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Wie Deutschland für einen Flüchtling Heimat wurde

Wie Deutschland für einen Flüchtling neue Heimat wurde

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Foto: Funke Foto Services
Arian Berisha kam als Kind nach Deutschland. Er schildert den langen Weg, den er gehen musste, damit Deutschland seine neue Heimat wurde.

Oberhausen. 

Es ist dunkel, kalt und dreckig. Eine Gruppe sich völlig fremder Flüchtlinge steht mitten in der Nacht in einem Waldgebiet an der deutsch-tschechischen Grenze.

Schleuser haben sie dort mit einem Bus hingebracht. Mittendrin steht der vierjährige Arian Berisha. Seine Familie ist auf der Flucht vor Armut und drohendem Krieg. Die Berishas kommen aus dem Kosovo und wollen nach Deutschland, nach Berlin. Ihr Weg führt sie zu Fuß über die Grenze – eine Nacht-und-Nebel-Aktion.

22 Jahre ist das nun her. Heute ist Arian Berisha in Deutschland zuhause und engagiert sich als Übersetzter an der Holtener Kastellschule für Flüchtlinge, die zurzeit in Deutschland Zuflucht suchen.

Arian Berisha erzählt Kindheitserinnerungen

„Wir hatten drei Koffer dabei, sonst nichts und kamen völlig verdreckt am Hauptbahnhof in Berlin an“, erinnert sich Berisha.

In seine Erzählungen vermischen sich eigene Kindheitserinnerungen und Erzählungen seiner Eltern. Mutter Nexhmije und Vater Nezir kamen mit Arian und dem einen Jahr jüngeren Bruder Emram nach Deutschland. Mit ihnen etwa 15 andere Flüchtlinge. „Die wurde von Freunden oder Familienmitgliedern, die bereits in Deutschland waren, am Bahnhof abgeholt. Wir standen dort, wussten nicht wohin und konnten kein Wort Deutsch“, erzählt der heute 26-jährige Berisha.

Deswegen will er jetzt denen helfen, die heute in Deutschland ankommen und auch Probleme haben, sich zu verständigen.

Die Kastellschule hatte aufgerufen, sich zu melden, um bei den Kontakten mit Eltern von Flüchtlingskindern zu helfen, die in die Willkommensklasse gehen. Berisha übersetzt Briefe und Anschreiben ins Albanische. „Ich bekomme eine E-Mail von der Schule mit einem Text und schicke den dann in albanischer Fassung zurück.“ Ganz einfach, aber ein große Hilfe.

Auch seiner Familie griff damals jemand unter die Arme. „Meine Eltern haben mir später erzählt, dass am Berliner Hauptbahnhof ein Taxifahrer auf uns aufmerksam wurde. Mein Vater hat sich mit Händen und Füßen mit ihm verständigt. Am Ende hat er uns in die Taxizentrale mitgenommen.“ Er hätte die Familie anschließend in ein Hotel eingebucht und einen Übersetzter organisiert. „So konnten wir Kontakt zu einer Tante in Bremen aufnehmen.“

Eltern haben in Castrop-Rauxel Asylantrag gestellt

Es ging von Berlin nach Bremen und eine Woche später weiter nach Castrop-Rauxel. „Dort haben meine Eltern den Asylantrag gestellt. Zweieinhalb Wochen haben wir zu viert in einem Raum gelebt.“ Von dort kam die Familie ins Asylbewerberheim Voerde. „Wir wurden geduldet, hätten theoretisch aber jeden Tag ausgewiesen werden können“, erinnert sich Berisha. Für die Eltern gab es keine Arbeitserlaubnis. Die Ungewissheit sei schlimm gewesen und habe im Alltag jeglichen Elan genommen. 15 Jahre ging das so, bevor es eine Aufenthaltsgenehmigung gab.

Arian Berisha ging währenddessen auf eine Hauptschule in Voerde. „Ich konnte meinen Eltern nichts zeigen, sie konnten mir bei Schulsachen nicht helfen. Ich war aufgeschmissen.“ Auch er hätte sich eine Hilfe wie die an der Kastellschule gewünscht, sagt er über seine Beweggründe, sich hier zu engagieren. „Ich habe das Gleiche erlebt, wie die Flüchtlingskinder heute.“ Damit auch sie am Ende richtig in Deutschland ankommen, so wie er es geschafft hat, hilft er ehrenamtlich. „Integration ist wichtig“, sagt Berisha.

Der Kosovar macht zur Zeit eine Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten der Wirtschaft und Verwaltung in Dinslaken. Später würde er gerne auch beruflich in einem Bereich arbeiten, in dem es um Integration geht. „Ich könnte meine eigenen Erfahrungen einbringen, ich weiß, wo die Probleme liegen“, sagt Berisha. Bis dahin hilft er an der Kastellschule denen, die gerade dort stehen, wo Berisha vor 22 Jahren in Berlin stand.