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Ärger um den „Duisburger Appell“ zur Asylpolitik

Ärger um „Duisburger Appell“ zur Asylpolitik

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Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Service
Die Erklärung zur Asylpolitik sollte einen breiten Konsens erreichen. Warum nur Kirchenvertreter, Sozialverbände und SPD-Politiker unterschrieben.

Duisburg. 

Noch in der vergangenen Woche hatte Sieghard Schilling, Geschäftsführer des Diakoniewerks, moniert, dass der Flüchtlingspolitik in Duisburg „ein geistiger Überbau“ fehlt. Nun hat die Stadt, unter Federführung von Dezernent Reinhold Spaniel, einen „Duisburger Appell“ veröffentlicht.

Darin heißt es etwa: „Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Deshalb verpflichten wir uns, die Asylsuchenden auf dem Weg in eine sichere Zukunft zu unterstützen und in unserer Stadt willkommen zu heißen. Wir bitten die Duisburger Bürgerinnen und Bürger dabei um Unterstützung. Gemeinsam wollen wir auch weiterhin das weltoffene und tolerante Gesicht unserer Stadt zeigen.“

Allein: Die Erklärung, die Konsens für die weitere Politik sein soll, wurde nur von sämtlichen Sozialverbänden, Kirchenvertretern, Bezirksbürgermeistern und Politikern der SPD unterzeichnet. CDU, Bündnis 90/Die Grünen, die Linke und auch alle anderen im Rat vertretenen Parteien fehlen. Die CDU führt dafür inhaltliche Gründe an. Grüne und Linke wollen von der Erarbeitung des Duisburger Appells nichts gewusst haben.

Grüne und Linke nicht informiert

„Wir haben keine Einladungen zum Runden Tisch bekommen und die Verwaltung gibt uns keine Antworten zu unseren Fragen“, sagt Sait Keles verärgert. Er bearbeitet das Thema Asyl für die Grünen, hat beispielsweise ein eigenes Konzept entwickelt, ist dafür aber auf Informationen von der Stadt angewiesen.

Auch bei den Linken wundert man sich: „Wir haben in der Ratssitzung am Montag noch zwei Fragen zu diesem Themenkomplex gestellt. Es gab noch nichtmal einen Hinweis, dass so eine Erklärung in Arbeit ist“, wundert sich Ute Abraham, Geschäftsführerin der linken Ratsfraktion. Claudia Leiße, Fraktionsvorsitzende der Grünen, wundert die Informationspolitik nicht: „Wenn man sich die Unterzeichner anschaut, sind es vor allem SPD-Leute, die dort stehen.“

CDU fordert schnellere Abschiebungen

Der CDU geht der Duisburger Appell indes nicht weit genug. Aus dem Rathaus ist zu hören, dass es hinter den Kulissen erheblichen Abstimmungsbedarf bei den Formulierungen gab. Deshalb hat es auch einige Zeit in Anspruch genommen, den Appell so zu verabschieden, damit möglichst viele ihn unterzeichnen. Eine Stadtsprecherin kommt zu dem Schluss: „Schlussendlich zeigt die breite Resonanz einmal mehr, dass die Duisburger Stadtgesellschaft beim Thema Asyl zusammen steht.“

Das sieht CDU-Chef Thomas Mahlberg etwas anders. „Mit dem, was jetzt drinsteht, können wir leben. Wir wollten aber auch, dass der Hinweis ans Land aufgenommen wird, dass dort stärker vom Abschiebe-Recht gebrauch gemacht wird“, erklärt er, warum die CDU nicht zu den Unterzeichnern gehört. Eigentlich sei er davon ausgegangen, dass die Vorschläge der Christdemokraten noch aufgenommen würden.

