Veröffentlicht inMülheim

Gibt es in der Stadt ein Korruptionsnetzwerk?

Gibt es in der Stadt ein Korruptionsnetzwerk?

Vor einem Jahr wurde der Geschäftsführer der städtischen Altenheime, Heinz Rinas, fristlos gefeuert. Persönliche Bereicherung und die Umleitung von Geld für ein privates Spendenprojekt in Mazedonien, das waren die bekannten Hauptvorwürfe, die Rinas bestreitet und gegen die er zivil klagt. Doch in Wahrheit geht es um viel mehr: Seit einem Jahr schon ermitteln eine fünfköpfige Sonderkommission „Ruhr“ des Landeskriminalamtes (LKA) und die Staatsanwaltschaft Duisburg gegen Rinas und 29 weitere Personen und Firmen, in Mülheim und anderswo. Der 56-jährige Ex-Geschäftsführer habe von 2010 bis 2013 ein „Korruptionsnetzwerk“ aufgebaut. Rinas’ Anwalt, der Jurist und CDU-Parteivorsitzende Andreas Schmidt, bestreitet das entschieden – und mit einiger Gelassenheit. Mehrfach bereits hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Duisburg beantragte Haftbefehle gegen Rinas und Durchsuchungen bei den 30 Beschuldigten abgelehnt, zuletzt am 12. März 2014. Begründung: Die Ermittlungsergebnisse spiegelten lediglich vage Anhaltspunkte und Vermutungen und seien insgesamt „wenig konkret“.

Das folgenschwere Wort vom Korruptionsnetzwerk ist in einem 105-seitigen Schriftsatz enthalten, den die Stadt Mitte September im Zuge der Wiedereinstellungs-Klage von Rinas beim Landgericht eingereicht hat, wie dessen Sprecher Bernhard Kuchler auf Anfrage bestätigte. Am Donnerstag erst informierte der Geschäftsführer der städtischen Beteiligungsholding BHM, Hendrik Dönnebrink, die Aufsichtsräte von Senioreneinrichtungen und BHM im Groben über diese Zusammenhänge. Schon das genügte, um einige Teilnehmer blass werden zu lassen.

Auf Basis der LKA-Ermittlungen, für die es inzwischen 30 Leitz-Ordner braucht, skizzierte Dönnebrink ein System, bei dem Lieferanten der Alteneinrichtungen Rinas’ über dessen Privatfirmen Beraterhonorare zukommen ließen; belegt angeblich durch Erkenntnisse der Steuerfahndung und untermauert durch etwas, das Dönnebrink „einen Glücksfall“ nennt: eine Kopie von Rinas’ Computer-Festplatte mit zigtausenden Mails. So steht auch fest, dass Rinas am Projekt „Examina“ mitverdient hat, bei dem rumänische Kranken- zu Altenpflegern umgeschult wurden. Das Vorhaben, das auch bei der Kündigung der Awo-Geschäftsführerin Adelheid Zwilling eine Rolle spielte, war von der Unternehmensberatung Aleha eingefädelt worden, die vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Peter Beitz und seiner Frau betrieben wird. Aleha erhielt dafür 150000 Euro Honorar – und Rinas’ Beratungsfirma Steinbeis im Gegenzug von Aleha 21000 Euro.

Weder Beitz noch Rinas bestreiten die Zahlungen, halten sie aber für normal. Rinas’ Firma, ein Ableger des renommierten Steinbeis-Instituts, habe die Zertifikate für die Teilnehmer der Umschulung erstellt und damit aufgewertet. „Das war völlig in Ordnung“, sagte Beitz. Und: „Davon wusste jeder in der Stadt. Das war kein Geheimnis.“

Für Dönnebrink und den Strafrechtler Volker Stuckmann, der die Stadt in dem Verfahren berät, ist der Vorgang nur einer von vielen und nur in einer Richtung zu deuten: ein Gegengeschäft; im Strafgesetzbuch gefasst unter den Paragraphen 266 und 31ff. Warum die Gemengelage, die das LKA aufbereitet habe, die Gerichte bislang nicht überzeugt haben, kann sich Stuckmann nur menschlich erklären: „Da hat man die Arbeit gescheut.“