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Mülheimer Luftschiff fliegt nach Zerstörung durch Ela wieder

Luftschiff fliegt nach Ela-Zerstörung wieder

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Foto: WAZ FotoPool
Das Mülheimer Luftschiff der Westdeutschen Luftwerbung wurde durch Sturm Ela zerstört. Doch das Team will nicht aufgeben. Im Juli fliegt das Luftschiff wieder.

Mülheim. 

Theodor Wüllenkemper, Gründer der Westdeutschen Luftwerbung (WDL), ist seit knapp drei Jahren tot. Im Unternehmen am Flughafen aber ist er allgegenwärtig. An den Wänden hängen Porträts von ihm, ein Parkplatz trägt noch seinen Namen und sein Büro wurde nie neu bezogen. Eines aber, sagt WDL-Geschäftsführerin Barbara Majerus, die jahrzehntelang mit dem Macher zusammengearbeitet hat, habe sich nach dem Tod gewaltig geändert: Entscheidungen würden heute nicht mehr von oben herab gefällt. „Es spricht nicht mehr der Patriarch, es spricht das Team.“

Dieses Team, zu dem 30 Mitarbeiter zählen, war es denn auch, das sich in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni, in der Ela über die Stadt gefegt war, nach und nach voll Sorge am Flughafen einfand. Majerus, die das Unwetter zu Hause im Rumbachtal durchlitten hatte, war „mit Taschenlampe durch den Wald über umgestürzte Bäume gekrochen“ und hatte sich im Auto eines Bekannten weiter durchs Chaos gekämpft, um so rasch wie möglich zum Flugplatz zu gelangen. Von dort nämlich gab’s denkbar schlechte Nachrichten: Das Luftschiff, der Kern des Unternehmens WDL und zugleich ein Wahrzeichen Mülheims, war zerstört.

Zukunft stand auf dem Spiel

Die Zukunft von Majerus’ Team stand auf dem Spiel. „Als wir vor den Trümmern standen, fassungslos und zitternd, kamen selbst ausgewachsenen Männern die Tränen.“ Genau so wie Majerus selbst, als sie sich im WAZ-Gespräch an die Geschehnisse der Nacht erinnert. „Mir geht das noch immer unter die Haut“, sagt die 61-Jährige, die seit 1969 bei WDL ist und sich im Spaß als „heliumkrank“ bezeichnet, also als „völlig infiziert von der Luftschifffahrt“.

Bis 19 Uhr hatte sich das Luftschiff, ein sogenannter Blimp, am Himmel befunden. Der Blimp hatte Gäste transportiert, seine Banner-Werbung hoch oben über dem Revier verbreitet. Am Boden war er dann sorgsam an den rot-weiß gestreiften, 15 Meter hohen Mast auf dem Lastwagen gebunden worden, an dem er jeden Abend knapp über dem Boden schwebte. Niemand habe daran gedacht, ihn in die Halle zu bringen, so Majerus. Zwar habe man den Tag über das Wetterradar im Blick gehabt, „aber es sah aus, als ob sich der Sturm verzieht“.

Das Team wollte weitermachen

Es kam anders, und so geriet vor allem ein junger Wachmann in Gefahr, der während des Unwetters in der Gondel unter dem Luftschiff eingesetzt war. Er hatte den Druck in der Hülle zu prüfen, so, wie sonst auch üblich. Zum Glück, sagt Majerus, kam er rechtzeitig aus dem Schiff raus, „das Allerwichtigste war doch, dass wir keinen Personenschaden hatten“.

Beim Anblick des Sachschadens fragten sich Majerus, ihr Crewchef, der Kapitän und die vielen anderen, „die mit Herzblut dabei sind“: Wie bloß geht’s weiter? „Der Blick in die Zukunft war plötzlich finster“, erinnert sich die Chefin. Bis, ja, bis sie die nichts ahnende Eigentümerin des Luftschiffs, Inge Bachmann, anrief und sie mit der bitteren Wahrheit konfrontierte. Diese nämlich habe sogleich entschieden: „Wir machen weiter – was sonst.“ Da habe der Crewchef dem Kapitän zugerufen: „Siehste, habe ich doch gesagt, die Frauen haben Pfeffer“, erzählt Majerus lachend.

Komplett neue Hülle wird geliefert

Die Erleichterung war riesig, „wir haben uns gefreut wie Bolle“, und die Mannschaft habe alsbald die Ärmel hochgekrempelt: Die Hülle eines Schwesterschiffes wurde getestet. Letztlich aber habe man sich „aus sachlichen und wirtschaftlichen Gründen“ für eine neue Hülle entschieden, berichtet Majerus. Eine Ballonfabrik in Augsburg wurde kontaktiert, es wurde intensiv übers Material debattiert, eine Lösung gefunden.

In einigen Monaten nun wird eine komplett weiße, und nicht mehr silbernfarbene Hülle an die Ruhr geliefert, mit Gondel und Leitwerk versehen – und getestet. Mit Kosten von knapp einer Million Euro rechnet Majerus. Es war ein Schlag ins Kontor, „und ich bin wahrlich froh, dass 2014 zu Ende ist“. Im Juli, so hofft sie, könne man aber endlich wieder in die Luft gehen – natürlich mit dem Team.