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Ärzte in spe werden zwangsweise aufs Land versetzt

Ärzte in spe werden zwangsweise aufs Land versetzt

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Foto: Volker Hartmann/ Funke Foto Services
Die Ärzteausbildung der Ruhr-Universität Bochum wird auf Kliniken in Minden ausgeweitet. 60 Studenten sollen per Losverfahren versetzt werden.

Bochum. 

Der Ärztemangel auf dem Land hat nun auch die Stadt erreicht. Präziser: die Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität. Diese soll ein Puzzleteil zur Lösung des großen Ganzen beitragen.

Ursprünglich hatte die Landesregierung Bielefeld als medizinisches Ausbildungszweitstandbein der Ruhr-Universität in Ostwestfalen-Lippe (OWL) auserkoren. Der Befund dahinter: dort ausgebildete Ärzte könnten sich in der Region niederlassen und die offene Wunde des Mangels wenigstens in Teilen bandagieren. Die Operation missglückte, der Patient erblickte aber als Alternative Minden das Licht des Endoskops.

Dort soll das „Bochumer Modell“ nun angewendet werden. Dieses sieht ein Studium bis zum sechsten Semester an der RUB vor; mit anschließender Krankenhäuser-Kooperation. Diese Kooperation wird just auf vier in Ostwestfalen-Lippe beheimatete Kliniken ausgeweitet.

60 Freiwillige werden gesucht

Konkret heißt das, dass Medizinstudenten des Wintersemesters 2013/14 sich nach dem Ablegen des ersten medizinischen Staatsexamens, auch Physikum genannt, künftig für einen klinischen Platz an der Ruhr-Universität bewerben müssen. Diese klinische Ausbildung dauert drei Jahre. An sie schließt das zweite Staatsexamen und schließlich das praktische Jahr an. 186 Plätze wird die Ruhr-Universität den derzeit 246 Studenten dafür zur Verfügung stellen.

Im Umkehrschluss: 60 Studierende werden nach Minden „transplantiert“ werden müssen. Sollten keine 60 Freiwilligen gefunden werden, wird ein Losverfahren – das sich an dem der Studienplatzvergabe orientieren soll – über die Köpfe der „Medizinmigranten“ entscheiden. „Konkrete Angaben gibt es dazu bislang noch nicht“, so eine Sprecherin der Medizinischen Einrichtungen.

Studenten sehen sich benachteiligt

Dies stößt bei vielen Studenten, die sich bewusst für die Region entschieden haben, bitter auf. „Ich fühle mich übel hintergangen“, sagt Matthäus Klaus, Student im vierten Semester. „und ziehe in Betracht, die Uni nach dem Examen zu wechseln.“ Etliche Kommilitonen diagnostizieren ähnlich, nachdem sie auf einer eigens einberäumten Infoveranstaltung über ihre Zukunft aufgeklärt wurden. Da diese zukünftigen „Mindener“-Studenten formal weiterhin an der Ruhr-Uni immatrikuliert wären, müssten sie auch weiterhin hier ihren Studienbeitrag leisten. Etwaige Leistungen, wie Mensen, Kulturangebote oder Hochschulsport könnten dann nur bedingt in Anspruch genommen werden.

Die medizinische Fachschaft, als Vertretung der Studierenden, tastet in Verbindung mit der Universitäts-Verwaltung derweil ab, ob vergleichbare Vergünstigungen und Strukturen als Anreiz in OWL zu schaffen sind. Strukturen, die stadtaffine Studenten in landaffine Ärzte transformieren.