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Bochums Sportvorstand Hochstätter setzt auf die Jugend

Bochums Sportvorstand Hochstätter setzt auf die Jugend

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Sportvorstand Christian Hochstätter vom VfL Bochum blickt im Interview zurück und voraus. Foto: Udo Kreikenbohm / WAZ FotoPool
Sportvorstand Christian Hochstätter vermisst beim Fußball-Zweitligisten VfL Bochum Konstanz und Effektivität. Im großen Interview äußerte sich Hochstätter zur Zukunft der Talente Lukas Klostermann und Henrik Gulden – und verriet, ob Michael Görlitz nach Bochum kommt.

Bochum. 

Vor dem Saisonfinale in der 2. Bundesliga mit den Spielen bei 1860 München (Sonntag, 4. Mai, 15.30 Uhr, live in unserem Ticker) und gegen den Karlsruher SC (Sonntag, 11. Mai, 15.30 Uhr, live in unserem Ticker) blickte Sportvorstand Christian Hochstätter vom VfL Bochum im Gespräch mit Michael Eckardt und Ralf Ritter zurück – und voraus.

Das 1:4 gegen Bielefeld war ein Tiefpunkt, den man so schnell wohl nicht abschütteln kann. Wie ist die Gemütslage vor den letzten beiden Partien?

Christian Hochstätter: Wir haben uns den Saisonverlauf anders gewünscht, aber wir haben uns selbst in diese Situation gebracht. Jetzt müssen wir alles daran setzen, den Sack zuzumachen in den letzten beiden Spielen. Dem Minimalziel Klassenerhalt hat sich jeder unterzuordnen. Wir sollten nicht nach Kaiserslautern oder Bielefeld schauen, wir müssen uns ganz auf uns konzentrieren. Deshalb fahren wir auch ins Trainingslager, um uns optimal vorzubereiten.

Niederlagen wie gegen Sandhausen und Bielefeld, das sind Nadelstiche, die richtig weh tun.

Hochstätter: Natürlich schmerzen diese Spiele. Grundsätzlich zeigt die Mannschaft in dieser Saison zwei Gesichter. Gegen Aue, Kaiserslautern oder Köln hat sie ein ganz anderes Gesicht gezeigt als gegen Bielefeld. Wir hatten allerdings schon solche Spiele wie gegen die Arminia, auch gegen Cottbus hätten wir zur Pause deutlich hinten liegen können. Bei uns ist stets alles möglich, in der einen oder anderen Richtung. Damit befassen wir uns.

Wie erklären Sie sich diese großen Leistungsschwankungen?

Hochstätter: Ich bin der Auffassung, dass das in erster Linie eine mentale Geschichte ist, und mentale Stärke gehört auch zur Qualität eines Spielers. Auswärts oder gegen Mannschaften, die höher bewertet werden, haben wir meist gute Ergebnisse erzielt. Aber wir tun uns schwer, wenn wir selbst der Favorit sind, vor allem zu Hause. Nur vier Heimsiege zu holen, das ist nicht ausreichend. Die Konstanz ist eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale, die fehlt uns. Wir haben zu hohe Ausschläge, gegen Bielefeld hat ja praktisch die ganze Mannschaft neben den Schuhen gestanden. Und davor haben wir in Köln 60 Minuten guten Fußball gezeigt. Das Agieren fällt uns nach wie vor weit schwerer als das Reagieren. Bis jetzt ist es uns leider nicht gelungen, dies zu ändern.

Kann man dafür Gründe benennen?

Hochstätter: Wenn man in 32 Spielen nur 29 Tore schießt, ist das ein Punkt. Wir sind im Torabschluss nicht konsequent genug, das betrifft nicht nur die Stürmer, wobei man die Angreifer natürlich auch an ihren Toren misst. Wir spielen uns durchaus Chancen heraus, aber in der Effektivität müssen wir besser werden. Zudem laufen wir oft unseren eigenen Fehlern hinterher, müssen viel Aufwand betreiben. In der Rückwärtsbewegung dagegen hat das Kollektiv meist funktioniert, lange Zeit waren wir in dieser Richtung die konstanteste Mannschaft, haben sehr kompakt gespielt.

War es im Nachhinein ein Fehler, Ken Ilsö kurz nach der Winterpause laufen zu lassen?

Hochstätter: Wenn man eine Entscheidung trifft, muss man auch dazu stehen, egal wann. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es richtig war. Ken hat sich nicht mehr zu 100 Prozent mit dem Klub und seinen Zielen identifiziert. Es macht keinen Sinn, einen Spieler zum Bleiben zu überreden, der nicht richtig bei der Sache ist.

Angenommen, der Klassenerhalt gelingt. Aufsichtsrats-Vorsitzender Hans-Peter Villis hat gesagt, die Mannschaft werde in der kommenden Saison ein anderes Gesicht haben. Neun Verträge laufen aus. Das klingt nach einem personellen Umbruch.

