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Flüchtlinge als große Chance für die heimische Wirtschaft

Flüchtlinge als große Chance für die heimische Wirtschaft

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Foto: picture alliance / dpa
Die Kreishandwerkerschaft gibt Flüchtlingen mit einem Projekt eine Perspektiven auf Arbeit und Integration. Flüchtlinge machen Jobs, für die sich Einheimische nicht interessieren.

Duisburg. 

Sie kamen vor Monaten aus Syrien, aus Bosnien, oder aus Guinea; sie warten noch immer auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge; aber sie büffeln im Bildungszentrum der Kreishandwerkerschaft bereits emsig Vokabeln und Grammatik der deutschen Sprache.

Wenn alles klappt, können sie in ein paar Wochen eine Umschulung machen und sich zum Handwerksgesellen qualifizieren. Ein in der Bundesrepublik beinah einmaliges Projekt blitzschneller Integration in Gesellschaft und Wirtschaft, sagte Frank Bruxmeier, Geschäftsführer des Bildungszentrums Handwerk in Duisburg.

Am Dienstag kommt Oberbürgermeister Sören Link nach Neumühl, um sich vor Ort von dem Erfolg des mit Landesgeldern geförderten Integrationsprojektes zu überzeugen.

Optimistische Sicht

Denn Flüchtlinge sind für die Wirtschaft „eine große Chance“, sagte am Wochenende Ulrich Grillo, der nicht nur der Vorstandschef der Grillo-Werke in Marxloh ist, sondern bekanntlich auch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Diese optimistische Sichtweise wird von seinen Kollegen in der IHK, der Unternehmerverbandsgruppe oder in der Kreishandwerkerschaft durchaus so geteilt. Viele der Flüchtlinge seien jung, gut ausgebildet, hoch motiviert. Exakt solche Leute sucht die Wirtschaft – händeringend.

BDI-Chef Grillo: „Wir sind bereit, allen Asylsuchenden mit berechtigten Chancen auf ein Bleiberecht den raschen und zeitlich gesicherten Zugang zu Bildung und Arbeitsplätzen zu ermöglichen“, sagte er. Und Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbandsgruppe ergänzt: „Wir müssen vor Ort nun jene Flexibilität im Umgang mit Flüchtlingen unter Beweis stellen, die die Bundeskanzlerin zu Recht einfordert.“ Angesichts über einer halben Million offener Stellen bundesweit, könne die deutsche Wirtschaft motivierte Arbeitskräfte gut brauchen. Entgegen mancher Vorurteile, seien Qualifikationen bei vielen Flüchtlingen durchaus vorhanden. „Viele Syrer bringen zum Beispiel profunde berufliche Kenntnisse mit, die uns auch hier weiterbringen können“, sagt Schmitz. Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse müsse deswegen erleichtert werden.

„Lieber Flüchtlinge als rassistische Hetzer“

Und diese Botschaft hat Schmitz: Lieber Flüchtlinge als rassistische Hetzer an der Werkbank! „Unseren Betrieben ist jeder engagierte Flüchtling als Arbeitnehmer lieber, als ein Deutscher, der gegen andere Menschen hetzt.“ Die Weltoffenheit der deutschen Wirtschaft ist mit Fremdhass nicht vereinbar.

Schneller als andere im Land scheint die Wirtschaft den Wert der Zuwanderer zu erkennen. Sie können den Deutschen – ähnlich wie vor Jahrzehnten die Gastarbeiter – helfen, den Wohlstand zu erhalten oder zu vermehren.

Denn: „Die meisten von ihnen werden in Deutschland bleiben. Und wir bekommen mit Einheimischen unsere Lehrstellen und Facharbeiterstellen ohnehin nicht mehr besetzt. Es kommt keiner. Somit nehmen die Flüchtlinge auch niemandem etwas weg“, sagt Bruxmeier. Voraussetzung für alles sei jedoch die gute Kenntnis der deutsche Sprache. „Nach einem 9-Monats-Sprachkurs sind die aber gut drauf“, sagt er. 15 Flüchtlinge büffeln also derzeit in Duisburg seit dem 20. April Deutsch und werden danach allesamt in eine Umschulung gehen. „Zwei Jahre später können die arbeiten, statt Jahre mit Warten sinnlos zu vertrödeln und sich mit der deutschen Bürokratie um die Anerkennung ihrer Heimat-Abschlüsse herumzuplagen.“

Asylgesetz ändern

Ein Integrations-Modell, das derzeit in Deutschland noch seinesgleichen sucht, sagt Bruxmeier. Deswegen will er schon ab 1. Oktober 160 bis 180 neue Flüchtlinge in Position bringen. Dann aber nicht mehr mit Extrageld vom Land, sondern mit Regelleistung aus Berlin. Doch dafür muss das Asylgesetz geändert werden. Und zwar schnell, appelliert Bruxmeier an die Duisburger Bundestagsabgeordneten: „Helft uns dabei!“