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Aufstieg und Fall des ehemaligen Schalker Schatzmeisters Höffken

Aufstieg und Fall des ehemaligen Schalker Schatzmeisters

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Foto: Horstmueller
Seit dem 7. Juli 2011 sitzt der Attendorner Unternehmer Rüdiger Höffken in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Bochum verdächtigt ihn des mehrfachen Betrugs, des mehrfachen Bankrotts, der Untreue und Steuerhinterziehung. Ebenfalls im Visier der Staatsanwaltschaft seine Ehefrau Monika und weitere Personen, die der Beihilfe verdächtigt werden. Noch in diesem Monat soll Anklage erhoben werden.

Attendorn. 

Höffkens Karriere beginnt mit einer Ausbildung zum Kaufmann bei der Firma Muhr und Bender in Attendorn. Während eines Urlaubs in Frankreich fällt ihm auf, dass man dort Reifen viel billiger kaufen konnte als in Deutschland. Das ist der Anfang von „Reifen Höffken“. Die ersten Reifen werden in der Garage am ­Elternhaus in Neu-Listernohl verkauft, nach ein paar Jahren wird eine Halle im Industriegebiet Biggen gebaut. Das ­Geschäft mit billigen Reifen aus Holland und Belgien läuft gut. Höffken verdient Geld und zeigt es auch.

1974 hatte er den Schritt vom reinen Reifen-Handel zum Komplettrad gemacht. Bei ihm bekam man die berühmten „Alus“. Leichtmetallräder, mit denen gebrauchte Kadetts und Golfs aufgemotzt werden und für die die Kundschaft bereit ist, viel Geld auszugeben. Das ist zu dieser Zeit die Quelle des Höffken-Reichtums, er macht Mode für Autos. „Von mir“, so sagte er damals, „bekommen die Jungs die Optik.“ Weil aber nicht ­alles, was gut aussieht (breit und tief), auch beim TÜV bestehen kann und deshalb eigentlich unverkäuflich ist, greift Höffken in die Trick­kiste. Die Jungs kriegen „breit und tief“ und der Fahrzeugschein einen TÜV-Stempel, eben nur nicht vom TÜV, sondern, wie es ein Ex-Mitarbeiter nannte, „von Dr. Sommer“.

Die Stempel-Geschichte bleibt aber episodisch, sie bremst seinen Aufstieg nicht. Höffken wird schnell zur Nummer 1 des sogenannten Aftermarkts, erntet Reichtum, aber wenig Anerkennung, zumindest in Attendorn. Dort eher Spott. Ein Jahr nach seiner Verurteilung wegen der gefälschten TÜV-Stempel wird Höffken Prinz Karneval. Der Prinz wird bejubelt, gelacht wird über die gefälschten TÜV-Plaketten, die hinter dem Prinzenwagen tanzten. Der Prinz findet es nicht so witzig.

Bau einer Villa

In den 80ern fließt das Geld in Strömen. 1985 lässt er sich für einen siebenstelligen Betrag eine Villa bauen, die die Anwesen des alteingesessenen Attendorner Industrie-Adels wie Hüttchen erscheinen lässt. 1991 kauft er für 300 000 Mark ein an der Grenze seines Grundstücks gelegenes älteres Haus und lässt es abreißen. Die Bude stört die Optik. Eine Abrissgenehmigung hatte er nicht, der Kreis Olpe donnert ihm ein Bußgeld von 95 000 Mark auf. Höffken klagt und hat vor Gericht eine große Klappe. Der Richter legt noch 5000 Mark drauf. Jetzt soll er 100 000 Mark bezahlen. Höffken beleidigt den Richter und zahlt. Aber nicht wie angekündigt mit Lkw und in Fünf-Mark-Stücken.

