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Schneespaß und Ski ohne Chichi

Schneespaß und Ski ohne Chichi

Die Bettmeralp im Kanton Wallis lockt vor allem Familien: mit Dutzenden Pisten und viel Gemütlichkeit

Möglicherweise möchte man ja gar nicht wissen, wieviele Eiffeltürme das Eis des Aletsch-Gletschers wiegt. Aber im kleinen „Eiswelt”-Museum auf 2643 Metern könnte man es erfahren. Und noch vieles mehr. Wenn Hans Wespi im Panorama-Restaurant nebenan über den Aletsch referiert, zieht ein Lächeln über sein Gesicht. „Es fasziniert mich immer noch, dass dieser Gletscher ständig in Bewegung ist”, sagt der 63-jährige Tourismus-Direktor am Ort und nippt an einem Glas Johannisberg, seinem Walliser Lieblingswein.

Eigenwerbung stinkt nicht, sie gehört zum Job. Und hier hallt ja auch der Besitzerstolz nach: Denn stolz sind sie in Bettmeralp auf ihren 23 Kilometer langen Brocken, der seit 2001 zum ersten Unesco-Welterbe der Schweizer Alpen gehört. Und der die Touristen anlockt: Zwischen ihm und dem 2000 Meter hoch gelegenen Bergdorf im Wallis breiten sich rund 50 Skipisten aller Schwierigkeitsgrade und Wanderwege auf über 150 Kilometern aus.

Zwei Drittel der Gäste kommen im Winter. Bis zu 5000 Besucher tummeln sich besonders an den Wochenenden in dem Örtchen, das offiziell gerade einmal 190 Einwohner zählt. „Unsere Zielgruppe sind vor allem Familien und die älteren Genießer”, fasst Hans Wespi zusammen. „Unsere Gäste kommen gerne, weil sie bei uns Mensch sein dürfen”, wirbt Gemeindepräsidentin Heidi Kreuzer.

Was die Dame sagen, will ohne es auszusprechen: Die Pelz- und Patek-Philippe-Fraktion bevorzugt mondänere Ziele wie Zermatt, St. Moritz oder Gstaad. Rösti statt Chateaubriand, Heidi statt Gucci: Nach Gourmethäusern mit livrierten Kellnern oder schicken Geschäften fahndet man vergeblich. Hier tragen die schmucken Chalets noch mit Recht Namen wie „Rotkäppli”, „Bergveilchen” oder „Hummeli”. Wer mit der Seilbahn hochkommt, findet Ruhe, Gemütlichkeit und viel Schnee.

Die Pistenraupen sind nicht nur auf den Hängen unterwegs, sie pressen den Schnee auch auf den Dorfstraßen fest. So sieht Winterurlaub aus. Zumal das Auto im Parkhaus im Tal bleiben muss. Der Verkehr besteht allein aus ein paar Elektrofahrzeugen, Schneemobilen und: Skifahrern. Denn die, und das ist der Clou, gelangen über die Hauptstraße zu ihren Hotels oder Ferienwohnungen. Mit den Brettern vor die Haustür zu fahren, selbst wenn man nicht direkt am Lift wohnt, das liebt der Skifahrer ganz besonders. Zumal er für einen Zwischenstopp zum Après Ski in Albi Minnigs „Mountain Rock Cafe´” nur einmal kurz bremsen muss. Mit vier Franken beziehungsweise 2,70 Euro fürs große Bier fühlt man sich dort keineswegs ausgeraubt. Wegelagerei ist in Skigebieten sonst verbreitet, und Hans Wespis Einschätzung, dass der starke Euro doch auch die Schweiz für den Deutschen preiswert mache, kann man selbst in Bettmeralp nicht uneingeschränkt teilen.

Zwar sind Skipässe (siehe Infokasten) und Unterkünfte günstiger als an den Schweizer Vorzeigeadressen, zu denen auch Klosters und Davos gehören. Aber umgerechnet 25 Euro für ein Cordon Bleu, wenn auch vom Kalb, ist nicht gerade ein Freundschaftsersuchen. Selbst wenn es so lecker schmeckt wie alle zarten Versuchungen, die Schweizer Hände produzieren.

Es geht natürlich preiswerter, sogar im Panoramarestaurant mit Traumaussicht auf die Viertausender: Spaghetti Bolognese für sieben Euro. Sicher kein kulinarisches Ereignis, von dem man noch Jahre später seinen Enkeln am Kaminfeuer berichtet. Aber ein echtes Skifahrer-Mittagessen.

Abfahrts-Junkies werden nicht gleich ins Schwärmen geraten, auch wenn die „Tunnelpiste” Nummer 57 am Bettmerhorn so steil ist, dass ein dickes Warnschild Hobbyschwinger bereits davon abhält, ihr Sturzrisiko drastisch zu erhöhen. Der größte Teil der Pisten ist blau und rot markiert, also leicht und mittelschwer, familiengerecht eben, allerdings keineswegs langweilig und meist auch mit ordentlicher Länge. Und als der Unkundige bei der Saisoneröffnungsparty am 12. Dezember im Sportzentrum sein Erstaunen über die Schneemengen ausdrückt, lächelt Hans Wespi wieder: „Ab November sieht es hier doch immer so aus.” Und übrigens: Das Eis des Aletsch-gletschers wiegt so viel wie 250 000 Eiffeltürme.