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Containern: Lohnt es sich, in ekligen Supermarkt-Tonnen zu wühlen? Ich habe es getan

Containern: Lohnt es sich, in ekligen Supermarkt-Tonnen zu wühlen? Ich habe es getan

Containern
Containern ist die symbolische Weltverbesserung. Naja, oder einfach das erfolglose Rumwühlen im Müll. Foto: Jana Gilfert
  • Rund 20 Tonnen nicht mehr „gute“ Lebensmittel werden in Deutschland jährlich weggeworfen
  • Um gegen die Verschwendung anzugehen, haben Menschen angefangen zu „containern“
  • Ich habe mich auf Abwege begeben und in Mülltonnen gewühlt

Essen. 

Hast du schon mal vom Containern gehört? Das bedeutet, aus den Mülltonnen der Supermärkte genießbare Lebensmittel zu ergattern.

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Für viele Deutsche ist es eher „Mülltauchen“. Lebensmittel aus Abfalltonnen? Ein Armutszeugnis! Ich bin weder obdachlos, noch arm – gehe aber trotzdem regelmäßig containern.

Morgens in der Auslage, abends in der Tonne

Warum das Ganze? Für ein kleines bisschen Weltverbesserung!

Trockenes Brot, angedötschte Radieschen oder zum Wochenende übrig gebliebener Kopfsalat: weg damit! In den Supermärkten sind sie nicht willkommen. In Frankreich wurde es den Supermärkten nun verboten, gute Ware wegzuwerfen – hier jeden Tag munter praktiziert.

Containern – eine urbane Erscheinung

Doch gerade die Y-Generation handelt wieder nachhaltiger: Fairtrade, verpackungsfrei, zu Fuß und fleischlos. In den Großstädten boomt die umweltfreundliche Lebensweise.

Und auch die vermeidbare Verschwendung der Lebensmittelindustrie ist ins Blickfeld gerückt. Containern wurde zum gesellschaftlichen Protest.

Auf (vielleicht illegalen) Abwegen für eine bessere Welt

Was sich so harmlos anhört, kann böse enden. Denn rechtlich gesehen, kann das Containern illegal sein – muss es aber nicht unbedingt.

„Mir ist in Essen kein Fall bekannt, der in den letzten vier Jahren strafrechtlich verfolgt wurde“, erzählt Polizeikommissar Pascal Schwarz-Pettinato. Jedoch könnten die Besitzer der entwendeten weggeworfenen Lebensmittel Anzeige wegen Diebsstahls stellen.

Strafverfolgung oder nicht – eine Gradwanderung

Die Staatswanwalt entscheidet dann darüber, ob der Diebstahl als geringfügig eingestuft wird und die Anzeige fallen gelassen wird.

Und das passiert nicht immer: in Deutschland wurden dafür schon Menschen zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Sollten die Tonnen nur über einen Zaun oder unzugängliches Gelände erreichbar sein, droht außerdem eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch.

Am besten nicht irgendwo drüber klettern und auch keine Schlösser zerstören!

Wenn die Tonnen abgeschlossen sind und aufgebrochen werden, handelt es sich um schwere Sachbeschädigung, die auf jeden Fall von der Polizei verfolgt werden muss.

Damit die Leute erst gar nicht containern gehen, haben viele Supermärkte ihre eigenen Strategien: Sie leeren Säure über die Lebensmittel aus oder verschnüren die Sachen, bevor sie in den Tonnen landen.

Container-Gruppen sagen dir, wo es Beute gibt

Das hindert mich trotzdem nicht an meinen nächtlichen Touren. Auch wenn ich schon mehrmals die Beine in die Hand nehmen musste, weil Leute im Dunkeln auftauchten.

So ganz ohne Plan hüpfe ich aber auch nicht raus! Ich habe mich vor meinem ersten Trip in Facebook-Gruppen schlau gemacht. Ich weiß Bescheid, wo die Tonnen abgeschlossen sind, wo kontrolliert wird.

Das erste Mal

Jetzt bin ich entspannt, beim ersten Mal war ich aber total aufgeregt. Zu zweit sind wir unterwegs gewesen, damit einer Wache stehen konnte, während der andere gewühlt hat.

Der Ekel war schneller überwunden als gedacht – auch wenn ich beim ersten Versuch direkt in einen total verschimmelten Salatkopf gefasst habe. Doch der Stolz über eine Staude Bananen siegte über die verdreckten Hände.

Ein Abendspaziergang, der Früchte trägt

Da ich kein Auto habe, bin ich immer zu Fuß unterwegs. Ein paar Beutel eingepackt und der Spaß kann losgehen. Der Discounter um die Ecke ist das reinste Paradies. Die Tonnen stehen direkt neben dem Gebäude – frei zugänglich vom Parkplatz aus.

Zwei große Container und zwei kleine Brot-Tonnen hat der Supermarkt – alle prall gefüllt. Mülltonnen auf, Händchen rein. Der Ekel schnell überwunden.

Fette Ausbeute für fünf Minuten wühlen

Ich musste nicht mal tief graben und hab direkt was gefunden: Drei Spitzpaprika, ein Blumenkohl, eine Orange, eine Paprika und eine Banane. Nicht die Welt, aber alles in Topqualität. Warum die Sachen verdammt wurden? Kein Schimmer!

Das ist nur die Ausbeute des oberflächlichen Wühlens. Nach größeren Supermarkt-Touren hatte ich schon viel mehr raus. Nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Süßigkeiten und Dosen-Produkte.

Die Moral der Geschichte

Klar – in Mülltonnen zu wühlen ist eine Übewindung, aber für mich lohnt es sich: Nicht nur finanziell, sondern auch moralisch. Mir geht es nicht primär um die Ersparnis, sondern um den Gedanken, Lebensmittel zu retten, die noch gut sind.

Seitdem ich das erste Mal containern war, handle ich insgesamt weniger verschwenderisch. Lebensmittel werden besser eingeteilt und aufgebraucht. Nichts soll mehr unnötig in der Tonne landen.

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