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Warum Uni-Absolventinnen an Gesamtschulen helfen wollen

Warum Uni-Absolventinnen an Gesamtschulen helfen wollen

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Foto: FUNKE Foto Services
An den Gesamtschulen Nord und Bockmühle arbeiten drei Frauen für das Projekt „Teach First“ und fördern Schüler – dabei ist keine von ihnen Lehrerin.

Essen. 

Sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen zur Chancengleichheit verhelfen: Das hat sich die Organisation „Teach First“, deren Regional-Direktion in Essen sitzt, zur Aufgabe gemacht. Hochschulabsolventen werden als so genannte „Fellows“ an Schulen in sozial benachteiligten Stadtteilen eingesetzt. Dabei handelt es sich nicht um Lehramtsstudenten, sondern um Absolventen verschiedenster Fachrichtungen. Die „Fellows“ geben keinen normalen Unterricht, sondern fördern gezielt Schüler, bestreiten Projekte. Bewerbungstrainings, Sportkurse und andere Förderangebote stellen sie auf die Beine.

Drei neue „Fellows“ haben zum Schuljahres-Start in Essen ihren zweijährigen Dienst angetreten: Julia Söffner und Patrizia Sonntag arbeiten jetzt an der Gesamtschule Bockmühle in Altendorf, und die Gesamtschule Nord in Vogelheim wird unterstützt von Denise Schäfer.

Kindern und Jugendlichen Mut und Hoffnung schenken

Julia Söffner (34) hat einige Jahre in China verbracht, hat dort eine Art Regionalwissenschaften studiert, arbeitete zuletzt an einer Promotion in Berlin. „Ich wollte wieder mit Menschen arbeiten, nicht allein am Schreibtisch sitzen“, erzählt sie. „Da bin ich im Internet über diese Initiative gestolpert, der Gedanke daran hat mich nicht mehr losgelassen.“ An der Bockmühle will sie „Kindern und Jugendlichen, die die Hoffnung schon aufgegeben haben, wieder Mut geben und sie zum Ziel bringen.“

Denise Schäfer kommt aus Bredeney, ging aufs Goethe-Gymnasium, und sie gibt zu, dass sie vorher „noch nie“ in Vogelheim war, dem Stadtteil, in dem die Gesamtschule Nord liegt. Nach dem Abi ging sie nach Guatemala, studierte dann „Water Science“, Wasserwissenschaft, eine Art Chemie-Studiengang, hoch spezialisiert. „Ich hatte vorher ein Praktikum beim Ruhrverband gemacht, ich liebe es, im Labor zu arbeiten.“ Und warum jetzt Schüler im Essener Norden? „Ich wollte nochmal etwas Soziales machen.“ Auf einer Job-Messe stieß sich auf „Teach First“. „Das Konzept hatte mich sofort überzeugt.“ Ihre Haupt-Aufgabe an der Gesamtschule Nord wird es sein, so genannten „Seiteneinsteigern“, also Schülern ohne Deutschkenntnis, die Sprache beizubringen.

Patrizia Sonntag (23) ist nach wenigen Wochen an der Gesamtschule Bockmühle davon beeindruckt, „wie engagiert die Lehrer hier sind.“ Sie würden für ihre Arbeit tatsächlich brennen, „jeder will das hier, niemand will etwas anderes.“ Eigentlich hatte sie nach ihrem Studium der Medienwissenschaft vorgehabt, künftig mal Journalisten auszubilden – doch nach dem Bachelor „wollte ich erst mal arbeiten.“ Da sprang ihr „Teach First“ ins Auge, „es hat sich mir buchstäblich in den Weg gestellt.“

Die „Fellows“ werden regelmäßig geschult, bekommen auch Gehalt. Die gemeinnützige Initiative „Teach First“ entsendet seit 2009 „Fellows“ in Schulen. Im Schuljahr 2016/17 arbeiten über 160 solcher Absolventen in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen und NRW. Tendenz steigend.

Stadt und Stiftungen unterstützen das Projekt

„Teach First“ erhält Unterstützung vom Land, der Stadt Essen und von der Noweda-Stiftung, der Christoph-Metzelder-Stiftung, dem Lions Club „Assindia“, vom Eon-Konzern sowie von der RAG-Stiftung. So wurden erstmals drei „Fellows“ in Essen möglich.

Schuldezernent Peter Renzel plant, das Projekt auszuweiten und langfristig als „Teil der Bildungslandschaft“ in der Stadt zu verankern. Dazu bedürfe es weiterer Partner. Das Konzept von „Teach First“ bezeichnete Renzel als „einfach genial“