Hochstätter: Wir sollten jetzt nicht darüber diskutieren, wie die Mannschaft 2014/15 aussehen wird. Es wäre aus meiner Sicht fatal, mich jetzt über einzelne Spieler zu äußern und zugleich volle Konzentration für die letzten beiden Spiele zu fordern. Dass uns der eine oder andere verlassen wird, das ergibt sich auch aus Altersgründen schon. Grundsätzlich wollen wir den Kader etwas verkleinern. Welche Spieler kommen, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Natürlich aber arbeiten wir längst daran und haben bereits viele Gespräche geführt.

Michael Görlitz soll sich nun gegen Bochum und für St. Pauli entschieden haben. Stimmt?

Hochstätter: Zu uns kommt er jedenfalls nicht. Wir haben gute Gespräche mit ihm geführt und hätten ihn gerne geholt. Aber er hat sich für etwas anderes entschieden.

So denkt Sportvorstand Christian Hochstätter über den VfL-Nachwuchs 

Lukas Klostermann hat uns zuletzt beeindruckt. Wie sieht es mit der Zukunft junger Spieler beim VfL Bochum aus?

Hochstätter: Lukas Klostermann, der gerade sein Abitur macht, und Henrik Gulden hätten wir gerne in der nächsten Saison im Kader. Bei beiden sind wir sehr zuversichtlich, dass es klappt. Weitere Talente aus unserer eigenen, sehr gut aufgestellten Nachwuchsabteilung haben wir im Blick, von den B-Junioren etwa U-Nationalspieler wie Görkem Saglam, Dawid Zwick oder Gökhan Gül, um nur drei Beispiele zu nennen. Die Talente zu fördern und zu fordern, das ist die Gegenwart und die Zukunft des Vereins. Und die jungen Spieler sollen nicht nur eine Perspektive haben bei uns, wir wollen sie auch auf dem Rasen sehen. Auch bei Neuverpflichtungen werden wir schon verstärkt aufs Alter schauen.

Bayer Leverkusen, Eintracht und der FSV Frankfurt melden ihre U23-Teams ab, setzen ganz auf die A-Jugend und Ausleihen. Soll sich auch in der U23 beim VfL etwas ändern?

Hochstätter: In dieser Saison geht es darum, die Regionalliga zu halten. Es bleibt konzeptionell dabei, dass wir vor allem junge Spieler von uns in der U 23 integrieren wollen, einige – wie Luthe, Fabian, Bulut oder Aydin haben ja den Sprung über die U 23 zu den Profis geschafft. Aber wir machen uns natürlich auch Gedanken, wie wir die U23 weiterentwickeln können, das ist nicht zuletzt auch ein Kostenfaktor. Den Altersschnitt weiter zu senken, ist sicherlich eine Idee. Allerdings braucht man auch ein paar Erfahrene, um in der Regionalliga konkurrenzfähig zu sein.

Peter Neururer, dessen Vertrag bis 2015 läuft, gilt als Trainer, der auch in Liga zwei mehr auf Erfahrung setzt, nach dem 1:4 gegen Bielefeld gab es erstmals deutlich hörbare Neururer-Raus-Rufe. Gehen Sie mit Neururer in die kommende Saison?

Hochstätter: Jan Gyamerah, der leider fast nur verletzt war, hat zwei Einsätze, Lukas Klostermann sieben, Onur Bulut neun, Fabian Holthaus vier, Henrik Gulden einen; bis auf Bulut könnten die alle noch A-Jugend spielen und haben trotz der schwierigen Saison und Situation bereits gespielt. Wenn mir da einer kommt und sagt, die Jugend wird nicht berücksichtigt, dann verstehe ich das nicht. Grundsätzlich gilt: Es geht hier um den VfL Bochum, nicht um Peter Neururer, Christian Hochstätter oder sonst jemanden. Der Klub steht über allem, dem hat sich jeder unterzuordnen. Es ist eine Ehre und jeder sollte froh darüber sein, für diesen Verein arbeiten zu dürfen. Das ist das A und O. Danach können und werden wir die Saison mit allen in Ruhe analysieren und unsere Schlüsse daraus ziehen.

Könnten dann auch Spieler den Verein verlassen, die noch bis mindestens 2015 unter Vertrag stehen?

Hochstätter: Bisher gibt es keine Anfragen. Auch von den Spielern ist noch keiner an uns herangetreten mit der Bitte um einen vorzeitigen Abschied von uns. Das gilt auch für die an Heidenheim und Halle ausgeliehenen Spieler. Stand jetzt gehen wir davon aus, dass Smail Morabit und Sören Bertram am 1. Juli wieder bei uns sind.