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Weltmeisterin Krahn arbeitet nebenbei im Museum

Weltmeisterin Krahn arbeitet nebenbei im Museum

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Foto: Matthias Graben/Funke Foto Services
Fußball-Nationalspielerin Annike Krahn bastelt an ihrer zweiten Karriere. Sie ist ein Star bei Olympia, in der Bundesliga – und bei Gruppen-Führungen im Fußballmuseum Dortmund.

Dortmund. 

Der Nachmittag beginnt mit einem Geständnis. „Die frischen Fingerabdrücke auf der Vitrine sind von mir“, ruft Annike Krahn einer Reinigungsfrau im Deutschen Fußballmuseum zu. Die beiden plaudern. Man mag sich. Auch wenn die Nationalspielerin ihre Hände auf das polierte Glas gepatscht hat. Wieder einmal. Denn dahinter liegt gut geschützt das Ding, das sie so oft zeigen muss. Ihre Bronzemedaille, geholt bei den Olympischen Spielen 2008. Eine Leihgabe für die Ausstellung und so etwas wie ein Arbeitsplatzvermittler. „Als mich das Museum um ein persönliches Exponat gebeten hat, habe ich mich erstmals mit dem Haus beschäftigt. Ganz ohne Hintergedanken“, sagt die 31-Jährige und lacht. Denn nicht nur ihre Auszeichnung ist in das Museum gewandert, sie selbst ist gleich mitgegangen. Seit Ende vergangenen Jahres arbeitet Annike Krahn in der neuen Touristenattraktion, die einen strammen Freistoß vom Dortmunder Hauptbahnhof entfernt liegt.

Im Deutschen Fußballmuseum ist Krahn so etwas wie eine Auswechselspielerin

Nicht regelmäßig zwar, aber so oft es ihr enger Trainings- und Turnierplan zulässt. In der Nationalmannschaft hat sie einen Stammplatz, im Museum ist sie so etwas wie eine Auswechselspielerin. Mal sitzt sie im Büro, mal ist sie bei Kindergeburtstagen im Einsatz, meistens begleitet sie Führungen. Sie, die Weltmeisterin. Die Frau mit den mehr als 130 Länderspielen. Die DFB-Pokalsiegerin und Europameisterin. Wenn sie so etwas macht, ist das in etwa so, als wenn ein Mats Hummels neben seiner Karriere noch Stadtrundfahrten durch München begleiten würde.

Annike Krahn hat sich noch nie auf den Fußball verlassen. Nach dem Abitur hat sie Sportwissenschaften studiert, Schwerpunkt Management. Drei Jahre in der französischen Liga, bei Paris Saint-Germain, hat sie genutzt, um Französisch zu lernen. „Anfangs musste ich mich mit Händen und Füßen verständigen. Ich war noch nie ein Sprachtalent“, sagt sie. Und jetzt ist sie perfekt? „Oui!“ Klingt überzeugend. So gut ist sie jedenfalls, dass sie auch französische Gruppen durch die Ausstellung führen kann.

Annike Krahn lebt wieder in Bochum

Das Ruhrgebietskind wohnt jetzt wieder in seiner Heimatstadt Bochum und spielt für Bayer Leverkusen in der Bundesliga. Seit zwölf Jahre ist die Expertin für kompromisslose Zweikämpfe auf höchstem sportlichen Niveau im Einsatz. Sie zieht mit dem Nationalteam um die Welt und sorgt als Abwehrchefin dafür, dass sich der Frauenfußball weiter emanzipiert. Vieles hat sie zu erzählen und das macht sie auch gerne, wenn sie Museumsbesucher mitnimmt auf eine Reise vorbei an rund 1600 Ausstellungsstücken dieses Ballfahrtsortes. Annike Krahn drückt auf Knöpfe, erweckt Tore von Paul Breitner oder Andreas Brehme zum Leben und zeigt auf ein verdurstetes Stück Rasen, den Elfmeterpunkt aus dem WM-Finale 1990 („Ja, müsste mal wieder gegossen werden“).

Mit ihren 31 Jahren arbeitet die Nationalspielerin noch nicht auf ihren Abschied vom aktiven Fußball hin. „Aber ich bin froh, ein zweites Standbein aufzubauen“, sagt sie. Einen wichtigen sportlichen Termin hat sie direkt vor Augen: die Olympischen Spiele. Am Mittwoch fliegt Krahn mit der Nationalmannschaft nach Brasilien. „Viel mehr kann man als Sportler nicht erleben.“ Erklärtes Ziel: „Wenn ich zu einem Turnier fahre, möchte ich gewinnen.“

Fazit: Bis zum 19. August nimmt das Fußballmuseum keine Anfragen für eine Führung mit Annike Krahn an. Das ist der Tag des olympischen Endspiels.