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Vor (fast) vollendete Tatsachen gestellt

Vor (fast) vollendete Tatsachen gestellt

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Foto: Foto:Moritz Stoffelshaus
Da mag die Stadt noch so oft beteuern, über eine mögliche Notunterkunft für Flüchtlinge in Unterfrintrop sei noch nicht abschließend entschieden – die Anwohner fühlen sich schon jetzt vor (fast) vollendete Tatsachen gestellt. Ein Kommentar von Jörg Maibaum.

Essen. 

Da mag die Stadt noch so oft beteuern, über eine mögliche Notunterkunft für Flüchtlinge in Unterfrintrop sei noch nicht abschließend entschieden – die Anwohner fühlen sich schon jetzt vor (fast) vollendete Tatsachen gestellt. Und so falsch liegen sie damit offenbar nicht. Alle Fakten sprechen für den Standort Im Neerfeld. Folglich ist das Vertrauen in die Verantwortlichen ramponiert. Reißen Politik und Verwaltung das Ruder nicht schnell herum, wird die öffentliche Meinung eine Richtung einschlagen, die niemandem recht sein kann.

Schon jetzt läuft die Sozialverwaltung Gefahr, durch einen Mangel an Information und Transparenz einen Raum zu schaffen für Ängste und diffuse Ressentiments. Nichts gelernt aus den Erfahrungen an der Lohstraße, möchte man meinen, als Knall auf Fall Roma in einer Turnhalle untergebracht wurden und Sozialdezernent Peter Renzel Besserung bei der künftigen Informationspolitik gelobte.

Rassistische Hetze

Jetzt bleibt ihm nicht mehr viel Zeit, um ein ehrliches Gespräch mit den Anwohnern zu führen, bevor sich die Fraktion der Rechtsaußen des Themas annimmt, um Kapital aus den Befürchtungen der Menschen vor Ort für ihre rassistische Hetze zu schlagen.

Die Frintroper Bürger sollten solcherlei Parolen nicht auf den Leim gehen, sondern vielmehr den Schulterschluss mit der Stadt üben und dabei ihr Recht auf ehrliche Informationen einklagen. Durchaus wahrscheinlich ist, dass sie am Ende dennoch für eine gewisse Zeit mit Flüchtlingen vor ihrer Haustür leben müssen. Das erfordert Toleranz und die vorhandene Bereitschaft der Stadt gleichermaßen, den Prozess einer vorübergehenden Nachbarschaft gemeinsam mit Anwohnern, Kirchenvertretern, Flüchtlingshelfern und – wenn nötig – auch der Polizei zu moderieren, damit eins allen erspart bleibt: Derart unsägliche Bilder, wie sie aus Berlin-Hellersdorf um die Welt gingen, oder von Nachtwachen aus Angst vor Übergriffen vor einem Roma-Haus in Duisburg – die wollen wir in Essen nicht sehen.