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Der Geierabend zeigt in Dortmund die hohe Kunst der Carnigrafie

Geierabend bietet wieder Politik, Ruhrpott und Gaga

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Foto: Knut Vahlensieck
In knapp drei Wochen feiert der Geierabend seine 21. Premiere. Mit alten Bekannten und frischem Wind in den Segeln starten die schrägen Ruhrpott-Karnevalisten auf Zeche Zollern in Dortmund in die nächste Session. Ein wichtiges Utensil dabei: das Schnitzel.

Dortmund. 

Das Schnitzel ist ausgetrocknet und schon ziemlich verschrumpelt. Es hat die grobe Form des Ruhrgebiets. Martin Kaysh schaut es nachdenklich an. Irgendwann blickt er auf und sagt: „Das ist der demografische Wandel“.

Wer Martin Kaysh nicht kennt, hält ihn spätestens ab diesem Moment wahrscheinlich für ziemlich gestört. Wer ihn aber kennt, weiß, was dahinter steckt: der Geierabend. Skurril, bissig, irgendwie anders. Aber vor allem: lustig.

„Das Ruhrgebiet schrumpft ja immer weiter, das haben Studien belegt“, sagt Martin Kaysh alias der Steiger. Das Schnitzel in Revier-Form soll diese Entwicklung anschaulich machen. Carnigrafie nennt Kaysh diese Kunst. „Mal sehen, wie das Schnitzel nach 36 Vorstellungen aussieht. Also ich hab’ nix gegen Maden.“

Knapp drei Wochen dauert’s noch, bis der Ruhrpott-Karneval am 5. Januar auf Zeche Zollern wieder Premiere feiert. Zum mittlerweile 21. Mal. Vieles wird auch bei diesem Geierabend so sein wie immer.

Autorenkreis erweitert

Also, rein formal zumindest. Der Steiger wird mit dabei sein, die kettenrauchende Bandscheibe und die Zwei Vonne Südtribüne. Der Geierabend hat aber auch einen neuen Anstrich bekommen.

Denn zum ersten Mal hat die Geier-Crew ihren Autorenkreis erweitert. „Bisher haben alle, die auf der Bühne stehen, auch an den Texten gearbeitet“, sagt Regisseur Günter Rückert. Jetzt hat sich das Ensemble weitere Gagschreiber mit ins Boot geholt, die Comedy-Autoren der Kölner „Schreibstelle Süd“ zum Beispiel. „Wir wollten einfach mal eine neue Humorfarbe mit reinbringen“, sagt Martin Kaysh. „Das hat dem Programm unheimlich gut getan“, sagt auch Regisseur Rückert.

Politik, Ruhrpott und Gaga

Auch inhaltlich hat sich ein wenig was getan. „Na klar, wir werden wieder unsere drei Lieblingsthemen haben: Politik, das Ruhrgebiet und die Gaga-Nummern“, sagt Rückert Dieses Mal liege der Schwerpunkt aber eindeutig auf den politischen Themen – „schließlich ist in diesem Jahr auch unheimlich viel passiert, vor allem hier in Dortmund“.

Frischen Wind ins Ensemble bringt Neuzugang Benedikt Hahn. Der 27-Jährige wirkt schon bei den Proben so, als wäre er schon immer dabei gewesen. Problemlos wechselt er binnen kürzester Zeit zwischen schwulem Fußballfan und knallhartem Bundeswehrkommandanten, auf der Bühne ist er exzentrisch und sich für nichts zu schade – Hahn wirkt wie ein alter Hase unter den Geiern.

Neue Experimente

Neues Team-Mitglied, neue Autoren, mehr Politik – der Geierabend entwickelt sich, experimentiert, probiert neue Sachen aus. Ohne verkrampft innovativ zu sein. „Wir wollen uns auf unseren Lorbeeren nicht ausruhen“, sagt Regisseur Rückert, „und nicht das Risiko eingehen, irgendwann zu festgefahren zu sein.“

Auf der Bühne ist derweil die Probe eines Sketches zu Ende, und mit fragendem Blick schaut eine Dame des Ensembles hinunter zum Regisseur. „Sag mal, was passiert wenn der Sketch vorbei ist?“ Rückert geht in Richtung Bühne. „Naja“, sagt er, „ich nehm’ an, dann werden die Leute lachen und klatschen.“ Das werden sie. Ganz bestimmt.