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Parakanut Volker Briel und sein Traum von Tahiti

Parakanut Volker Briel und sein Traum von Tahiti

Parakanut Volker Briel startet bei der WM in Moskau, die am Mittwoch beginnt. Nach einer Schuöterverletzung heißt sein Ziel in Russland: den Endlauf erreichen. Viel lieber noch würde der 61-Jährige allerdings in der Südsee fahren.

Mülheim. 

Volker Briel war acht, als er sein erstes Boot bekam. Ein Schlauchboot. Er war so stolz, dass er es in seinem Zimmer aufstellte und nachts darin schlief.

Heute ist Briel 61 Jahre alt und sein Boot Weltmeister. Aufblasen kann man es allerdings nicht mehr. Es ist ein „Va’a“, ein Boot mit Ausleger. In ihm fuhr der Brasilianer Caio Ribeiro de Carvalho 2013 in Duisburg zum WM-Titel über 200 Meter. Der Mülheimer konnte wegen einer komplizierten Schulterverletzung selbst nicht starten und „Caio hat mich gefragt, ob ich ihm meins leihen kann“.

Briel und Ribeiro de Carvalho sind Parakanuten. Eine Sportart, die 2016 in Rio erstmals paralympisch wird. Sie treten in der leichtesten Schadensklasse an. Briel fährt seit drei Jahren, ist Teil des Nationalkaders und startet an diesem Mittwoch bei der WM in Moskau.

Briel kam nach einem schweren Motorradunfall zum Paddeln. „Das war im Juli 1977“, erzählt er, „ich bin bei einem 24-Stunden-Rennen in Barcelona mitgefahren. Damals gingen die Rennen noch mitten durch die Stadt. Plötzlich bekam der Franzose neben mir einen Blackout. Wir stürzten. Dabei ist mein Bein abhandengekommen.“ Eingeklemmt zwischen Motorblock und Bordsteinkante, war sein rechtes Bein zertrümmert. Der Unterschenkel musste amputiert werden.

Doch Briel ließ sich nicht bremsen. Im November 1977 erhielt er seine Prothese, wenige Monate später startete er mit dem Motorrad auf dem Nürburgring. Hemmungen, wieder zu fahren, hatte er nie. „Angst machen Menschen nur Dinge, die sie sich nicht erklären können. Ich weiß, warum das passiert ist, dass es nicht meine Schuld war.“

Prothese im Turnschuh

Dass ihm ein Bein fehlt, damit geht Briel offen um. In einem bunten Turnschuh steckt seine blaue Prothese, auf der sich ein Drache schlängelt. „Mein Prothesenbauer ist schon daran gewöhnt“, sagt er, „normalerweise trage ich auch noch bunte Socken.“ Verstecken wollte sich Briel nie. „Das ist wohl eine Mentalitätsfrage.“

1999 kam Briel zum Wassersport. Mit ehemaligen Handball-Kumpels begann er im Drachenboot zu fahren. Heute fährt er auch dort im Nationalteam, hat zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Trainerin Birgit Plank internationale Erfolge gefeiert. Da beim Parakanu im Va’a eine ähnliche Technik gefragt ist, macht er einfach beides. Seinen Oberarmen glaubt man, dass sie das auch mit 61 noch schaffen.

Chancen auf den WM-Titel rechnet sich Volker Briel nicht aus. Nach seiner Schulterverletzung konnte er erst im März ins Training einsteigen. England, Brasilien, Tahiti – dort fahren die Größen seines Sports. Briels Ziel für Moskau: Den Endlauf erreichen. Und die Paralympics? Vorerst kein Thema. Sein Traum ist eine Regatta auf Tahiti. Im Ursprungsland des Va’a-Bootes.