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Jupp Heynckes und Bayern München feiern – „Teamgeist wie diesen noch nie erlebt“

Heynckes hat „Teamgeist wie diesen noch nie erlebt“

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Foto: getty
Nach dem Erfolg und Titelgewinn in Wembley feierten Jupp Heynckes und seine Bayern beim Bankett im Grosvenor Hotel in London. Heynckes übergibt nach dieser herausragenden Saison seinem Nachfolger Pep Guardiola beim FC Bayern eine „perfekt funktionierende Mannschaft“.

London. 

Jupp Heynckes hat getanzt in der Nacht. Aber das Haar des Trainers war natürlich bis in die Spitzen hinein diszipliniert. Es hat keine Bewegung, es hat keine Regung gezeigt. Und wenn es ganz allein nach ihm gegangen wäre, wenn ihn der alte Weggefährte Hermann Gerland nicht mit diesem ruppigen Reviercharme an die eigene Sterblichkeit erinnert hätte („auch mal die Sau rauslassen“), dann wäre Heynckes vielleicht

einfach

zu Bett gegangen nach diesem Champions-League-Sieg von Wembley, nach diesem 2:1-Triumph über Borussia Dortmund, der seinem Eintrag im Geschichtsbuch einen starken, einen gegen das Vergessen anarbeitenden Schlusssatz hinzufügte. Heynckes, er stand beim Abschied über allen, er stand allein auf dem Gipfel.

Der BVB muss sich nach der Münchener Super-Saison 2012/2013 verneigen

Andere aus dem Bayern-Tross waren ausgelassener unterwegs beim Bankett im Grosvenor Hotel, das in London nicht weit entfernt vom Buckingham Palace angesiedelt ist und von dem man auch schnell hätte hinüber kommen können zum naturhistorischen Museum, wo die Dortmunder in eine immerhin angenehm temperierte Party eintauchten. Der BVB war aber kein Thema. Der BVB, der sich in den vergangenen beiden Spielzeiten als Stachel im Fleische der Roten erwiesen hatte, musste gratulieren, musste sich vor dem Super-München der Saison 2012/2013 verneigen – danach: abgehakt die missliche Angelegenheit; „endlich, endlich, endlich“, wie Philipp Lahm befand.

Der Kapitän meinte nicht nur den herausgezogenen schwarzgelben Stachel. Er machte auch klar, dass er neben dem Erfolg für den in den vergangenen drei Jahren zweimal ohne Henkelpott aus einem Endspiel der Königsklasse entlassenen Klub auch Einzelschicksale im Blick hatte. Unter anderem: sein eigenes. „Wenn man eine goldene Generation sein will, dann muss man Titel gewinnen.“

Bayerns Rummenige optimistisch vor DFB-Pokalfinale gegen Stuttgart

Bedeutende Titel. Titel wie diesen. Es herrscht ja Arbeitsteilung bei den Bayern. Lahm, der Kapitän, er findet immer die richtigen Worte. Bastian Schweinsteiger, der Vize-Kapitän, er findet immer die richtigen Gesten. Er schafft es immer, das, was der Kollege wohlfeil daherplaudert, körpersprachlich korrekt darzustellen. Erleichterung, überschäumende Freude. Schweinsteiger hat sich im Stadion die Champagnerflasche gegriffen und ist mit Feierbiest Thomas Müller durch die Katakomben gezogen. Der stets ohne Mundschutz operierende Müller hat dabei den Journalisten zugerufen: „Hier kommen die Führungsspieler, die eigentlich keine sind.“ Und Schweinsteiger, der als Chefchen Diskreditierte, grinste dazu und haute rein, was rein passte. Auf mich. Auf uns.

Beim Bankett ging es weiter, immer weiter. Selbst der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge funktionierte in gerade mächtig aufgeforsteter Mia-san-mia-Manier das Berliner Olympiastadion, in dem am Samstag eine Partie gegen den VfB Stuttgart anliegt, in eine Ausnüchterungszelle um: „Im Pokalfinale haben wir auch mit 1,8 Promille eine Chance.“ Bedeutet: Die Bayern sind die Herrscher der Welt. Oder sie sind die Herrscher Europas, was nach europäisch-bajuwarischem Selbstverständnis ungefähr auf das Gleiche hinausläuft.

Guardiola übernimmt beim FC Bayern ab kommender Saison Perfektion

Matthias Sammer hat dann verkündet: „Das war ein super Anfang, aber wir haben noch einiges vor.“ Über den Sinn dieser Aussage wurde eine Zeitlang gerätselt. Möglicherweise dachte der Vorstand Sport des FCB an die Gründung einer bayerischen Dynastie, in der die Thronbesteigung eine Sache der Erbrangfolge wäre. Doch nicht nur, weil er nicht mehr dabei sein kann, nicht mehr dabei sein darf, wird es Heynckes nicht gekümmert haben. Der Trainer lenkte Lobhudeleien von sich ab. Er drückte Freude darüber aus, dass seine „Weltklassespieler, die vielleicht auf ihren Positionen die Besten der Welt sind“, sich endlich, endlich, endlich einen fetten Pott sichern konnten. Er erwähnte Lahm und Schweinsteiger, er erwähnte Franck Ribéry und Arjen Robben, den Last-Minute-Siegtorschützen. Er erwähnte aber auch anders als die Rummenigges und Sammers in die Jahre gekommene Akteure wie Daniel van Buyten und Anatolij Timoschtschuk: „Ich habe einen Teamgeist wie diesen noch nie zuvor erlebt.“

Seinem Nachfolger übergibt der respektvolle Heynckes – Achtung: Stolz – eine „perfekt funktionierende Mannschaft“. Und Pep Guardiola wird mit diesem Druck, der aus erwiesener Perfektion erwächst, zurechtkommen müssen. In München ist das nicht einfach, das weiß man. Uli Hoeneß, der Präsident, sagte noch: „Ich freue mich sehr für Jupp Heynckes. Es ist ein unglaublicher Abschluss für ihn, zumindest hier in München.“ Meinte? Was auch immer. Nachdem Hoeneß Freund Heynckes 1991 aus dem Amt bugsiert hatte, bereute er es anschließend zumindest sehr, sehr, sehr.