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Piraten-Chefin Weisband findet Macht nicht sexy

Piraten-Chefin Weisband findet Macht nicht sexy

Sie war die „Vorzeigefrau“ der Piraten: jung, sympathisch,, redegewandt. Doch nun wirft Marina Weisband erst einmal die Brocken hin und gönnt sich eine Politik-Pause. Hier erklärt die junge Frau, warum sie jetzt diese Auszeit braucht.

Berlin. 

Sie ist das Vorzeigegesicht der Piratenpartei, will nicht abhängig sein von Politik und strebt nun, mit gerade 24 Jahren, eine Auszeit an: Piraten-Geschäftsführerin Marina Weisband will nicht mehr für das Amt kandidieren und stattdessen ihr Studium beenden.

Frau Weisband, warum ziehen Sie sich aus der Parteispitze zurück?

Marina Weisband: Es war von Anfang an geplant, dass ich das Amt erst mal ein Jahr mache. Durch den Erfolg der Piraten musste ich zuletzt 80 bis 90 anstatt 30 Stunden pro Woche arbeiten. Das ist neben dem Studium, das ich erst beenden will, zu viel.

Hat Sie die Doppelbelastung überfordert?

Weisband: Nein. Aber ich war in letzter Zeit immer öfter krank. Das wird für die Partei unberechenbar.

Sie gelten als der Vorstand der Herzen. Wie empfinden Sie den Hype?

Weisband:

Ich ignoriere ihn und lese kaum Artikel über mich selbst. Es ist gar nicht so schlecht, erst mal wieder an der Basis zu arbeiten. Dann wird die Partei auch durch andere Gesichter vertreten und ich gewöhne mich nicht so an den Medienrummel. Davon will ich nie abhängig werden.

Finden Sie Macht sexy?

Weisband:

Kein Stück. Macht ist viel Verantwortung. Sexy ist eher die öffentliche Beachtung.

Graut Ihnen vor dem Leben als Berufspolitiker?

Weisband: Ich will kein Politiker werden, der abhängig von der Politik und seinem Posten ist. Das führt zu Unehrlichkeit und Korruption. Ich habe nichts dagegen, später von der Politik zu leben. Aber ich brauche eine Alternative.

Die wäre?

Weisband:

Ich würde gern als Psychologin arbeiten.

Sind Politiker, die nie etwas anderes gemacht haben, schlechte Politiker?

Weisband:

Meiner Erfahrung nach sind die Politiker besser, die vorher einen Job hatten. Wer nie etwas anderes gemacht hat, verliert schnell den Bezug zur Realität.

Wie hat die Politik Sie verändert? Gab es Deformationsprozesse?

Weisband:

Nein, ich bin nicht härter oder verschlossener geworden. Zudem habe ich Freunde gebeten, mich zu beobachten. Noch immer höre ich auf jede Kritik. Das wundert mich selbst. Insgesamt habe ich unglaublich viel gelernt, wie man Politik gestaltet, wie das funktioniert. Das möchte ich nun verarbeiten. Vielleicht schreibe ich es auf.

Muss sich die Partei eine neue Vorzeigefrau suchen?

Weisband:

Nein, das ist Quatsch. Ich bin auch nie die Vorzeigefrau gewesen. Mich auf mein Geschlecht zu reduzieren, ist widerlich. Es wird meiner Rolle nicht gerecht. Das Geschlecht sollte in der Politik keine Rolle spielen.

Brauchen die Piraten eine Frauenquote?

Weisband:

Das ist Unsinn. Wir könnten die Quote nur im Vorstand einführen. Doch der hat bei den Piraten nichts zu sagen, dort gibt es rein verwalterische Ämter. Eine Quote wäre also reinste Symbolpolitik, deswegen hätten Frauen nicht mehr zu sagen.

Können sie sich heute eine Rückkehr an die Parteispitze vorstellen?

Weisband:

Ja, aber jetzt mache ich ein Jahr Pause und baue ein Fundament für mein Leben. Dann kann ich als unabhängigere Person zurückkehren.

Was war ihr positivstes und negativstes Erlebnis?

Weisband:

Die Unterstützung durch die anderen Piraten war sehr positiv. Nicht schön war, dass ich um den Jahreswechsel Drohbriefe bekommen habe. Teilweise ging es darum, dass ich Jüdin bin, die die Piratenpartei „unterwandert“.

Wie haben Sie reagiert?

Weisband:

Ich habe mit meinem Freund darüber gelacht und die Rechtschreibfehler in den Briefen korrigiert.