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Wasserkopf, zu wenig Leistung: Druck auf Verkehrsbündnis Via

Wasserkopf und wenig Leistung: Druck auf Verkehrsbündnis Via

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Foto: WAZ FotoPool
Die Verkehrsgesellschaften des Dreierbündnisses Via verursachen zu hohe Kosten, moniert die Bezirksregierung. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, betont Regierungspräsidentin Anne Lütkes.

Essen. 

Jetzt macht die Düsseldorfer Bezirksregierung Druck auf das Dreier-Verkehrsbündnis Via und die daran beteiligten Städte Essen, Mülheim und Duisburg. Die drei Verkehrsgesellschaften seien zusammen betrachtet einfach zu teuer. Chancen zu Kosteneinsparungen und Synergieeffekten würden nicht genutzt. Vor allem sei der Personalaufwand in der Verwaltung gegenüber der Mitarbeiterzahl für den laufenden Betrieb deutlich zu hoch. Heißt: Zu viel Bürokratie – und dafür vergleichsweise wenige Fahrer.

Regierungspräsidentin scheint der Geduldsfaden zu reißen

Nach dem jahrelangen Hickhack innerhalb der Via um die weitere Zusammenarbeit scheint der Regierungspräsidentin Anne Lütkes langsam der Geduldsfaden zu reißen. Sie fordert die Städte sinngemäß auf, die Köpfe zusammenzustecken und Via endlich aus der Krise zu bringen. Entweder durch eine „bessere Kooperation“ oder gar durch eine „Verschmelzung“ der drei Verkehrsbetriebe zu einem – nach dem Vorbild der Bochum-Gelsenkirchener Verkehrsgesellschaft Bogestra.

Pikant: Die Bezirksregierung ist nicht nur die technische Aufsichtsbehörde für den ÖPNV, sondern hat auch die Finanzaufsicht über Essen, Mühlheim und Duisburg. Deutlich weist die Regierungspräsidentin Anne Lütkes in ihrem Brandbrief an die drei Oberbürgermeister Dagmar Mühlenfeld (Mülheim), Sören Link (Duisburg) und Reinhard Paß (Essen) auf den Umstand hin, dass Essen und Duisburg am Stärkungspakt teilnehmen und Mülheim sich verpflichtet hat, seine Überschuldung abzubauen. Deshalb „scheint es nicht weiter vertretbar, offensichtlich vorhandene Konsolidierungspotenziale nicht auszuschöpfen“, mahnt Lütkes in ihrem Schreiben, das der NRZ vorliegt. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“.

Positives Beispiel Bogestra

Konkret: Die Via-Partner produzieren ihre Leistungen zu höheren Kosten als vergleichbare Verkehrsunternehmen in der Region, rechnet die Bezirksregierung vor. So lag der ÖPNV-Aufwand, der nicht durch die Einnahmen gedeckt ist, im Jahre 2013 bei 130,33 Euro pro Einwohner in Mülheim, Duisburg und Essen. Im Verkehrsraum der Städte Bochum, Gelsenkirchen, Herne, Witten und Hattingen waren es aber nur 84,76 Euro. Überhaupt wird die Bogestra als positives Beispiel hervorgehoben. Während dort der Anteil der Fahrer an der Gesamtbelegschaft 61,7 Prozent ausmacht, liegt er im Via-Bereich (insgesamt 3012 Mitarbeiter) lediglich bei 50,74 Prozent. Würde man den Bogestra-Personalschlüssel auf die Via umrechnen, ergebe sich für die drei Verkehrsbetriebe ein Personalüberhang von 136 Vollzeitstellen in den Werkstätten und weiteren 193 Stellen in den Verwaltungen.

Einer der Kernpunkte der Bezirksregierung ist dabei, dass es gar nicht vorrangig darum gehe, das Angebot für die Fahrgäste zu reduzieren, sondern die „Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung“ durchgreifend zu verbessern. Zwar wird von Investitionen abgeraten, aber nicht von solchen, „die direkt dem Betrieb, dem Erhalt oder der Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur dienen.“ Zurückhaltung fordert die Bezirksregierung bei der Personalbesetzung. Bewerber von außen sollten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zur „Erfüllung der Betriebspflichten“ unverzichtbar und Umsetzungen innerhalb des Via-Verbundes nicht möglich sind. Hiervon werden die Fahrer ausdrücklich ausgenommen.

Essens OB Reinhard Paß reagiert

Was ihre Leistungsfähigkeit angeht, wird der Evag im Hause des Regierungspräsidenten gar nicht mal ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Kritisiert wird vielmehr die fehlende Zusammenarbeit mit den anderen beiden Via-Partnern. Ein früheres Konzeptpapier der Evag, wonach die Kooperation auf eine „Minimallösung“ reduziert werden solle, hat bei der Bezirksregierung für Aufsehen gesorgt. Ein Auseinanderfallen von Via in noch „ineffizientere Einzelstrukturen“ müsse deshalb verhindert werden.

Wie geht es nun weiter? In Essen gibt es Überlegungen, Via als eine Art Dienstleister für die drei Muttergesellschaften umzukrempeln. Spruchreif ist noch nichts. Oberbürgermeister Reinhard Paß versucht derweil, die Regierungspräsidentin an seine Seite zu ziehen. Ja, er nehme ihre Kritik sehr ernst. Ja, er begrüße die von ihr angebotene Hilfestellung. Und überhaupt: Er selbst habe das Thema bereits im Rahmen der anstehenden Haushaltsgespräche bei der Bezirksregierung ins Gespräch gebracht.

Die Via ist längst Chefsache. Auch in Duisburg und Mülheim. Am 10. April wollen sich die drei Oberbürgermeister erneut zusammensetzen. Nach ihrem letzten Treffen im Januar war die gemeinsame Stellungnahme gerade mal 17 Zeilen lang. Ob es diesmal konkreter wird? Abwarten.

Kooperation mit Bogestra?

Für den grünen Verkehrsexperten Rolf Fliß ist entscheidend, dass eine wie auch immer neu gestrickte Struktur den ÖPNV voranbringt: „Ich könnte mit dabei auch eine Kooperation mit der Bogestra vorstellen“, sagte er. So eine Art Via-Ost.