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Junge Schwedin kämpft sich auf den Armwrestling-Thron

Junge Schwedin kämpft sich auf den Armwrestling-Thron

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Foto: dihei
Früher wurde Sarah Bäckman (20) wegen ihres Gewichtes in der Schule gehänselt. Die Schwedin begann mit einem eisenharten Training – und ist heute sechsfache Weltmeisterin im Armwrestling. Auf der Fibo in Essen möchte sie junge Frauen dazu ermutigen, an ihre Ziele zu glauben.

Essen. 

Sarah Bäckman sieht man ihr eisenhartes Training an: 1,74 Meter. Kein Gramm Fett. Trainierte Arme. Schlicht: eine durchweg gestählte Figur. Die 20-Jährige lässt sich derzeit bei der Fitnessmesse „Fibo Power“ in Essen im Akkord mit Besuchern fotografieren. Sie lächelt selbstbewusst in Kameras. Am Tresen ihres Sponsors, ein Hersteller für Fitnessernährung, ist sie das begehrte Fotomotiv. Kein Wunder: Die Blondine mit dem langen Zopf ist sechsfache Weltmeisterin im Armdrücken.

Die junge Frau aus Stockholm sieht aus als wäre ihr der Hang zum körperlichen Perfektionismus in die Wiege gelegt worden. Dabei musste Sarah noch vor fünf Jahren arg kämpfen. Gegen abwertende Blicke ihrer Mitschüler. Gegen spöttelnde Rufe. Tägliche Hänseleien. „Damals hatte ich keine Freunde und überhaupt kein Selbstbewusstsein“, sagt sie. „Mein Übergewicht hat mich total verunsichert. Ich habe mich nicht wohl gefühlt in meiner Haut.“

Organisierter Sport mit eigener Bundesliga

Armdrücken, oder besser Armwrestling, wie das Kräftemessen als Sportart bezeichnet wird, ist längst professionell organisiert und hat mit einem plumpen Kneipenvergnügen nicht viel gemeinsam. Es existieren Vereine, Ligen und Meisterschaften. In Deutschland gibt es seit 2008 eine Bundesliga. Turniere werden in Gewichtsklassen gegliedert. Linke Hand, rechte Hand – ein Unterschied. Es zählt nicht nur Kraft, sondern auch Technik und Taktik. Der Griff muss sitzen, selbst kleinste Handwinkel können über den Sieg entscheiden. Ende Mai finden die Europameisterschaften in Danzig statt.

Es war ein besonderer Tag, der ihr Leben schlagartig veränderte: „Den 19. November 2006 werde ich nie vergessen!“ Sarah lächelt. An diesem Tag ermutigte sie ein Lehrer, bei einem Armdrückturnier in der Schule mitzumachen. Ein Vorschlag, der Sarah zunächst mit der Stirn runzeln ließ. „Ich wusste damals gar nicht, dass Armdrücken ein Sport ist.“ Und es war für die 14-Jährige kein einfacher Schritt, an den gepolsterten Turniertisch zu treten und den Gegnerinnen in die Augen zu schauen. Doch Sarah kämpfte sich durch. Und siegte völlig überraschend. „Das war nach all dem Ärger ein unglaubliches Gefühl.“ Und bedeutete: Schluss mit dem schüchternen Mädchen!

Armwrestling spielt die Hauptrolle im Leben

Sarahs Weg führte fortan nicht mehr ins einsame Jugendzimmer, sondern in die Trainingshalle. Krafttraining. Gesunde Ernährung. Bewusstsein für den eigenen Körper. Denn der ist komplett gefordert: Nicht nur die Arme, sondern der gesamte Oberkörper wird trainiert. „Mein Lehrer hat mir geraten weiterzumachen. Und heute: Ta-da, bin ich hier!“

20 Kilogramm hat sie verloren. Bringt momentan um die 65 Kilogramm auf die Waage. Sarah ist jetzt am Drücker. Wenn sie die Geschichte erzählt, klingt der Stolz über den Lebenswandel heraus. Jede Anekdote wirkt wie Balsam für eine verletzte Seele. Bis zum großen Happyend mit eigener Zufriedenheit und: den großen Meistertiteln.

Sechsfache Weltmeisterin und noch immer Ziele

Sarah legt den Kopf zur Seite und fährt auf: schwedische Meisterin. Europameisterin. Vier Mal Junioren-Weltmeisterin. Zwei Mal Senioren-Weltmeisterin. Dazu kommen etliche Spitzenpositionen in der Weltrangliste. „Ich möchte einfach immer die Beste sein“, sagt sie. Es klingt nicht nach Größenwahn, sondern nach einem Stück Normalität. Denn der Sport hat längst die Hauptrolle in ihrem Leben eingenommen.

Sie arbeitet als Personal-Trainerin. Sarah möchte etwas von dem gewonnenen Selbstbewusstsein weitergeben. Gerade an junge Mädchen. Die Zahl der Interessentinnen steigt. „Auch wenn Armdrücken vielleicht nicht als typische Sportart für Frauen gilt, kann es dir doch so viel geben: Stärke, Fitness und ein gutes Lebensgefühl. Ein Gefühl, dass du etwas erreichen kannst.“

Jungen Frauen Selbstbewusstsein geben

„Motiviert bleiben“, das gibt sie auch den Frauen mit auf den Weg, die sie bei der Fibo treffen. Die sich Autogramme abholen. Oder eben mit ihr für ein hastiges Foto posieren. „Training macht nicht immer Spaß“, weiß Sarah. „Das Schwierigste ist, motiviert zu bleiben.“ Ihr Geheimrezept: „Ich denke an meine Konkurrentinnen, die gerade trainieren. Dann mache ich sofort weiter!“

Armdrücken. Und dann noch für Frauen. Vorurteile gibt es natürlich auch. „Meine Familie hat mich von Anfang an unterstützt“, sagt Sarah – und rollt zugleich mit den Augen. „Natürlich gab es auch einige Idioten, die gesagt haben: Das wird sowieso nichts!“ Gerade das habe sie aber besonders motiviert. „Ich bin dankbar dafür! Das hat mich nur stärker gemacht!“