Sieghard Schilling ist froh, dass es mittlerweile den Duisburger Appell gibt. Er kritisiert allerdings die Parteien: „Die CDU fischt am rechten Rand. Natürlich sind die Probleme durch diesen Appell nicht vom Tisch, aber die Haltung zum Thema Asyl ändert sich in der Gesellschaft.“

Der Duisburger Appell im Wortlaut 

Mit wachsender Sorge nehmen wir wahr, dass Millionen von Menschen als Flüchtlinge und Vertriebene in Europa und anderen Teilen der Erde auf der Suche nach Zuflucht und Zukunft unterwegs sind. Sie haben Heimat und Sicherheit verloren und sind von den Erfahrungen einer jahrelangen Flucht oft traumatisiert.

Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Deshalb verpflichten wir uns, die Asylsuchenden auf dem Weg in eine sichere Zukunft zu unterstützen und in unserer Stadt willkommen zu heißen. Wir bitten die Duisburger Bürgerinnen und Bürger dabei um Unterstützung. Gemeinsam wollen wir auch weiterhin das weltoffene und tolerante Gesicht unserer Stadt zeigen.

Wir sagen deutlich: Die Unterbringung von Asylsuchenden in Duisburg ist keine zeitlich befristete Aufgabe. Angesichts der weltpolitischen Lage gehen wir davon aus, dass wir auch in den kommenden Jahren gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen müssen, um Menschen auf der Flucht menschenwürdig und sicher in unserer Stadt unterzubringen, für ihre Integration in unsere Gesellschaft zu sorgen und ihnen Teilhabemöglichkeiten zu eröffnen. Dabei ist es eine der Hauptaufgaben, langfristigen Wohnraum für Asylsuchende zu schaffen.

Die zunehmenden Flüchtlingszahlen stellen die Stadt Duisburg vor große Herausforderungen. So muss die Stadt Duisburg noch in diesem Jahr Unterbringungsmöglichkeiten für bis zu 3.000 ankommende Flüchtlinge schaffen. Um diese Herausforderung zu bestehen, bedarf es der gemeinsamen Anstrengung all derer in Duisburg, für die das Menschenrecht auf Asyl mehr als ein Lippenbekenntnis ist.

Bund und Land soll Duisburg unterstützen

Gleichwohl ist die Stadt Duisburg in dieser Situation auch auf Unterstützung von außen angewiesen. Wir appellieren deshalb an Bund und Land, die Nothaushaltskommune Duisburg endlich nachhaltig finanziell zu unterstützen, um das Grundrecht auf Asyl umsetzen zu können. Dies kann und darf nicht allein kommunale Aufgabe sein!

Wir brauchen kostendeckende Pauschalen, um die finanziellen Möglichkeiten der Stadt Duisburg nicht weiter zu überfordern!

Wir brauchen eine solidarische europäische Politik, die die Fluchtursachen präventiv bekämpft und Perspektiven in den Herkunftsländern sichert oder schafft und Asylsuchende gerecht auf alle Mitgliedsstaaten verteilt!

Eine städtische Kultur des Willkommens gelingt nur durch Offenheit, Anteilnahme und Hilfsbereitschaft der Duisburgerinnen und Duisburger. Wir danken den zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Duisburg für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement für die Asylsuchenden und bitten die Duisburgerinnen und Duisburger, die Unterstützungsnetzwerke für eine offene und nachbarschaftliche Zivilgesellschaft fortzusetzen und weiter auszubauen.

Wir halten es für absolut inakzeptabel, wenn politische Parteien und Gruppierungen versuchen, die derzeitigen Probleme auf dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten der Stadtgesellschaft zur politischen Profilierung zu nutzen sowie Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen oder Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Insbesondere wenden wir uns gegen alle rechtsextremen und fremdenfeindlichen Aktivitäten und treten diesen gemeinsam entschieden und entschlossen entgegen. Wir fordern alle demokratischen Kräfte auf uns hierbei zu unterstützen!

Die Unterzeichner sind sich einig: Gemeinsam wollen wir weltoffen, tolerant, engagiert und solidarisch Flüchtlingen in unserer Stadt eine sichere Zuflucht und Perspektive bieten. Sie haben ein Recht hier zu sein.