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ARD-Markencheck entzaubert das Geheimnis von Adidas

ARD-Markencheck entzaubert das Geheimnis von Adidas

Im letzten ARD-Markencheck sind die Tester dem Geheimnis von drei schlichten Streifen auf der Spur: Adidas. Sowohl Sportler als auch Nicht-Sportler mit Modegeschmack sind begeistert von den Produkten – nicht immer zu Recht. Und wie viele bisher getestete Bekleidungsproduzenten hat auch Adidas kein Problem damit, für die Herstellung seiner Produkte Arbeiter in Dritte-Welt-Ländern auszubeuten.

Essen. 

Was drei Streifen auf Kleidung und Sportartikeln nicht alles ausmachen. Jogger laufen schneller, Fußballer erzielen mehr Tore, Käufer geben mit Freuden horrende Summen aus und türkische Händler machen mit gefälschten Produkten ordentlich Umsatz. Nach Coca-Cola und der Drogeriekette dm stand dieses Mal der deutsche Sportartikelhersteller Adidas beim ARD-Markencheck auf dem Prüfstand.

Peggys Augen glänzen, als sie mit ihrer Mutter in den Regalen eines Adidas-Geschäfts stöbern darf. Sie steht auf die Marke, damit sei man in der Schule etwas besonderes, meint der Teenie. Daher besitzt sie mehrere Taschen, Hosen, Shirts und Jacken mit den drei Streifen und weiß sogar noch, was jedes einzelne Teil gekostet hat. Als Zuschauer mit Durchschnittsgehalt wird einem beim Addieren ganz schwindelig.

„Die Adidas-Jacke fühlt sich irgendwie hochwertiger an“

Kleidung von Adidas ist teuer, aber ihren Preis wert, das zumindest meinen die Passanten, die von den ARD-Reportern befragt wurden. Eine rote Jacke ohne Streifen schätzten sie auf durchschnittlich 20 Euro, eine mit Streifen auf 60. „Das Material der Adidas-Jacke fühlt sich auch irgendwie hochwertiger an“, meinte eine Frau. Dabei war es genau dasselbe Original-Modell, einmal jedoch von einer Schneiderin seiner Markenhinweise beraubt. Drei Streifen für 40 Euro – nicht schlecht. Im Umkehrschluss fühlten sich 20 Jogger in No-Name-Shirts mit aufgenähten Streifen besser aufgehoben und schätzten ihre Laufleistung sogar um einiges höher ein, als sie tatsächlich war. Drei Streifen als legales Doping – erstaunlich. „Verblüffend“ lautet daher auch das Fazit der Reporter beim Thema Markenwirkung.

Und jetzt kommt die gute Nachricht: Adidas-Klamotten müssen nicht teuer sein. Die günstigen Kopien aus Urlaubsländern wie der Türkei stehen den Originalen in der Qualität in nichts nach. Bei einer erneuten Straßenumfrage konnten mehr als die Hälfte der Teilnehmer echte nicht von nachgemachten Adidas-Produkten unterscheiden. Da half auch kein Fühlen, Durchleuchten oder Schnüffeln. Auch die Probe aufs Exempel im Testlabor zeigt: nichts zu beanstanden, weder beim Fake noch beim Original. Zwei Wochen intensiven Gebrauchs in den beiden Testfamilien brachte ebenfalls nicht die gewünschte Erkenntnis. Freizeitkleidung von Adidas ist also nichts Besonderes und seinen Preis nicht wert.

EM-Ball „Tango 12“ überzeugt im Test

Anders sieht es bei den Sportprodukten aus. Da hält Adidas, was es verspricht. Der für die Fußball-EM in der Ukraine designte Ball mit dem schnittigen Namen „Tango 12“ verhält sich so, wie sich ein guter Fußball verhalten sollte: er fliegt ins Tor. Das tun beileibe nicht alle Bälle. Die testenden Fußballer, die gegen einen Torwart-Roboter antraten, kürten den „Tango 12“ einstimmig zum Sieger, obwohl sie nicht wussten, welche Bälle sie da vor sich hatten (alle Bälle waren rot angemalt). Genauso überzeugend präsentierte sich der teure Jogging-Schuh von Adidas. Bequem und gut gefedert, meinten die Testläufer. Ein wahres Laufwunder, bestätigte der Sportmediziner. Denn die Läufer machten mit dem Adidas-Schuh unbewusst längere Schritte, liefen also energieeffizienter. Obwohl die ARD-Reporter damit die Qualität der Adidas-Sportprodukte erwiesen hatten, bewerteten sie diese nur als „gut“.

Offenbar kommt kein weltweit erfolgreiches Unternehmen ohne billige Arbeitskräfte in Dritte-Welt-Ländern aus, die es auch noch miserabel bezahlt. So auch nicht Adidas. Von einer Jacke, die im deutschen Einzelhandel 80 Euro kostet, gingen 10 bis 20 Cent an die Näherin in Puerto Rico, schätzt eine Expertin. Und tatsächlich: Rosa, Mutter eines Sohnes und Arbeiterin bei einem Adidas-Zulieferer in Puerto Rico, verdient umgerechnet 135 Euro im Monat, bei einer 60-Stunden-Woche. Die Hälfte davon geht als Miete für ihr schäbiges Zimmer drauf, mit dem Rest unterstützt sie ihren Sohn, der beim Großvater auf dem Land lebt. Sie sieht ihn nur ein Mal im Monat, wenn sie sich die dreistündige Busfahrt leisten kann. „Der Lohn wird vor Ort festgelegt, aber der gesetzliche Mindestlohn ist unsere Richtschnur“, versichert Jan Runau, Pressesprecher der Adidas-Group. Nur dass eine vierköpfige Familie vier Mindestlöhne bräuchte, um über die Runden zu kommen. Aber das interessiert die Firmenleitung und auch die Kunden nur wenig. Mit den teuren Produkten von Adidas erkauft man sich also nicht automatisch ein gutes Gewissen.