Aber das ist nur noch Provinz. Höffken spielt mittlerweile in einer anderen Liga. In der Bundesliga. Er ist Schatzmeister des FC Schalke 04. Als Sponsor steigt er 1987 ein, Trikotsponsor ist er 1988/89 und 1989/90. In diesem Zusammenhang wird aus „Reifen Höffken“ das griffige RH Alurad, weil „Reifen Höffken“ auf Trikots im Fernsehen kein Mensch lesen kann. Höffkens Amtszeit in Königsblau fällt zusammen mit der Regentschaft des Klinikbesitzers Günter Eichberg. Schalke will nach drei Jahren zweite Liga wieder nach oben, Eichberg und Höffken wollen zeigen, dass sie außer Krampfadern und Felgen auch noch Bundesliga können.

Karriere im Kölner Karneval

Mitte der 90er ist der wirtschaftliche Erfolg zurück. Höffken dreht auf. Porsche 959, Günter Netzers Ferrari F40, ein BMW M1 – in seiner Garage steht, was exklusiv und teuer ist. Seine Frau Monika knüpft beim Einkaufen Kontakte mit der solventen Kölner Gesellschaft, außerdem machen sie jetzt nicht mehr Urlaub am Wörthersee, sondern auf Sylt. Einem kleinen Haus im Süden der Insel folgt etwas Repräsentatives in Kampen, das angeblich sechs bis sieben Millionen Mark gekostet haben soll. „Das Geld hast du doch gar nicht“, sagt ein Freund. „Wird schon gehen“, antwortet Höffken.

Muss gehen, denn zurückstecken geht bei Höffkens nicht mehr. Schon gar nicht im Kölner Karneval. Wer das Ziel hat, ins Dreigestirn aufzurücken, darf nicht knausern. Aber die Weichen sind gestellt: Höffken feiert in der Großen Braunsfelder und in der Prinzengarde, Monika mit den Colombina Colonia. Vieles „geht“ über die Schweiz. Dort gibt es Firmen, die heißen RH-Alurad Suisse (mittlerweile Pneu Service Lyss), Alurad Suisse Design (ebenfalls in Lyss), ICW Suisse (La Chauix-de Fonds) und Atticus (Appenzell). Geführt werden die Unternehmen von dem Schweizer Treuhänder Werner V. sowie Höffken selbst und/oder seiner Frau. Das Prinzip: Gewinne und Werte (vor dem Haus auf Sylt wehte eine Schweizer Fahne) werden in die Schweiz transferiert, RH Alurad in Deutschland muss leiden.

Steuerfahndung bekommt Tipp und ermittelt

Aber Höffken hat zu viele zurückgelassen, die ihm nicht mehr wohlgesonnen sind. Die Steuerfahndung bekommt einen Tipp und ermittelt. 2006 wird er Bauer im Kölner Dreigestirn, 2008 wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung, einer Geldstrafe von 150 000 Euro und Begleichung der Steuerschuld verurteilt. Die RH-Gruppe sei spätestens 2007 in derart massive ­finanzielle Schwierigkeiten geraten, dass die im Oktober 2008 eingetretene Insolvenz unausweichlich und für die Beschuldigten auch absehbar gewesen sei, heißt es in den Papieren des Bochumer Staatsanwalts Jürgen Brandt. Er ermittelt wegen des Verdachts des mehrfachen Betrugs, des mehrfachen Bankrotts, der Untreue und Steuerhinterziehung gegen die Genannten. In seinem Auftrag durchsuchte die Polizei am 7. Juli 2011 Büro- und Privaträume Höffkens.

Denn den „massiven finanziellen Schwierigkeiten“ der RH-Gruppe mit der abschließenden Insolvenz steht die extrem erfreuliche Entwicklung der Attendorner ICW (International Complete Wheels) gegenüber. Sie expandiert mächtig. ICW-Gesellschafter sind Monika Höffken und der alte RH-Wegbegleiter Christoph Hoffmann. Rüdiger Höffken arbeitet auf Stundenbasis als Designberater. Die ­genauen Zusammenhänge zwischen RH Alurad und der ICW wird wohl ein Prozess klären müssen, die Anklageschrift soll noch in diesem ­Monat zugestellt werden.

In Köln wird Karneval in diesem Jahr ohne Rüdiger Höffken gefeiert, in Attendorn nicht. Das Motto der Gruppe „Wir sind Wir“: Prinz in Attendorn, Bauer in Köln und Jungfrau im Knast.