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Klopp trennt sich vom BVB: „Ein großer Kopf muss weg“

Klopp trennt sich vom BVB: „Ein großer Kopf muss weg“

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Jürgen Klopp verlässt den BVB zum Saisonende. Foto: dpa
BVB-Trainer Jürgen Klopp und Borussia Dortmund haben ihre Trennung bekanntgegeben. Im Sommer endet die Zusammenarbeit nach sieben Jahren.

Dortmund. 

Auf Wunsch lässt sich die Kapazität des Presseraums im Signal-Iduna-Park auf das Doppelte vergrößern, wenn eine Trennwand beiseite geschoben wird. In der Regel ist dies vor Partien des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund nicht der Fall, eher vor Champions-League-Spielen. Aber an diesem Mittwochmittag war eben doch mehr Platz angesichts des auf der Hand liegenden Themas bei der kurzfristig einberufenen Gesprächsrunde vonnöten: Die Nachricht, dass Jürgen Klopp BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke um eine Auflösung seines bis 2018 laufenden Vertrags gebeten habe und den BVB zum Saisonende verlassen werde, hatte ein Beben in Fußball-Deutschland ausgelöst.

BVB-Trainer Jürgen Klopp verlässt Borussia Dortmund

Um kurz nach halb zwei bestätigte Vereinsboss Watzke sichtlich bewegt dies: “Wir haben in den letzten Tagen auf Initiative von Jürgen einige Gespräche geführt und dann die gemeinsame Entscheidung getroffen, dass der Weg, den wir sieben Jahre mit unglaublichem Erfolg gegangen sind, am Ende der Saison zu Ende ist.”

Rumms, das saß: Das verflixte siebte Jahr also ist es, das nicht nur viele Ehen scheidet, sondern eben auch diese Liebesbeziehung zwischen einem Fußballtrainer und seinem Verein. “Es hat nichts mit der sportlichen Situation zu tun”, sagte Klopp, der Kontakte zu anderen Vereinen ebenso verneinte wie die Idee, in einem Sabbatjahr wie Pep Guardiola neue Kräfte schöpfen zu wollen: “Der Name Klopp war in diesem Verein relativ groß und wurde nie der eigentlichen Bedeutung des BVB gerecht. Das konnte man nicht mehr ändern. Der Verein muss aber die Möglichkeit haben, großartiges Potenzial zu nutzen, ohne von der eigenen Vergangenheit in der Entwicklung blockiert zu werden. Dazu muss ein großer Kopf weg – und das in diesem Fall meiner. Vielleicht ist das eben der Fluch der guten Tat.”

BVB und Klopp – das gehörte lange zusammen

Erst im Oktober 2013 hatte der 47-Jährige seinen Vertrag um fünf Jahre verlängert. “Wir alle sind nach wie vor ein bisschen verliebt in diesen Verein und die Art und Weise, wie die Dinge hier ablaufen”, hatte der Trainer damals gesagt. Watzke war gefühlt der glücklichste Mensch auf dem BVB-Planeten: Man solle nicht trennen, was zusammengehöre. So ähnlich klingt das auf dem Standesamt auch immer wieder.

Die Trennung kam nicht mehr völlig aus heiterem Himmel, Klopp schienen in den letzten Wochen und Monaten bereits mehrfach das Feuer für seine Arbeit und die Lösungsansätze für Probleme abhanden gekommen zu sein. Der BVB ist gerade Zehnter in der Bundesliga – so schlecht wie nie unter dem aus Mainz gekommenen Fußballlehrer seit seinem Dienstantritt 2008. Seine Bilanz: Sechster, Fünfter, Meister, Meister mit Pokalsieg obendrauf, Zweiter mit zwar 25 Punkten Rückstand auf Bayern, aber mit dem Highlight des Champions-League-Finals in London (1:2 gegen München), sowie noch einmal Vize. In seiner siebten Saison hat Klopp mit der Mannschaft die Königsklasse bereits verpasst und muss noch um die Teilnahme an der Europa League bangen.

Klopp ginge es um die Zukunft der Mannschaft und des Vereins, und er könne eben in dieser Phase, in der die nächste Saison geplant wird, sagen, ob er noch der Richtige für diesen Job sei. “Das hat nichts mit der aktuellen sportlichen Situation zu tun, die mich immer noch viel mehr beschäftigt. Wir haben in letzten Jahren darunter gelitten, dass verschiedene Entscheidungen spät getroffen worden sind und wir nicht mehr reagieren konnten. Diesen Zeitdruck habe ich gespürt – und den wollte ich bei mir nicht aufkommen lassen.”

Tuchel zum BVB – Klopp zu Manchester City?

