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Essen war Berthold Beitz zu einer zweiten Heimat geworden

Essen war Berthold Beitz zu einer zweiten Heimat geworden

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Foto: WAZ
Vor 30 Jahren erhielt Berthold Beitz den Ehrenring der Stadt Essen und umriss offen, ehrlich und ohne unnötige schmeichelnde Worte sein Verhältnis zu seiner zweiten Heimat. Diese Rede dokumentieren wir aus Anlass seines 100. Geburtstags, den er am 26. September gefeiert hätte. Am 30. Juli dieses Jahres starb Berthold Beitz.

Essen. 

Berthold Beitz wäre heute, am 26. September, 100 Jahre alt geworden, schon in Planung war eine große Feier. Es kam anders. Der Vorsitzende der Krupp-Stiftung verstarb am 30. Juli, nun kommen heute auf Villa Hügel 400 Gäste zusammen, um Beitz im Rahmen einer Trauerfeier die Ehre zu erweisen. Neben vielem anderen, war Berthold Beitz auch dies: ein überzeugter Stadtbürger, der 1953 nach Essen kam und im Laufe der Jahre zu Essen eine besondere Beziehung aufbaute. Öffentlich gemacht hat er dies im Dezember 1983, als der damalige OB Horst Katzor ihm den Ehrenring verlieh, die höchste Auszeichnung der Stadt. 2007 wurde Beitz wegen seiner überragenden Verdienste zusätzlich zu Essens einzigem Ehrenbürger ernannt.

Anlässlich der Ehrenring-Verleihung vor 30 Jahren hat Berthold Beitz im Ratssaal einen Rede gehalten, die offen, ehrlich und ohne unnötig schmeichelnde Worte sein Verhältnis zur Stadt Essen dokumentiert. Ein Nachdruck aus Anlass seines 100.Geburtstags.

Die Rede von Berthold Beitz:

„Für die hohe Auszeichnung, die mir heute zuteil wurde, möchte ich Ihnen, Herr Oberbürgermeister und dem Rat der Stadt Essen von ganzem Herzen danken.

Sie erfüllt mich mit besonderer Freude – und, ich gebe es gerne zu – auch mit Stolz, weil der erste Träger des Ehrenringes der Stadt Essen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach war. Die enge Verbindung zu seiner Heimatstadt und sein großes, nicht nur wirtschaftliches, sondern auch soziales und kulturelles Engagement für Essen kennen Sie alle. Die heutige Auszeichnung verstehe ich deshalb auch als eine Bestätigung für mich, das Vermächtnis von Alfried Krupp erfüllt, seine Ideen und seine Bemühungen für Essen erfolgreich weitergeführt und fortentwickelt zu haben.

Mir ist Essen, wie könnte es anders sein, – in 30 Jahren zu einer wirklichen zweiten Heimat geworden: Meine jüngste Tochter Bettina ist hier geboren und meine drei Töchter sind hier zur Schule gegangen. Essen ist die Stadt meiner beruflichen Lebensaufgabe. Und ich gestehe offen: Ich habe Essen gern und möchte auch hier meine Tage beschließen. Essen ist eine Industriestadt, eine Stadt in der Menschen arbeiten – aber in der sie auch leben und gut leben können. Dies war 1952 nicht immer so, als ich zum ersten Mal von Hamburg über Gladbeck hierher kam und alles noch in Trümmern lag. Heute aber hat sich unsere Stadt entwickelt und ist zu einer modernen Großstadt geworden, die dennoch ihr unverwechselbares Industriegesicht behalten hat.

Gewiss – ein Gesicht, in das man sich kaum auf den ersten Blick verliebt. Aber Essen ist ein Gemeinwesen, zu dem man im Laufe der Zeit eine Zuneigung zu empfinden vermag, die Bestand hat. Wie Menschen, so haben auch Städte, die ja mehr sind als die Ansammlung einzelner Häuser und darin lebender Menschen, einen Charakter. Wollte ich den Charakter von Essen beschreiben, so würde ich sagen: Essen ist eine ehrliche, verlässliche und in vielen Belangen liebenswerte Stadt, die sich durch eine einmalig schöne Umgebung auszeichnet. Essen hat viel mehr Reize als auswärtige Medien zu entdecken bereit sind.

Essen und Krupp sind ein Begriff. Die Verbindung Essens mit der Firma Krupp besteht beinahe 175 Jahre. Das Schicksal von Stadt und Firma – Aufstieg, Zerstörung und Wiederaufbau – waren über viele Jahrzehnte auf das engste verknüpft. Als Vorsitzender der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung bekenne ich mich zu der Tradition des Hauses Krupp. Ich sehe mich daher nicht nur in unternehmerischer Hinsicht als Sachverwalter Alfried Krupps, sondern versuche, auch das soziale und kulturelle Engagement fortzusetzen. Nach diesem Bekenntnis zu meiner zweiten Heimat möchte ich eine gedankliche Brücke schlagen zu meiner Heimat Pommern und damit zu Greifswald. Vor einigen Wochen wurde mir von der Ernst Moritz Arndt-Universität die Würde eines Ehrendoktors der Medizin verliehen. Diese hohe Auszeichnung durch die Universität meiner Heimatstadt und die heutige Ehrung durch die Stadt Essen sind herausragende Ereignisse in meinem Leben. (…)

Das Wohl der Stadt Essen wird mir weiterhin am Herzen liegen. Die mir heute verliehene hohe Auszeichnung empfinde ich als Ansporn, mich weiterhin für die Firma Krupp und damit für die Stadt Essen und die Bürger dieser Stadt mit allen Kräften einzusetzen.

Ich danke Ihnen.“