmackvolles Ambiente ohne Gimmicks und der Geruch von Leder, der selbst im neuen Rolls-Royce Ghost nicht mehr zu erschnüffeln ist. Gebaut wird der bereits dem Namen nach „Schnelle“ bei Magna in Graz – genau: bei den Österreichern, die mal Opel kaufen wollten, und deren Fertigungsqualität überragend ist.

Röhrt die sechs Liter große Soundmaschine unter Mister Martins massiger Motorhaube erst einmal richtig auf, werden letzte Zweifel beiseite gewischt. Ja, der Rapide ist ein Sportler: schnell, hart, kompromisslos, anmachend, herausfordernd. Einzeln abgezählte 477 PS und 296 km/h Höchstgeschwindigkeit setzen dem Komfortvermögen Grenzen. Auf ebenen Straßen fallen sie auch nicht zu eng aus.

Ein Auto für den einfachen Geschmack: immer nur das Beste

Dass mit dem Rapide 20 Liter und mehr zu Kohlendioxid verbrannt werden, darf an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. In Sachen Spritspartechnik hat Aston Nachholbedarf. Nur schrittweise kann die kleine, erst 2007 von Ford unabhängig gewordene Firma nachrüsten, die in einem guten Jahr lediglich 6000 Autos baut.

Da muss Exklusivität technische Extravaganz ersetzen. Deshalb fehlen auch moderne Assistenzsysteme wie Spurwarner und Abstandhalter, die es anderswo bereits in der profanen Mittelklasse gibt. Aber auch damit ist nicht zu erklären, warum manche Dinge im Rapide einfach schlecht sind, die umständliche Bedienung im Allgemeinen und im Besonderen das umständlichste Navi der Welt. „Auto, motor & sport“ vergab nur drei von fünf Sternen an den Rapide, unter Gentleman eine Ohrfeige.

Ob der Rapide Oscar Wilde überzeugen würde? Wahrscheinlich: ja. Der Lebemann hatte bekanntlich nach dem überlieferten Zitat „einen ganz einfachen Geschmack: Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“ Und um es mit einer Abwandlung seines Bonmots über Frauen zu sagen: „Wenn Sie ein schönes, praktisches und günstiges Auto suchen, dann suchen sie nicht ein Auto. Sondern drei.“