In einem wahren Nachrichten-Domino ist mit der Entscheidung Klopps letztlich der größte Stein gefallen: Am Morgen wurde bekannt, dass wie wochenlang vermutet nicht Thomas Tuchel das krisengeschüttelte Bundesliga-Schlusslicht Hamburger SV übernehmen werde – sondern Bruno Labbadia, und zwar sofort. Tuchel könnten nun wie schon einst in Mainz Klopp ein zweites Mal beerben. Fragen nach dem Nachfolger wollte sich Watzke erst gar nicht stellen lasse. Dass man sich dazu nicht äußern wolle, zeige aber, wie schnell der BVB an einer Lösung für die Zukunft interessiert sei.

Medienberichten zu Folge habe der BVB in den Tagen nach dem desillusionierenden 1:3 am Samstag bei Borussia Mönchengladbach seine Kontakte zum 41-Jährigen intensiviert. Die Rede ist von einem Vierjahresvertrag mit einem Gehaltsvolumen von 20 Millionen Euro. Auch in England schlug Klopps Entscheidung hohe Wellen. Der 47-Jährige hatte ja stets betont, sich ein Auslandsengagement wenn dann in der Premier League vorstellen zu können. Nun wird Manchester City diese Saison ohne Titel beenden, weshalb die Aktion von Coach Manuel Pellegrini nicht allzu gut stehen. Womöglich, dass bald also noch ein Dominostein fällt.

Vorher will Klopp mit den Schwarzgelben aber noch die Saison “so überragend wie möglich” zu Ende bringen. “Einen letzten Traum habe ich auch noch mit der Borussia: die beste Tabellenplatzierung, die wir rausholen können, und noch einmal mit dem Lastwagen um den Borsigplatz fahren – das fände ich ziemlich lässig.”

„Das fühlt sich total schlecht an“ – So sehen Fans den Abschied 

„Im ersten Moment fühlt sich das total schlecht an“, sagt Jakob Schloz, Vorstandsmitglied der BVB-Fanabteilung zu Jürgen Klopps Abschied. „Wir sind hoch geflogen und in der Hinrunde tief gefallen“, fasst Scholz Klopps Amtszeit kurz zusammen. Auch intern habe Klopp beim BVB viel bewirkt: „Er hat geeint und ist offen auf alle Menschen zu gegangen. Er hat eine Brücke zwischen Fans und Verein gebaut.“ Diese Integrationsleistung sei „fast noch höher zu bewerten als der sportliche Erfolg“, so der Fanvertreter. Nun sei es Sache aller Vereinsverantwortlichen, diese Arbeit weiterzuführen und das „positive Gesamtgefühl zu bewahren“, nimmt sich der Fanvertreter auch selbst in die Pflicht. Denn: „So eine Person wird man nicht noch einmal finden. Und eigentlich ist es ja auch gar nicht die Aufgabe eines Trainers, so im Verein zu wirken, wie Klopp es getan hat.“

Scholz geht davon aus, dass die Stimmung beim nächsten Heimspiel der Borussia gegen Paderborn nicht unter Klopps Rücktritt leiden werde. Im Gegenteil: „Die Leute werden traurig sein, aber sie werden es nicht bei diesem Spiel zeigen. Sie werden eher trotzig reagieren, sodass sich das Stadion von seiner besseren Seite präsentieren wird.“

Rücktritt plausibel, richtig, konsequent

Arne Steding vom Fanzine schwatzgelb.de findet Klopps Schritt nachvollziehbar. „So, wie er es erklärt hat, klingt es absolut plausibel und richtig. Dadurch ist es aber immer noch nicht gut.“ Der BVB-Fan sieht Klopp als Opfer der gestiegenen Ansprüche der Borussia, ganz so, wie Klopp es auf der Pressekonferenz auch als „Fluch der guten Tat“ bezeichnete. Steding sieht bei der Vereinsführung um Hans-Joachim Watzke eine Mitschuld für Klopps vorzeitigen Abschied. Die habe ein neues Anspruchsdenken gelebt: „Da hätte man auf die Bremse treten müssen statt unbedingt einen zweiten Leuchtturm neben den Bayern bauen zu wollen“. Die Philosophie, die mit Jürgen Klopp beim BVB Einzug gehalten habe, müsse nun im Verein weitergelebt werden. „Atmosphärisch ist Klopp schwer zu ersetzen. Die Verbindung aus Strahlemann und fachlicher Kompetenz gibt es nicht noch einmal“, so Steding, der den Trainer auch für seine enge Verbindung zu den Fans lobt.

Klopp zu Bayern oder Schalke – das geht gar nicht!

Wie es nach der Saison mit Klopp weitergehen soll, kann sich der Fanzine-Macher nicht so recht vorstellen. „Ich will ihn eigentlich gar nicht in der Bundesliga sehen, kann mir aber auch keinen Verein vorstellen, zu dem er vermittelbar wäre.“ Gegen den FC Schalke habe der Trainer so oft gestichelt, dass ein Wechsel zum Reviernachbarn ausgeschlossen sein dürfte, so Steding. Und auch mit den Bayern habe Klopp oft genug über Kreuz gelegen.